Der Kommunismus – Geschichte einer Illusion
Dreiteilige Dokumentation von Peter Glotz und Christian Weisenborn (BR / NDR)
Ab Donnerstag, 20. April 2006, 23.45 Uhr, Wiederholung ab 7. Juni 2005, 03.45 Uhr
§1. Sieg der Revolution (Do, 20. April 2006, 23.45 Uhr)
§2. Aufstieg zur Supermacht (Do, 27. April 2006, 23.45 Uhr)
§3. Zerfall der Macht (Do, 4. April 2006, 23.45 Uhr)
Im Ideenhimmel existiert der Kommunismus seit Jahrtausenden. Wer will, kann schon Platons Politeia als kommunistisch bezeichnen und eine lange Ahnenreihe anlegen, in der Thomas Morus und eine ganze Reihe anderer Utopisten eine große Rolle spielen würden, bevor man zu Marx und Engels käme. Um eine derartige Ideengeschichte geht es in dieser dreiteiligen Dokumentation nicht. Gegenstand ist vielmehr der sehr reale Kommunismus, dessen geschichtliche Wirksamkeit mit Lenin begann und mit Gorbatschow endete.
Die zentrale Frage in dieser Serie geht trotzdem dahin, wie es möglich war, mit einer Idee, die der frühere Kommunist und große französische Historiker Francois Furet im Rückblick als "Illusion" bezeichnet hat, so viele Menschen – darunter Hunderte der bedeutendsten Intellektuellen ihrer Zeit – zu faszinieren. Der Kommunismus war, mit Furet gesprochen, darauf gerichtet "der zwangsläufigen Entwicklung der historischen Vernunft zu gehorchen". Der Errichtung der "Diktatur des Proletariats" wurde daher ein "wissenschaftlicher" Charakter bescheinigt. Wieso ließen sich so viele Millionen Menschen von dieser Illusion gefangen nehmen und wieso erduldeten Hunderttausende dieser Menschen Unterdrückung, Demütigung und wirtschaftliche Not, ohne den Grundideen des Kommunismus untreu zu werden? Das ist die Grundfrage, die in dieser Serie gestellt wird.
Das Ende ist ganz unspektakulär. In einer Fernsehansprache erklärt ein traurig und müde wirkender Michail Gorbatschow seinen Rücktritt. Es ist der 25. Dezember 1991. Der letzte Präsident der damaligen Sowjetunion tritt ab von der politischen Bühne. Wie konnte es geschehen, dass eines der mächtigsten Imperien der Weltgeschichte einfach aufhört zu existieren, dass der einst so gewaltige Ostblock innerhalb weniger Monate in um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfende, unabhängige Staaten zerfällt?
Der 2005 verstorbene Politiker und Kommunikationswissenschaftler Peter Glotz und der Autor und Regisseur Christian Weisenborn haben in ihrer Dokumentation die Menschen und Ereignisse skizziert, die beim Aufstieg einer revolutionären Idee und dem Zerfall eines Imperiums eine zentrale Rolle gespielt haben.
Sie haben Politiker wie Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt, den Architekten der Ostpolitik Egon Bahr oder den amerikanischen Präsidentenberater Zbigniew Brzezinski und den ehemaligen Botschafter der Sowjetunion in Deutschland, Valentin Falin, befragt. Renommierte europäische und amerikanische Wissenschaftler wie Norman Birnbaum (Washington), Timothy Garton Ash (Oxford), Heinrich August Winkler (Berlin) oder Michael Stürmer, der langjährige Leiter der Stiftung für Wissenschaft und Politik Ebenhausen erläutern die historischen Zusammenhänge der Ereignisse. Prominente Zeitzeugen wie Sergej Chruschtschow, der Sohn von Nikita Chruschtschow, Wolfgang Leonhard oder Ex-KGB-Chef Wladimir Krjuschkow, der gegen Gorbatschow putschte, aber auch unbekannte Opfer wie die Gulag-Häftlinge Pjotr Demant und Lew Netto kommen zu Wort und machen aus historischen Fakten erlebte Geschichte.
Geographisch richtet sich der Blick der Dokumentation auf Europa, aber auch der Einfluss der Idee und ihre politische Umsetzung in Asien sowie Amerika werden knapp gestreift. Die Analyse konzentriert sich auf den Zeitraum von 1917 bis 1991: Etwas mehr als sieben Jahrzehnte, in denen das größte politische und soziale Experiment der Menschheitsgeschichte stattfand.
Viele Grüße Der Bernd
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