Wieder Krawall in Berliner Kiez: Feuerwehr blockiert Polizei muss Türken in Tiergarten zurückdrängen Kreuzbergs Bürgermeister will Krisengespräch
Von Jörn Hasselmann
Berlin - Die Konfrontationen zwischen Polizei und Migranten in Berlin häufen sich: Am Mittwochabend kam es erneut zu Tumulten zwischen türkischstämmigen Anwohnern und der Polizei, als bei einem Feuerwehreinsatz im Stadtteil Tiergarten 50 bis 80 Menschen die Sanitäter bedrängten. Diese wollten einen bei einem Verkehrsunfall verletzten Jungen ins Krankenhaus fahren. Die unter Schock stehende Mutter Fatme O. wollte das nicht zulassen, aus angrenzenden Häusern und Cafés liefen die Anwohner zusammen und solidarisierten sich mit ihr. Junge Männer stellten sich dem Rettungswagen in den Weg, 25 Polizisten mussten die Abfahrt des Wagens sichern. Der Unfallverursacher – ebenfalls aus der Türkei – rettete sich vor der wütenden Menge in eine nahe Polizeiwache.
In diesem Jahr hat es in Berlin etwa zehn weitere Fälle gegeben, bei denen Migranten Polizeieinsätze massiv behinderten. Erst am Abend zuvor hatten 80 bis 100 Jugendliche im Stadtteil Kreuzberg Polizisten attackiert, weil die angeblich zwei unter Raubverdacht stehende zwölfjährige Türken bei ihrer Festnahme zu hart behandelt hatten. Zwei Beamte wurden verletzt. Die Polizeiführung hat nun auch Ermittlungen gegen Polizisten eingeleitet, denen rassistische Aussagen und Körperverletzung im Amt vorgeworfen werden. Hintergrund der Ermittlungen sind Vorwürfe, die Mehmet S. im Tagesspiegel erhoben hatte. Der 23-Jährige hatte gesagt, er sei nach seiner Festnahme im Polizeiauto geschlagen und aufgefordert worden, „zurück in seine Heimat“ zu gehen.
Die Anschuldigungen würden schnell untersucht, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch. Die Polizei wirft S. ihrerseits schweren Landfriedensbruch vor. Er soll versucht haben, einen der Räuber zu befreien. Anwohner hatten angegeben, auch sie seien von Polizisten fremdenfeindlich beleidigt worden, als sie die Festnahme der Kinder kritisierten.
Kreuzbergs Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) kündigte noch für diese Woche Krisengespräche mit Polizei, Jugendhilfe und Quartiersmanagement an. 35 Prozent aller Kreuzberger sind Migranten. Der Berliner Innenausschuss will die Vorfälle am Montag behandeln.
Der PDS-Innenpolitiker Udo Wolf nannte die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und größeren Einwanderergruppen „eine zufällige Häufung“. Die Vorfälle zeigten aber, dass die Stimmung in Problemkiezen „insgesamt aggressiver“ geworden sei. Während die SPD den „entschlossenen Einsatz der Polizei“ in Kreuzberg lobte, kam von den Grünen Kritik: „Zwölfjährige dürfen nicht wie Schwerverbrecher behandelt werden, sei der Tatvorwurf auch noch so schwer“, sagte der Abgeordnete Benedikt Lux. Berlins Integrationsbeauftragter Günter Piening nannte die Vergleiche mancher Berliner Kieze mit Pariser Vorstädten „vollkommen absurd“. Die Situation in den Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil sei damit „absolut nicht“ zu vergleichen.
Die CDU verschärfte hingegen den Ton: Dass nicht mehr nur Polizisten, sondern auch Feuerwehrleute bedrängt und zum Teil tätlich angegriffen werden, sei höchst alarmierend. „Offenbar werden Ordnungs- und Sicherheitskräfte in bestimmten Stadtteilen generell als Eindringlinge aufgefasst und damit das staatliche Gewaltmonopol fundamental in Frage gestellt“, sagte der CDU-Politiker Frank Henkel. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, bestätigte, dass sich Gewalt immer öfter gegen Ordnungshüter richte. Nach Polizeiangaben wurden knapp 30 Prozent der Angriffe auf Polizisten von Nichtdeutschen begangen.(mit ddp)
|