Die Meinungs- und Pressefreiheit zielt seit ihrer ersten rechtlichen Anerkennung im späten 18. Jahrhundert nicht so sehr auf gewerbliche oder kommerzielle, sondern auf kommunikative Entfaltung. Die "Freiheit der Feder" ist eine wesentliche Bedingung für die individuelle Freiheit, "von der Vernunft in allen Stücken öffentlichen Gebrauch zu machen" (Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?, in: Kant, Aufsätze zur Geschichte der Philosophie, 4. Aufl., 1994, S. 55 ff.). Sie ist untrennbar mit dem kategorischen Imperativ verbunden: "Handle so, dass du in jeder deiner Handlungen die Menschheit in deiner Person achtest." Das bedeutet die Aufforderung für den Journalisten, Verantwortung zu übernehmen, Grenzen in einem Bereich zu ziehen, der Medienfreiheit genannt wird.
Der freie Zugang, der ungehinderte Fluss von Informationen, Meinungen und Wirklichkeitsdeutungen liefert Privaten und Staatsorganen jene Impulse, die das Gemeinwesen als offene, demokratische Gesellschaft erst ermöglichen. Das gilt auch für den internetbasierten Informationstransport, der eine globale Informationsgesellschaft entstehen lässt. Darin zu leben, wäre an sich sehr positiv, wenn die Information auch unter dem Signum des Wissens weitergegeben würde (Mittelstraß, Die Wissensgesellschaft, in: M. Prisching (Hrsg.), Modelle der Gegenwartsgesellschaft, 2003, S. 103).
In sozialistischen und faschistischen Staaten wurden unbequeme Journalisten und Dissidenten in die Verbannung geschickt. In der Moderne erübrigen sich solche Maßnahmen. Heute kaufen in Russland staatsgelenkte Firmen Medien ein und verhindern eine regierungskritische Berichterstattung. In Italien besitzt der Medienzar Berlusconi ein Monopol. Die Argumente der Opposition werden mit medialen Kunstgriffen zum Schweigen gebracht, etwa so: "Wenn man ein Gesetz diskutiert, stellt man es vor und gibt dann das Wort sofort der Opposition. Darauf folgen die Unterstützer der Regierung, die die Einwände widerlegen. Das überzeugende Ergebnis ist voraussehbar: Recht hat, wer zuletzt spricht" (U. Eco, SZ v. 27.1.2004, S. 15). Die Information folgt nicht dem Wissen! Ein generelles (antidemokratisches) Verfahren der Vorzensur erübrigt sich. Es etabliert sich eine strukturelle Zensur: Nicht recherchiertes Wissen, sondern bewusst verschleiernde oder gezielt manipulierte oder unterdrückte Information ist das Gebot der Stunde.
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