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Kommentar anzeigen/verstecken23.09.2022 : Margendruck und Marktchance, Aktie -16% Ende August gab es einen Schiedsspruch im Bereich der patientenindividuellen Medikamente, die das Geschäft von Medios beeinflusst.
Patientenindividuelle Medikamente werden in Reinräumen hergestellt. Nur große Apotheken können sich das leisten. Der Vorteil ist die dezentrale Verfügbarkeit jeglicher individueller Medikamente, da die dezentrale Herstellung aus einer überschaubaren Zahl von Wirkstoffen unendlich viele individuelle Medikamente ermöglicht.
Medios stellt patientenindividuelle Medikamente zentral her und beliefert Apotheken, die sich einen eigenen Reinraum nicht leisten können.
Der Preis des Medikamentes setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Zum Einen der Arbeitspreis, zum Anderen die Preise der verwendeten Wirkstoffe. Der Arbeitspreis liegt derzeit je nach Medikament bei ca. 70 Euro. Apothekerverbände weisen darauf hin, dass 150 Euro notwendig wären, um zumindest die Kosten zu decken. Genau an dieser Stelle setzt Medios an: Durch die zentrale Herstellung und ein flächendeckendes Liefernetz sind die Arbeitskosten bei Medios deutlich günstiger, als bei Apotheken.
Kompensiert wird die Unterdeckung des Arbeitspreises durch die Preise der Wirkstoffe. Sechs der zehn umsatzstärksten Wirkstoffe sind patentiert, es gibt dort also keinen Preiswettbewerb und daher auch keine Rabatte im Einkauf. Vier der umsatzstärksten Wirkstoffe können mit zum Teil erheblichen Preisnachlässen zum Listenpreis eingekauft werden. In der Berechnung des Verkaufspreises für das patientenindividuelle Medikament gehen sie dennoch mit dem Listenpreis ein. Über die Marge verdienen Apotheken daher am Geschäft mit patientenindividuellen Medikamenten, auch wenn der Arbeitspreis nicht kostendeckend vergütet wird.
Nun hat der Schiedsspruch festgelegt, dass diese vier Medikamente nicht zum Listenpreis berücksichtigt werden dürfen, sondern mit einem Rabatt versehen werden müssen. Das gab es schon vorher: 7,5%, 12% oder 20% lauteten die Abschläge, die auf den Listenpreis angesetzt wurden. Doch seit 1. September wurden diese Rabatte auf 56%, 58,5% 67,5% und sogar 77% erhöht. Damit rechnet sich für viele Apotheken die eigene Herstellung patientenindividueller Medikamente nicht mehr.
Die zweite Komponente, der Arbeitspreis, wird erst Mitte Oktober verhandelt. Mag sein, dass diese Komponente von den aktuell rund 70 Euro eine Erhöhung erfährt, doch derzeit rechnet niemand auch nur mit einer Annäherung an die vom Verband vorgerechneten Deckungskosten von 150 Euro. Weltuntergangsstimmung macht sich breit.
Patientenindividuelle Medikamente machen 13% des Umsatzes von Medios aus. Genaue Zahlen liegen mir nicht vor, aber es ist ja gerade das Geschäftsmodell von Medios, durch die zentrale Herstellung Kosten einzusparen. Sowohl der Arbeitspreis dürfte bei Medios deutlich niedriger sein, als die vom Verband vorgerechneten 150 Euro, als auch der Einkaufspreis der Wirkstoffe dürfte günstiger sein, weil Medios eine größere Verhandlungsmacht besitzt als einzelne Apotheken.
Im Ergebnis wird sich der Verkaufspreis von patientenindividuellen Medikamenten verringern, was auf die Marge von Medios drücken wird. Aber jeder Apotheker, der die Waffen streckt, ist ein potentieller Neukunde von Medios und somit dürfte Medios Marktanteile hinzu gewinnen.
In den vergangenen zwei Monaten ist Medios um 30% ausverkauft worden. Seit Jahresbeginn hat sich die Aktie sogar halbiert. Das KGV 2023e steht bei 18, das Gewinnwachstum für die kommenden zwei Jahre wird jeweils auf über 15% geschätzt. Ich finde die Aktie nach wie vor günstig und würde diese Kurskapriole aussitzen ... wenn überhaupt würde ich überlegen, ob der Ausverkauf nicht aus Unwissenheit einiger Anleger erfolgt, die in den neuen Regelungen das Ende des Geschäftsmodells von Medios sehen. Das ist natürlich Quatsch, denn die Regelung befördert das Geschäft von Medios, knabbert lediglich ein wenig an der Marge.
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