686868BRIEF AN EINEN ACHTUNDSECHZIGER68686868

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neuester Beitrag: 30.01.06 20:04
eröffnet am: 28.06.03 11:43 von: proxicomi Anzahl Beiträge: 54
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28.01.06 17:31
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142 Postings, 6881 Tage prochsikomi"GRÜNE" in der KRISE! Endlich polit. Entsorgung

GRÜNE IN DER KRISE

Versackt in der Mittellage

Von Hubert Kleinert

Selten hatten die Grünen eine so schlechte Woche wie diese. Im politischen Eiertanz um den BND-Ausschuss kommt ein grundsätzliches Dilemma zum Ausdruck: Die Partei hat den Abgang von Joschka Fischer nicht verkraftet - und sucht noch immer ihre Rolle in der Opposition.



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Frankfurt - Eine putzmuntere grüne Opposition würden sie sein, frisch und frech und ohne falsche Rücksicht auf frühere Koalitionspartner. So jedenfalls hatten es Künast, Kuhn und Co vergangenen Herbst versichert, als nach kurzem Jamaika-Wetterleuchten die Weichen für die Große Koalition in Berlin gestellt wurden. In der Mitte zwischen Marktradikalismus und Linkstraditionalismus sollten die Grünen künftig treibende Kraft der parlamentarischen Opposition werden. Den Abgang des großen Zampano Fischer werde man schnell verschmerzen, ohne Scheuklappen bald auch neue politische Möglichkeiten prüfen. Die grünen Handlungsoptionen würden erweitert, definitive Festlegungen nur auf die rot-grüne Karte gälten dabei nicht mehr.



DPA
Joschka Fischer: Charisma war gestern
Von derlei grüner Munterkeit ist bislang wenig zu spüren. Im Gegenteil: Soweit die Grünen öffentlich überhaupt in Erscheinung treten, hat das derzeit meist mit Vergangenheitsbewältigung einer Regierungspartei zu tun. Eine Vergangenheitsbewältigung, die anscheinend schwer fällt: Denn dass die Partei ihre neue Rolle in Berlin schon gefunden hätte, lässt sich angesichts ihrer verbalakrobatischen Salti um einen möglichen BND/CIA-Untersuchungsausschuss gewiss nicht sagen. Erst oppositionspopulistisch an die Spitze der vermeintlichen Bewegung drängen, dann erkennen, dass man da womöglich auch gegen sich selbst ermitteln müsste, um deshalb dann schließlich den Schwanz einzuziehen - ungeschickter geht's kaum. Warum tun sie sich so schwer, die Grünen?

Nach verbreiteter Meinung im Lande war der Start der Großen Koalition so schlecht nicht. Angela Merkel schwebt im Umfragehoch, die Genossen reklamieren ihre Kernkompetenz bei den sozialen Reformthemen und selbst die wirtschaftlichen Zukunftsprognosen sehen leicht verbessert aus. Sicher ist es nach zwei Monaten viel zu früh, von Trendwenden zu sprechen oder sichere Urteile über die neue Regierung auch nur zu versuchen.

Keine Tränenbäche für Rot-Grün

Eines allerdings lässt sich mit Sicherheit doch schon sagen: Die zur Ära und "Machtübernahme der Achtundsechziger" hoch gejazzte rot-grüne Zeit ist erstaunlich geräuschlos schlicht vergangen. Kein Kulturkampf, auch nicht umgedreht, keine Rückwende, allenfalls ein bisschen Gepolter über energiewirtschaftliche Vernunft von Kernkraftwerkslaufzeiten. Dass der Regierung Schröder/Fischer irgendwo im Lande große Tränenbäche nachgeweint würden, wird niemand behaupten können. Fast erleichtert scheint derzeit eine Mehrheit der Deutschen, dass sie diese Regierung hat und keine andere.


Hubert Kleinert, 51, ist Professor für Politikwissenschaften an der Fachhochschule für Verwaltung des Landes Hessen in Wiesbaden. In den achtziger Jahren zählte er zu den ersten Bundestagsabgeordneten der Grünen und war Landesvorsitzender in Hessen. Er galt als Vertrauter Joschka Fischers und als Vordenker des rot- grünen Projekts.

Jedenfalls deutet vieles daraufhin, dass es die Opposition längst nicht so leicht haben wird wie manch einer das letzten Herbst voraussehen mochte. Es gibt jedenfalls keinen Effekt, der den Oppositionsparteien in einer Großen Koalition automatisch gute Karten bescherte. Schon gar nicht in einer Zeit, die nach dem langjährigen Eindruck von allzu viel Gewurschtel und "Muddling through" mindestens unterschwellig den Wunsch nach unspektakulärer Handlungsstärke und Gestaltungskraft ansteigen ließ. Insoweit erinnert der Start der Großen Koalition doch ein wenig an die Zeit ihrer Vorgängerin in den Sechzigern, die ja anders war, als sich das im historischen Gedächtnis der Bundesrepublik festgesetzt hat.

Treffen die Folgen davon mehr oder weniger alle drei Oppositionsparteien gleichermaßen, so haben die Grünen zusätzlich mit weiteren Handicaps zu kämpfen. Der putzmunteren Opposition steht zunächst die eigene jüngste Vergangenheit im Wege: Als langjährige Regierungspartei können sie nicht einfach einen Schalter rumdrehen und munter drauflos opponieren, weil eben doch vieles mit dem jedenfalls zu tun hat, was sie eben selbst noch zu verantworten haben.

Jämmerliche Rolle in der Opposition

Jede ehemalige Regierungspartei braucht ihre Zeit, um sich als Opposition neu zu sortieren und zu einer neuen Glaubwürdigkeit zu finden. Das gilt nicht zuletzt auch für die mentale Befindlichkeit der Akteure selbst. Wer glaubt, so etwas ließe sich durch hektischen Aktivismus überspielen, belügt sich selbst und wird sich damit einen Bärendienst erweisen. Die eher jämmerliche Rolle der Grünen im Streit um den Untersuchungsausschuss zeigt genau das in aller Deutlichkeit.


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Die Grünen - Regeneration durch Opposition?

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118 Beiträge,
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von panda  

War es schon deshalb reichlich verwegen, im letzten Herbst eine umgehende Führungsrolle in der Opposition anzukündigen, so verschärft sich das grüne Problem noch durch weitere Besonderheiten politischer wie personalpolitischer Art. Politisch mag man sich ja grün-intern in der Mitte zwischen angeblich marktradikaler FDP und linkstraditionalistischer Linkspartei genau richtig positioniert fühlen; für die politische Profilierung einer kleinen Oppositionspartei taugt diese Mittellage erst einmal nicht besonders gut.

Da hat es die Oppositionskonkurrenz leichter: Die FDP kann mangelnden wirtschaftsliberalen Reformeifer dieser Regierung monieren und sich dabei in voller Übereinstimmung sehen mit einer gesellschaftlichen Rollenzuweisung, die durchaus Sinn macht. Die Linkspartei kann anders herum genau dasselbe tun und agiert damit genauso auf dem sicheren Boden einer Bindung an relevante gesellschaftliche Minderheiten.

Aber was ist in dieser politischen Konstellation die Rolle der Grünen? Bei einer politischen Agenda, wo die Fragen der künftigen Entwicklung von Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Sozialstaat alles andere weit überragt? Mag ja sein, dass manch grünes Konzept klug überlegt ist (obwohl auch das nicht immer stimmt), aber: Wer wird es denn wahrnehmen? Und wen vertreten die Grünen damit?

Nein, die Lage der Partei kann bei dieser Oppositionskonkurrenz und einer mittigen Regierungspolitik, die neuerdings das Soziale stärker herausstreicht, komfortabel gar nicht sein. Es sei denn, die Union wollte demnächst ein umweltpolitisches Rollback und eine neue politische Schlacht ums Atom ausrufen. Aber danach sieht es nicht aus.

Künast wird nie wie Fischer

Auch der Abgang von Solofrontmann und Live-Rock'n-Roller Fischer muss die Grünen mehr beschweren, als sie selbst das gerne wahrhaben wollen. Dabei ist es gar nicht so sehr Fischers öffentliche Rolle und Popularität. Die Öffentlichkeit gewöhnt sich an neue Gesichter vergleichsweise schnell. In Wahrheit schwieriger zu bewältigen ist Fischers Rückzug nach innen, weil er natürlich das interne Machtgefüge verändert und dieses immer Rückwirkungen hat auf die politische Handlungsfähigkeit einer politischen Partei.

Das verschärft sich bei den Grünen noch dadurch, dass die Partei noch immer wenig Übung hat mit der Führung durch eine überragende Spitzenfigur und Fischer diese Führung in einer Weise ausgeübt hat, die in ihrer informellen wie zugleich höchst realen Form gar nicht ersetzbar sein kann. Denn Fischers Macht und Funktion war parteiintern - ganz im Sinne Max Webers - ihrem Wesen nach "charismatische Herrschaft". Ausstrahlung, Machtwille und Erfolg der Person ihre entscheidenden Legitimationsressourcen. Charismatische Herrschaft aber ist nicht übertragbar, weshalb Organisationen für gewöhnlich immer in Nachfolgekrisen geraten, wenn charismatische Führer abtreten.

Selbstverständlich ist die Tektonik der innerparteilichen Macht mit Fischers Abgang in Unordnung geraten. Das kann gar nicht anders sein. Denn damit ändert sich auch die Stellung aller anderen im innerparteilichen Machtgefüge. Wer jetzt zählt und wie viel, wer unbedingt gefragt werden muss, wer vielleicht nicht unbedingt - das alles muss sich erst einspielen, womöglich auch noch ausgekämpft werden.

Frau Künast mag den größten Ehrgeiz mitbringen, vielleicht auch am ehesten in Betracht kommen, eine Art "prima inter pares" zu werden. Eine derart unangefochtene Stellung wie Fischer aber hat sie nicht und wird sie nicht bekommen. Also wird im Macht- und Entscheidungsgefüge eine Lücke bleiben, die zum Einfallstor für mancherlei Widrigkeiten werden kann.

Man kann mit guten Gründen bezweifeln, ob die Form der Fischerschen Führung den Grünen immer gut bekommen ist. Aber es war eben eine Führung, die auf ihre Weise funktioniert hat und eine bestimmte Ordnung der Kräfte ermöglichte. Fällt diese weg, müssen Probleme aufreißen.

Wie stark Fischers Stellung war, mag man daran erkennen, dass die ganze weitere Führung über viele Jahre mit seiner Sonderstellung leben konnte, nie aber eine Nummer Zwei zulassen wollte und also auch keinen "geborenen" Nachfolger. Sobald auch nur das Gerücht aufkam, hier laufe sich jemand warm, sorgte das für Unruhe. Ein klassisches Charakteristikum charismatischer Herrschaft und immer Auslöser von Nachfolgeproblemen. Ich würde mich jedenfalls sehr wundern, wenn den Grünen Nachfolgekämpfe erspart blieben.

Schwarz-Grün bleibt vorerst ein Traum

Schließlich ist es auch mit der neuen politischen Offenheit und dem Ausbruch aus der babylonischen Gefangenschaft durch die SPD einstweilen nicht weit her. Ganz abgesehen davon, dass derzeit die Zeichen eher auf weitere Annäherung von Schwarz-Rot deuten, was auch in den Ländern Spuren hinterlassen wird, spricht momentan wenig für die Aktualität schwarz-grüner Allianzen.

In Baden-Württemberg werden die Grünen zum Regieren wahrscheinlich gar nicht gebraucht werden, in Rheinland-Pfalz vermutlich auch nicht, in Sachsen-Anhalt schon gar nicht. Eher könnte sogar das Land Berlin im Herbst zum Schauplatz eines rot-rot-grünen Probelaufs werden - wenn denn Rot-Rot in Schwierigkeiten kommt. Aber das würde die Grünen nur wieder in die Richtung eines linken Lagerdenkens drücken, das eher wegführte von der angeblichen neuen Offenheit.

So wird sich die Partei einstweilen darauf einrichten müssen, die kleineren Brötchen der Opposition zu backen - nicht nur im Deutschen Bundestag. Sich darauf einrichten heißt freilich auch, dass sie eines tunlichst vermeiden sollte: Hektische Profilierungssucht. Natürlich ist in der volatilen Wählerschaft von heute (fast) nichts mehr von sicherem Bestand. Schon gar nicht in jenem akademisierten Linksbürgertum, das die Mehrheit der Grünen-Wählerschaft stellt. Also drängt es die Akteure zum Nachweis ihrer politischen Präsenz. Das kann man verstehen.

Aber es dauert halt seine Zeit, bis eine Regierungspartei von gestern eine einigermaßen glaubwürdige Neuaufstellung als Oppositionspartei gefunden haben kann, die aufs Neue die Phantasien von Menschen bewegt. Man erinnere sich nur an die Sozialdemokraten nach dem Ende der Regierung Schmidt. Eine solche Zeit kann man so wenig abkürzen wie privaten Trennungsschmerz. Zumal dann, wenn sich der politische Rollenwechsel verbindet mit personalpolitischen Zäsuren. Mit "putzmunterem" Wortgeklingel lässt sich das so wenig überspringen wie mit der aufgesetzten Plastikformel einer "grünen Marktwirtschaft".

Es mag ein Jahr, vielleicht auch länger dauern, bis die Grünen in Berlin wieder mehr Chancen haben, neues Interesse auf sich zu ziehen. Wer solche Durststrecken nicht aushält und aktionistisch überspringen will, dem sollte wenigstens die schlechte Presse dieser Tage eine Lehre sein. So wie diese Woche fällt man aus dem öffentlichen Aufmerksamkeitsloch geradewegs in die Peinlichkeit. Oppositioneller Führungsanspruch sieht anders aus.


tja da kann man noch so antiautoritär etc. sein, wenn der leitrandalebruder fischer weg ist, tja dann ist ebend endzeitstimmung. das alphatierchen weg und alles geht den bach runter.

das ich das noch erleben darf. vielleicht erübrigt sich ja ein verbotsantrag, dieser linksextremistischen sammelvereinigung, wegen selbstauflösung:)

viele integrative ideen und symbole gibt es ja nicht mehr.

atomkraft wird ewig bestehen und ihre extreme minoritätenfreundlichkeit befremdet jeden anständigen und anständige deutsche.
mit der schwachsinnigen anti-gen-diskussion ist es auch nicht weit her.

kürzlich regte sich eine regional"grüne"INNEN(ist das politisch korrekt?;) auf, sie meinte die bahn würde zu wenig, vom lkw auf die schiene verlagern....es folgte das allbekannte hirnlose gezeter.

ein frage hätte ich da noch, WER IST DENN SCHULD AN DEN GESTIEGENEN ENERGIEPREISEN UND AN DER "ÖKO-STEUER"? meint diese "öko"tante etwa die bahn führe noch mit dampf....sie fährt nur noch mit TEUREM STROM!
VERTEUERT DURCH "GRÜNE" und SPDISTEN!

 

28.01.06 18:03
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142 Postings, 6881 Tage prochsikomiWo sind die Urteile VISA-Affäre / PRÜGEL-Fischer!

zweierlei mass in der deutschen rechtsprechung?

wann kommen fischer, trittin und künast nach moabit?

DIE ZEIT 17.02.2005 Nr.8

Über die grüne Grenze
In der Steinewerfer-Affäre hat Fischers Arroganz ihn in Gefahr gebracht. Die Dummheit der Opposition rettete ihn. In der Visa-Affäre sind seine Gegner offenbar klüger geworden. Er auch? Von Matthias Geis und Bernd Ulrich



Es ist der Abend des 10. März 2001. In einem schlechten Stuttgarter Restaurant sitzt der Außenminister. Er sieht sehr erschöpft aus, isst schnell und redet viel. Nicht über die Weltlage diesmal, sondern über sich. Soeben hat Joschka Fischer die gefährlichste politische Affäre seines Lebens überstanden. Es ging um Prügelszenen aus seiner linksradikalen Zeit. Die Sache hat ihn nicht nur an den Rand des Rücktritts gebracht, sondern auch an den Rand der totalen Erschöpfung. Von morgens bis nachts musste er seine Vergangenheit rechtfertigen – und zugleich um jeden Preis den Eindruck vermeiden, er vernachlässige sein Amt.

Nun, im Augenblick der großen Erleichterung, fasst Fischer eiserne Vorsätze. Nie wieder will er eine Affäre so lange unterschätzen, nicht noch einmal darf er so leichtfertig und überheblich in die Offensive gehen. Tatsächlich hatte Fischer anfangs auf die Frage, ob er auch Steine geworfen habe, geantwortet, das könne er gar nicht: »Zu kurze Hebel.« Da kursierten schon die Fotos, die den militant uniformierten Fischer dabei zeigten, wie er auf einen am Boden liegenden Polizisten einprügelte.

Warum er es trotzdem schaffte, sogar noch populärer zu werden als je zuvor? Weil sich die Opposition in einen ideologischen Furor hineinsteigerte, weil sie mit Fischer eine ganze politische Kultur – alles, was einmal links war – abservieren wollte. Sie machte aus der Affäre einen Kulturkampf, den sie nicht gewinnen konnte. Fischer kam durch wegen der Dummheit der anderen.

Kriminelle. Menschenhändler. Zuhälter. Das klingt nicht gut

Weiß er diesmal, worum es geht? Hat er schon begriffen, dass es urplötzlich wieder ernst wird, dass die jüngste Affäre nicht einfach nur das neueste Steckenpferd schwarzer Ideologen ist? Es geht um massenhaften Missbrauch deutscher Reise-Visa, chaotische Zustände an deutschen Botschaften in Osteuropa, um allzu laxe Einreisebedingungen für Leute, die man lieber nicht im Land haben will: Kriminelle, Schleuser, Menschenhändler. Das klingt nach böser Zuspitzung. Allerdings bestätigen nicht nur Kriminalämter und Gerichte die Sache. Auch im Ministerium waren die Missstände offenbar lange bekannt, ohne dass sie unterbunden wurden. Genug Stoff für einen Untersuchungsausschuss, in dem die Opposition noch nicht mal sehr polemisch werden brauchte.

Schon jetzt werden die spektakulärsten Fragen gestellt: Was wusste der Außenminister, trägt er die Verantwortung, und wird er das überstehen? Sicher, das geht alles ein wenig schnell, noch sind kaum die Umrisse der Affäre erkennbar, da rufen die ersten Interessierten schon nach Konsequenzen. Aber Joschka Fischer kann sich darüber nicht beklagen, er kennt das Spiel. Sollte man meinen.

Nein, er hat auch diese Affäre nicht kommen sehen. Vor Monaten nicht, als der »Visa-Skandal« noch etwas sehr Skurriles am äußersten Rande des Berliner Horizontes war; aber auch dann nicht, als die Medien vor ein paar Wochen begannen, auf die Sache einzusteigen. Es braute sich etwas zusammen. Vielleicht war es verständlich, dass Fischer während seiner Asienreise zu den heimischen Dingen schwieg. Doch auch bei seiner knappen Erklärung am Dienstag agierte er mehr im Vorbeigehen. Immerhin, der Minister kam mit dem richtigen, dem ernsten Gesicht, weder Arroganz noch Herablassung im Ton. Fischer ist dabei, den Ernst der Lage zu begreifen. Doch er ist nicht auf der Höhe, erschöpft, streuen seine Vertrauten. Vielleicht. Aber er ist auch nicht präpariert, weiß noch nicht, wo er einen Pflock zu seiner Verteidigung einschlagen soll, der ein paar Tage hält. Also übernimmt er, so pauschal wie generös, die »politische Verantwortung« für alle »möglichen Fehler und Versäumnisse« seiner Mitarbeiter.

Die werden sich bedanken. Denn entkleidet man Fischers Einlassung ihrer verbindlichen Rhetorik, bleibt kaum mehr als eine Schuldzuweisung an seine Untergebenen. Mit der »politischen Verantwortung« jedenfalls ist es so eine Sache: Sie ist entweder nur ein Wort – oder der Rücktritt. Nun steht Fischer vor einer Doppelfalle: Haben seine Mitarbeiter die Zustände an den osteuropäischen Botschaften ignoriert und vor der Spitze des Amtes verschwiegen, dann hat Fischer sein Haus nicht im Griff. Funktionierte aber die interne Kommunikation, wusste er also von den Zuständen in Kiew, hätte er reagieren müssen. Wegdrücken ließe sich der eine wie der andere Vorwurf wohl nur, wenn man den entstandenen Schaden als gering veranschlagt. Die Opposition wird alles daransetzen, den Skandal großzuzeichnen.

Natürlich sieht Fischer im Visa-Ausschuss die »machtpolitische Auseinandersetzung«. Sicher, darum geht es. Aber bedeutet die Sache selbst nichts, weil sie nur Teil des Machtspiels ist, eigens dafür erfunden und deshalb nicht wert, genauer betrachtet zu werden? Die Frage scheint entschieden. Den Kampf darum, was in der Öffentlichkeit ernst genommen werden muss und was sich abtun lässt, hat Joschka Fischer diesmal verloren.

Seine Partei hat ihm dabei kräftig geholfen. Eine groteskere Form der Unterstützung, als sie die Grünen in diesen Tagen aufführen, ist schwer auszudenken. Erst dehnen sie den Kampagnenvorwurf an die Opposition gleich noch auf die Medien aus. Dabei erklärt sich deren wachsendes Interesse leicht. Einmal wollen sie aufklären. Und dann wollen sie sich für viele ziemlich unverschämte Auftritte des größten anzunehmenden Außenministers rächen.

Begleitend zur Medienschelte, verteidigten die Grünen das Schweigen Fischers und kündigten trotzig an, er werde es auch beibehalten. Und während täglich neue skandalöse Details bekannt wurden, priesen sogar sonst recht vernünftige Spitzengrüne die inkriminierte Visa-Praxis als Ausdruck »weltoffener grüner Ausländerpolitik«. Es war, als wollte die Partei im Nachhinein noch den Beweis für die triumphale Behauptung ihrer Gegner liefern: Die Visa-Vergabe sei die logische und faktische Konsequenz grüner Multikulti-Träume.

Bei seiner Straßenkämpfer-Affäre hat Fischer noch viel falsch gemacht. Heute ist er weiter: Er macht die Fehler nicht mehr selbst – er lässt sie machen, von seinen grünen Mitkämpfern. Die jedoch haben erst nach eingehender fernmündlicher Absprache mit Fischer ihre Wagenburg gebaut: die Medien beschimpfen, sich selbst zum Opfer erklären – und Ludger Volmer verteidigen.

DIE ZEIT 17.02.2005 Nr.8

TEIL 3
Sicher könnte Joschka Fischer heute entspannter auf seine Zukunft schauen, hätte sich sein Ex-Staatsminister nicht so umtriebig mit Fragen der Altersvorsorge beschäftigt. Doch Ludger Volmers Verquickung von Politik und Geschäft interessierte die Öffentlichkeit, mehr als die Visa-Sache. So wurde der unterkühlte Ex-Linke Volmer ein letztes Mal zum Katalysator. Seit Monaten hatte die Union vergeblich versucht, die Affäre zu skandalisieren. Zu kompliziert, zu ideologisch aufgeladen. Durch Volmer sprang der Funke über. Die Erregung, die mit der Nebentätigkeit erzeugt worden war, richtete sich auf die Visa-Sache. Als Volmer stürzte, war Fischer gerade im Anflug. Von nun an steht er im Zentrum.

Einer wartet schon auf ihn, einer, den Fischer leicht unterschätzen wird. Es ist Eckart von Klaeden, der Obmann der CDU im Untersuchungsausschuss. Einst galt er als junger Wilder mit schwarz-grünen Sympathien. Noch immer umgibt den fröhlichen 39-Jährigen eher die Aura eines gewitzten Abiturienten als eines gefährlichen Angreifers. So war es schon damals, 2001, als von Klaeden zum ersten Mal dem Außenminister gegenübertrat. Seinerzeit hatte er keine Chance, Fischer beim rhetorischen Schlagabtausch im Bundestag auch nur zu gefährden. Zu heiß war der Junge damals, zu aufgeladen das Thema. Klaeden im Kulturkampf gegen 68, Abiturient gegen Political Animal – das konnte nicht gut gehen. Und heute?

Er sieht immer noch recht jung aus. Aber Klaeden hat seine Niederlage im Straßenkampf gegen Fischer analysiert. Er hat sich alles gut zurechtgelegt. Er fordert nicht den Rücktritt Fischers. Die Frage nach der politischen Verantwortung stelle sich erst ganz zum Schluss und ohnehin liege sie, meint Klaeden, »außerhalb von Fischers Horizont«. Nein, er will sich nicht verkämpfen. Noch nicht. Wer überdreht, verliert. Also will von Klaeden Fischer »mit Fakten konfrontieren«, »Sachverhalte aufklären«. Ganz kühl kommt das rüber, mit einem Schuss Ironie.

Der Sprengstoff der Affäre liegt in den Details. Die wiederum sind in Fülle vorhanden. Klaeden lässt leise anklingen, dass der Union derzeit recht mühelos belastendes Material zufließe. Aber reichen Fakten gegen Fischer wirklich aus? Zuerst waren Angela Merkel und ihre Berater zögerlich, sich noch einmal den populärsten Politiker des Landes vorzunehmen. Und auch diesmal mag eine Hoffnung Fischers darin liegen, dass die Union die Affäre ins Ideologische dreht.

Nur, wie multikulti sind die Grünen überhaupt noch? Die Geschichte des grünen Multikulturalismus entwickelte sich in drei Phasen. In den achtziger Jahren, im Geist des Linksradikalismus, appellierten sie noch an die Ausländer im Lande, »mit diesen Deutschen« nicht allein gelassen zu werden. Nach dem Fall der Mauer begannen die Grünen, sich der Mehrheitsgesellschaft anzuverwandeln. Ein Rest Naivität in ihrer Ausländer- und Einwanderungspolitik blieb, bis die Grünen 1998 an die Regierung kamen.

Machten Beamte Fehler, weil sie glaubten, Fischer erwarte es?

DIE ZEIT 17.02.2005 Nr.8

TEIL 4
Verstärkt hat sich der Realismus auf diesem Feld noch einmal nach dem 11. September 2001. Diese dritte Phase blieb einer breiten Öffentlichkeit, schon gar dem gemeinen Beamten im Auswärtigen Amt, wohl verborgen. Denn um ihre Selbstveränderung wollten die Grünen kein Aufheben machen, um die Stammwähler nicht zu verschrecken. Anders als beim Pazifismus hat es hier nie eine offene Generalrevision alter grüner Dogmen gegeben.

Ein Nachweis, dass die Grünen aus multikultureller Ideologie den Zuzug von Kriminellen billigend in Kauf genommen hätten, wird sich kaum führen lassen, nicht einmal mit dem Volmer-Erlass. Und dass Joschka Fischer, wie die CDU-Vorsitzende nun behauptet, »Parteiinteressen vor die Sicherheitsinteressen des Landes stellt«, mag sie selbst kaum glauben. Dass jedoch Beamte im AA auf Hilferufe aus Kiew hinhaltend reagierten, weil sie ihre grüne Obrigkeit noch in der Multikulti-Welt wähnten, das kann man sich vorstellen. Und dass Fischer vor lauter Weltpolitik nicht genau hingesehen hat, dafür spricht viel. Nach dem jetzigen Stand muss sich der Minister gegen die Vermutung wehren, dass reale und vermutete grüne Haltungen zu verzögerten Reaktionen im AA geführt und dem Land einige tausend Kriminelle mehr als nötig eingetragen haben. Am Ende wird es um die Frage gehen, ob man den Grünen zutrauen kann, bei der Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit die rechte Balance zu halten, ob man ihnen also Ämter, die sich mit innerer und äußerer Sicherheit befassen, auch weiter anvertrauen kann.

Für Joschka Fischer wird es schwer, sich aus dieser Angelegenheit zu winden. Zwar ist er selbst gewiss kein Multikulti, nur kann er das nicht offen sagen, weil das der Parteiräson widerspräche. Und er muss seine Mitarbeiter verteidigen, was immer sie falsch gemacht haben und was immer sie vor dem Ausschuss sagen werden. Dort will die Opposition nur einen Satz von ihnen hören: dass sie so gehandelt haben, weil sie dachten, der Minister erwarte es so.

Der Minister wird sich vor sein Amt stellen. Aber steht das Amt auch hinter ihm? Der Honeymoon ist lange vorbei. Schön war es am Anfang, ein neuer Ton, ein anderer Stil. Man hat sich überwiegend gefreut. Doch so konnte es nicht bleiben. Der Alltag kam, Fischers Gewohnheiten drückten sich durch, zum Beispiel die, immer der einzig wahre Stratege zu sein. Angekreidet wurde ihm auch, dass er ein paar alte Freunde auf wichtige Posten brachte, obwohl es sich um wenige, durchaus qualifizierte Leute handelte. Neuerdings wird ihm auch noch vorgehalten, dass er Mitarbeitern des Amtes, die einst in der NSDAP waren, die Ehrung verweigert. Seine Ex-Kommunisten und Straßenkämpfer dürfen die schönsten Positionen besetzen, heißt es nun im Amt: zweierlei Maß. Nicht zuletzt hat das Kanzleramt denen am Werderschen Markt in den letzten Jahren einige Kompetenz weggenommen. Dem elitären Diplomatenkorps schmeckt das wenig. In der Summe lässt das nicht darauf schließen, dass alle Mitarbeiter für ihren Chef durchs Feuer gehen werden. Oder durch ein Verhör im Untersuchungsausschuss.

Aber Freunde hat er immer noch. Michael Glos beispielsweise. Der CSU-Mann beschimpfte im vergangenen November den Außenminister im Bundestag wegen des Visa-Missbrauchs als »Zuhälter«. Als er nach einer Weile zur Regierungsbank schlich, um sich zu entschuldigen, nickte Fischer kalt. Otto Schily, der neben ihm saß, geriet jedoch außer sich und machte Anstalten, Glos wegzuschieben. Sicher wollte da der Innen- den Außenminister verteidigen. Wahrscheinlich ahnte Schily aber schon, dass eine hochkochende Visa-Affäre auch ihn nicht ungeschoren lassen würde. Prompt ließ das Innenministerium in den vergangenen Wochen zur eigenen Entlastung verbreiten, man habe Fischer frühzeitig vor dem Visa-Missbrauch gewarnt. Unglücklicherweise ist damit die Frage aufgeworfen, warum Schily, der sonst so stark ist, diesmal kapitulierte. Es war das Kanzleramt, wird nun gestreut, das den Ausschlag gab. Aber warum hat sich der Kanzler im Fischer/Schily-Streit um Sicherheit und Freiheit ganz auf die Seite Fischers geschlagen? Kurz: Es ist derzeit nicht recht zu erkennen, wie das scheinbar unbesiegbare Triumvirat aus dieser Sache unbeschadet hervorgehen soll.

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Es ist Dienstag, der 15. Februar 2005, der Tag nach dem kurzen Auftritt des Außenministers im Schnee. Das Echo vor der Presse ist verheerend, von links bis rechts, von Hauptstadt bis Provinz, im Fernsehen und in den Zeitungen. So etwas hat auch Fischer noch nicht erlebt, nicht einmal bei seiner letzten großen Affäre, die er damals als die größte empfand. Berlin liegt übel gelaunt im Schneeregen, Joschka Fischer ist zerknirscht und wahnsinnig müde. Im innersten Kern der Politik sitzt die Physik. Deshalb wird Joschka Fischer kaum stürzen, es sei denn, als Opfer seiner Müdigkeit oder seiner Arroganz. Den Kanzler könnte man zur Not ersetzen, ohne Fischer bräche die Koalition. Nur sinken, das kann auch der Außenminister. Dann zieht er den Rest der Regierung mit sich hinab. Und die Leichtmatrosen werfen lachend ihre weißen Mützchen in die Luft.

 

30.01.06 20:04
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142 Postings, 6881 Tage prochsikomiKuhn: Rock'n Roller Fischer sollte kein Konzert

Kuhn: Rock'n Roller Fischer sollte kein Konzert mehr geben
Hamburg - Die Kritik aus der Grünen-Spitze am früheren Außenminister Joschka Fischer setzt sich fort. Nach Fraktionschefin Renate Künast forderte jetzt auch ihr Co-Vorsitzender Fritz Kuhn seinen Parteifreund zu mehr politischer Zurückhaltung auf: "Joschka Fischer kann nicht aus der zweiten Reihe so agieren, als wenn er in der ersten Reihe stünde", sagte Kuhn der "Bild am Sonntag". Fischer habe "selbst entschieden, daß er nicht mehr vorne mitspielen will". "Ein Rock'n Roller, der nicht mehr auf der Bühne singen will, sollte auch hinter der Bühne kein Konzertchen geben", fügte Kuhn hinzu. dpa



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