Von Gerd Habermann
Staat. Staat heißt: Herrschaft einer professionellen Bürokratie mit einem legitimen staatlichen Zwangsmonopol auf einem bestimmten Territorium. Der Staat ist die heute dominierende Herrschaftsform. Er wird vor allem durch internationalen Wettbewerb, durch freiheitliche Garantien des Rechtsstaates, den Markt, der ihm die Ökonomie weitgehend entzieht, gesellschaftliche Gegengewichte wie Familie, Kirchen, freie Vereine usw., aber auch durch Sitten und Traditionen in Schach gehalten. Staat bedeutet immer Zwang von Menschen gegen Menschen und, er bedeutet immer eine Versuchung für die gerade herrschende politische Klasse, ihre Macht zu mißbrauchen. Darum ist es wünschenswert, den Bereich dessen, was durch den Staat beherrscht wird, klein zu halten und die Staatsmacht selber zu dezentralisieren (Föderalismus, Kommunalismus). Das Zentralproblem einer freien Gesellschaft lautet: Wer schützt uns vor unseren Beschützern? Nicht der "Neoliberalismus", sondern der Wohlfahrtsdespotismus des Staates ist in Westeuropa gegenwärtig die Hauptgefahr.
Staatsversagen. Eine überall zu beobachtende Erscheinung, wenn sich der Staat in Märkte einmischt, die ohne seinen Eingriff gut funktionieren würden. Grundsätzlich kann man sagen: überall dort, wo der Staat interveniert, kommt es zu Problemen. Unsere alltägliche Versorgung mit den Gütern des täglichen Gebrauchs, rein marktwirtschaftlich geordnet, ist kein Problem. Das Problem beginnt immer dann erst, wenn der Staat mit "Marktordnungen", Subventionen, Lenkungs- oder Stützungsmaßnahmen die spontane Ordnung lähmt. So haben wir heute Probleme in genau den Bereichen, in die sich der Staat besonders intensiv einmischt: von der Bildungspolitik bis hin zur sozialen Sicherung und ohne seine Einmischung in das "Recht der Arbeit" hätte wir wahrscheinlich heute Vollbeschäftigung wie arbeitsrechtlich liberalere Länder (Schweiz, Großbritannien, USA).
Staatswirtschaft. Der Staat als Unternehmer hat im 20. Jahrhundert in fürchterlicher Weise versagt und er versagt bis heute, auch wenn er in "scheinprivatisierter" Form auftritt. Die Deutsche Bahn AG etwa hätte längst nachfragegerechte Strukturen, wenn sie nicht mit Subventionen, die höher als ihr Umsatz sind, und Konkurrenzschutz daran gehindert würde. Die Eisenbahn machte im 19. Jahrhundert Überschüsse, dann wurde sie verstaatlicht. Anschließend machte sie bald Defizite und dies ist bis heute so - in allen europäischen Ländern. Es gibt nichts, was ein Staat nicht gelegentlich an sich gezogen hätte, sei es auch auf der Ebene der Kommunen. Der Staat verkauft gelegentlich Brot, Speiseeis, er unterhält Cafés, Saunas, Nagelstudios, in Berlin sogar die größte Kuhherde Europas. Durch den unsichtbaren Hoheitsadler im Briefkopf der Staatsbetriebe und durch den Rückhalt, den Staatsbetriebe regelmäßig im steuerfinanzierten "Mutterbetrieb" finden, kommt es unvermeidlich zu Wettbewerbsverzerrungen mit der Privatwirtschaft.
Steuerdumping. Diffamierender Begriff, besonders gern gebraucht von den Finanzministern der Hochsteuerländer. Es ist ihnen ein Dorn im Auge, daß es andere Länder gibt, die für ein geringeres Angebot an öffentlichen Gütern eben auch nur geringere Steuersätze benötigen. Ihr Bestreben ist es, möglichst hoch angesetzte "Mindestnormen" für die Versteuerung international zu vereinbaren, um damit dem mobilen Kapital Wahlmöglichkeiten und dem einfachen Bürger Rettungsmöglichkeiten für "Erb und Eigen" zu nehmen. Nichts ist so zu fürchten wie ein europäisches, gar internationales Steuerkartell, nichts ist freilich gegenwärtig auch so unwahrscheinlich.
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