Die Finanzkrise hält die Märkte weiterhin in Atem. Mit der Columbian Bank and Trust, einer Regionalbank aus Kansas, war über das Wochenende die neunte US-Bank der US-Subprime-Krise zum Opfer gefallen. Immer neue Abschreibungen bei den Finanzinstituten lassen befürchten, dass die Krise wohl nicht in einigen Monaten ausgestanden sein wird. Mit dem Beinahekollaps und dem Notverkauf der US-Investmentbank Bear Stearns im März dieses Jahres hat die Finanzkrise den Zertifikatemarkt erreicht. Wegen der Übernahme durch JPMorgan kam es nicht zum Lackmustest für die Branche. Ein Komplettausfall der Bear-Stearns-Zertifikate und -Hebelprodukte hätte der Branche einen schweren Schaden durch einen Vertrauensverlust der Anleger zugefügt. Sensibilisierung Die Schieflage der US-Investmentbank Bear Stearns hat vor allem professionelle Anleger gegenüber dem Emittentenrisiko bei Zertifikaten sensibilisiert. Dieses wird in der täglichen Praxis in der Diskussion mit den Emittenten selbst oder den Wertpapierberatern thematisiert. Die Bedenkenträger greifen derzeit gerne zu Alternativen wie börsengehandelten Indexfonds E T F's (Exchange Traded Funds). Hohe Umsätze bei attraktiv gepreisten Produkten von Banken mit bedenklich hohen Credit Spreads zeigen allerdings auch die Sorglosigkeit von vielen Anlegern. Einen Fall wie Bear Stearns kann es wegen der immer noch schwelenden Finanzkrise jederzeit erneut geben. Nicht immer ist mit einem positiven Ausgang zu rechnen. Die vergangenen Monate zeigen, dass vor dem Kauf eines Zertifikats ein Blick auf das Rating der Bank allein allerdings nicht ausreicht. Hier erweisen sich Credit Spreads als empfindlicher Frühindikator für eventuell auftretende Schwierigkeiten. Darüber hinaus ist die Information über die Garantieerklärungen des Emittenten von Zertifikaten und Hebelprodukten wichtig, denn einige Banken emittieren ihre Produkte aus Vehikeln wie GmbHs oder in Luxemburg zugelassenen Gesellschaften. Hintergrund ist, dass verbriefte Derivate wie die konservativen Anlagezertifikate oder auch die spekulativen Hebelprodukte von der jeweils begebenden Bank als Inhaberschuldverschreibungen aufgelegt werden. Das unterscheidet die Zertifikate von den Sondervermögen der Fonds. Hier ist das Kapital des Anlegers im Falle eines Konkurses der Fondsgesellschaft geschützt. Im Falle einer Insolvenz des begebenden Instituts trägt der Anleger bei den Anlagezertifikaten und Hebelprodukten grundsätzlich ein Gläubigerrisiko. Hohe Kreditwürdigkeit Vor allem bei langfristigen Investitionen, etwa für die Altersvorsorge, sollte deshalb darauf geachtet werden, bevorzugt Zertifikate von Anbietern mit hoher Kreditwürdigkeit zu wählen. Denn Inhaberschuldverschreibungen der Großbanken sind nicht durch den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) geschützt, wie etwa Einlagen auf Giro-, Tagesgeld- und Festgeldkonten. (Oh, da muss ich aufpassen, das wusste ich noch nicht!). Ein bislang wohlgepflegtes Vorurteil ist, dass es sich bei den Zertifikaten um nachrangige Inhaberschuldverschreibungen handelt. Demzufolge sollen die Zertifikateanleger bei einem Bankenkollaps aus der Konkursmasse erst nach den vorrangigen - sogenannten Senior Bonds - der emittierenden Bank und gleichrangig mit den Subordinated Bonds (Nachrangpapieren) bedient werden. Eine Umfrage unter den größeren Emittenten am deutschen Zertifikatemarkt hat ergeben, dass es sich bei den Produkten mit unterlegten Inhaberschuldverschreibungen um Senior Notes handelt. In den Prospekten findet sich oft aber lediglich der Hinweis, dass die Anleihen unbesichert und gleichrangig (pari passu) sind. Deutlicher Abschlag Pari passu besagt, dass die Zertifikate (Forderungen) mit jeder anderen bestehenden oder auch künftigen (unbesicherten) Forderung des Emittenten gleichgestellt sind. Kommt es zum Zahlungsverzug einer Forderung bzw. Anleihe, werden alle übrigen Verpflichtungen mit einer Pari-passu-Klausel ebenfalls fällig. Bei keinem der befragten Emittenten waren die Anlagezertifikate oder Hebelprodukte durch nachrangige Anleihen unterlegt. Sollte dies der Fall sein, müssten diese Produkte mit einem deutlichen Abschlag gegenüber den Zertifikaten mit gleichrangigen Inhaberschuldverschreibungen gehandelt werden. Einen Sonderweg ist die Verbriefungsgesellschaft der DWS, DWS Go, mit ihrer Compartment-Lösung gegangen. Für jedes Zertifikat wird ein sogenanntes Compartment (Fach) gegründet, das einem aus dem Fondsbereich bekannten Sondervermögen entspricht. DWS Go schützt ihre Compartments durch zusätzliche spezielle Sicherheitsvereinbarungen. Die DWS-Go-Zertifikate sind dadurch mit besicherten Anleihen unterlegt. Voraussetzung Masse Gesetzt den Fall, dass bei einer Insolvenz eines Emissionshauses oder Bank genügend Werte vorhanden sind, werden die Zertifikateanleger zusammen mit den Senior Notes, d. h. also vor den Inhabern von nachrangigen Anleihen (Subordinated Notes) bedient. Gegenüber dem Aktionär hat der Zertifikateanleger dann auch einen bisher nicht bekannten Vorteil: Er wird vor dem Anteilseigner des Emissionshauses aus der Konkursmasse bedient. Rechtzeitige Informationsbeschaffung bedeutet also auch Schadensverhinderung. Vor dem Kauf eines Hebelprodukts oder eines Zertifikats unter langfristigen Anlagebestrebungen ist es daher für den Investor und das eingesetzte Kapital wichtig, durch das Studium des Prospekts die Seniorität der Inhaberschuldverschreibung zu klären. Darüber hinaus ist bei Emissionsvehikeln eine Garantieerklärung (Patronatserklärung) der Mutter wichtig. |