EM.TV: Fit for Fun (EurAmS)
EM.TV ist wieder da. Nach der vollständigen Übernahme des Sportsenders DSF rückt die einstige Skandalfirma wieder ins Visier der Anleger. Mit Recht: Zur Fußball-WM ist das Medienunternehmen gut aufgestellt.
von Stefan Beste, Euro am Sonntag 10/05
Nein, mit Thomas Haffa hat EM.TV-Chef Werner Klatten nicht mehr viel am Hut. Das Verhältnis zu dem Mann, den er einst seinen Freund nannte, ist zerrüttet.
Im Grunde gebe es nur noch zwei Verbindungen zwischen Haffa und EM.TV, heißt es in der Firma: "Die Organhaftungsklage und die Firmenzentrale." Das Gebäude im Münchner Vorort Unterföhring gehört dem Ex-Boß. Den Mietvertrag, der noch aus besseren Zeiten stammt, würde Klatten lieber heute als morgen kündigen. Doch Haffa stellt sich quer.
Aus seiner Sicht verständlich. Warum auch sollte er einer Firma entgegenkommen, die ihn, seinen Bruder Florian sowie Ex-Aufsichtsrats-Chef Nickolaus Becker derzeit auf 200 Millionen Euro Schadensersatz verklagt? Der Vorwurf: Die früheren EM.TV-Manager hätten beim Kauf der Rechte an der Formel 1 im Frühjahr 2000 "gravierende Fehler" gemacht und dem Unternehmen damit massiv Schaden zugefügt.
Radikaler Schnitt: Nicht nur das Verhältnis zum Gründer und Ex-Boß hat sich grundlegend gewandelt. Auch die Firma EM.TV des Jahres 2005 hat kaum noch etwas gemein mit der alten EM.TV Merchandising, die sich zu Zeiten des Neuen Marktes anschickte, ein deutscher Disney-Konzern zu werden - und die so grausam scheiterte.
Mit Ach und Krach war es Klatten im vergangenen Jahr gelungen, die drohende Pleite abzuwenden, weil das Unternehmen eine Wandelanleihe über 465 Millionen Euro nicht mehr zurückzahlen konnte. Im Zuge eines hochkomplizierten Restrukturierungsplans wurde die alte Gesellschaft aufgelöst. Ein Teil der alten Besitztümer wurde zur Befriedigung der Gläubiger verwendet, der Rest in eine neue Firma überführt, an der die Alteigentümer nur noch zu 40 Prozent beteiligt wurden.
Von den ehemaligen Aktivitäten sind heute nur noch das Merchandising-Geschäft und die Kinderfilm-Bibliothek übrig geblieben. Beide sind in der Sparte Entertainment zusammengefaßt, die nur etwa 15 Prozent am Gesamtumsatz ausmacht. Den Großteil des EM.TV-Geschäfts macht inzwischen die neu geschaffene Sportsparte aus: 85 Prozent. Dazu gehören der Sender Deutsches Sportfernsehen (DSF), das Internetportal Sport.1 und der Sportproduzent Plazamedia. Darüber hinaus hat sich EM.TV die Merchandising-Rechte an der Fußball-WM 2006 gesichert.
Vom Krisenfall zum Kriegsgewinnler - die drei Firmen stammen allesamt aus der Konkursmasse des gestürzten Medienzaren Leo Kirch. Während Klatten bei Plazamedia voll zum Zuge kam, mußte er sich bei DSF und Sport.1 allerdings zunächst mit 40,5 Prozent zufriedengeben. Den Rest kauften der Handelskonzern KarstadtQuelle und der Schweizer Investor Hans-Dieter Cleven.
Anfang dieses Jahres profitierte EM.TV erneut von den Schwierigkeiten anderer. Durch die Krise von KarstadtQuelle (Xetra: 627500.DE - Nachrichten - Forum) konnte Klatten sich auch den Rest an DSF und Sport.1 sichern. Die Partner hatten sich gegenseitig ein Vorkaufsrecht zu einem vorher festgelegten Preis zugebilligt - eigentlich eine Initiative des Handelskonzerns, der sich damit gegen eine mögliche EM.TV-Pleite absichern wolte. Stattdessen geriet die Vereinbarung nun zum Vorteil des Medienunternehmens. Die 40 Millionen Euro, die EM.TV für die verbliebenen knapp 60 Prozent hinblättern mußte, waren ein Schnäppchen.
Kein Wunder, daß Klatten beim Interview-Termin einen entspannten Eindruck machte. "Wir haben ein gutes Jahr 2004 gehabt und sind auch für 2005 sehr zuversichtlich." Genaue Ergebnisse wird er erst Ende März bekanntgeben, aber die im September gestellte Prognose, bei zirka 200 Millionen Euro Umsatz 40 bis 50 Millionen Gewinn, würden in jedem Fall erfüllt.
Auch die Investoren fassen langsam wieder Vertrauen. Nachdem der Gesamtwert des Unternehmens an der Börse nach der Sanierung zeitweise unter den Cash-Bestand der Firma (100 Millionen Euro zum 30. September) gerutscht war, wird sie inzwischen wieder mit rund 250 Millionen Euro bewertet.
Wie sehr der Name EM.TV noch immer die Anleger elektrisiert, zeigt ein Blick in die einschlägigen Internet-Boards, wo schon wieder Kursziele von 20 Euro und mehr herumgereicht werden. Allein die Spekulation eines Börsenbriefs, EM.TV könnte nach der Genesung möglicherweise ins Visier eines Aufkäufers geraten, sorgte am vergangenen Donnerstag für einen Kurssprung von acht Prozent. Doch nicht nur Zocker haben EM.TV wiederentdeckt. Mehrere Unternehmenspräsentationen in Frankfurt und London seien bei Institutionellen auf großes Interesse gestoßen, berichtet Klatten.
Schneller, höher, weiter, lautet die Devise. Vor allem die Sportsparte soll künftig für Wachstum sorgen. Mit DSF, der profitablen Fernseh-Produktionsfirma Plazamedia und dem Internetportal Sport.1 hat das Unternehmen in diesem Bereich eine gesunde Basis geschaffen. "In der Vernetzung von TV und Internetplattform sehen wir noch große Chancen, insbesondere beim Thema Zuschauerbindung", sagt der einstige "Spiegel"-Manager Klatten.
Spekulationen, wonach er die Unterhaltungssparte verkaufen und sich ganz auf Sport konzentrieren könnte, weist er zurück. "Wir sind ein Unternehmen, dessen Geschäft auf zwei Säulen beruht, und wir wollen auch, daß das so bleibt." Zwar erzielt EM.TV mit der Verwertung von Kinder- und Jugendprogrammen nur etwa 15 Prozent des Gesamtumsatzes. Doch Klatten verweist darauf, daß die Sparte in den Büchern rund die Hälfte des bilanziellen Wertes ausmache und zudem über eine starke Marktposition verfüge. Aus der aktuellen Medienkrise wolle das Unternehmen als Gewinner hervorgehen. "Wir stellen uns derzeit so auf, daß wir trotz der Marktschwäche wachsen können."
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