Die Hausse geht zu Ende
Von Benedikt Fehr DruckenVersendenSpeichernVorherige Seite yiggdeliciouslinkwebnewsdiggwong Mais wurde bei den Nahrungsmitteln als erstes wieder billiger
Mais wurde bei den Nahrungsmitteln als erstes wieder billiger
06. August 2008 Die jahrelange fulminante Rohstoffhausse ist im Juli plötzlich abgebrochen. Seither ist nicht nur der Preis für Rohöl kräftig abgesackt, auch die Preise wichtiger Nahrungsmittel wie Mais und Sojabohnen sind an den Terminbörsen gefallen, einige sogar drastisch. In dem Preisverfall spiegelt sich vor allem ein Rückgang der Nachfrage nach vielen Rohstoffen; das wiederum geht zum Teil auf das schwächere Wachstum der Weltwirtschaft zurück, zum Teil aber auch auf die vorhergegangenen extremen Preissteigerungen. Die Währungshüter knüpfen an den Preisrückgang die Hoffnung, dass er die zuletzt stark erhöhte Inflation der Verbraucherpreise bremst.
Bis Anfang Juli kannte der CRB-Index, der aus den Preisen von 19 wichtigen Rohstoffen berechnet wird, praktisch nur eine Richtung: aufwärts. Allein in den zwölf Monaten zuvor war der Index um 50 Prozent gestiegen; seit Oktober 2001, als die Rohstoffhausse begann, hatte er um 260 Prozent zugelegt. Fachleute erklären den Preisauftrieb vor allem mit der stark erhöhten Rohstoffnachfrage aus den dynamisch wachsenden Schwellenländern. In den vergangenen Monaten dürften zudem Spekulanten die Hausse angeheizt haben. Doch ist der CRB-Index seit seinem Rekordhoch von 474 Punkten am 3. Juli schon um 16 Prozent auf 398 Punkte abgerutscht. „Die Erwartung einer globalen Nachfrageschwäche nach Rohstoffen ist nunmehr das bestimmende Thema an den Rohstoffmärkten“, kommentieren die Analysten der Deka-Bank.
Mais, Kakao und Soja wieder billiger
Eingeleitet wurde die Wende vom wichtigen Grundnahrungsmittel Mais. An der Terminbörse in Chicago ist der Preis für einen Kontrakt (5000 Bushel, rund 35 Liter) seit dem 27. Juni um 32 Prozent abgerutscht, von 765 auf 522,50 Dollar. In den Monaten zuvor hatte sich der Maispreis freilich mehr als verdoppelt. Der hohe Preis habe die Nachfrage gedämpft, meinen Fachleute, dabei nicht zuletzt die Nachfrage der Konzerne, die Mais zu Biotreibstoff verarbeiten. Neben dem Maispreis hat sich im Juli auch Kakao an der Terminbörse gegenüber seinem Rekordhoch um ein Fünftel verbilligt, Sojabohnen sogar um ein Viertel. Noch stärker war der Rückgang beim Weizen. Seit dem Ende Februar erreichten Höchststand ist der Preis um gut 40 Prozent gefallen.
Das zeigt sich nun auch im CRB-Food stuff-Index, der vor allem aus den Preisen für Agrargüter und konjunktursensible Produkte berechnet wird. Er ist seit Anfang Juli um 10 Prozent zurückgegangen, liegt damit aber immer noch um gut ein Viertel höher als vor einem Jahr und um 50 Prozent höher als im Sommer 2006. Die Verteuerung der Nahrungsmittel, die in einigen Ländern für politischen Zündstoff gesorgt hat, ist also weiterhin beträchtlich. Davon am stärksten betroffen sind die ärmeren Bevölkerungsschichten in den Entwicklungs- und Schwellenländern, die einen Großteil ihres Einkommens für Nahrung ausgeben müssen. Bis die abgeschmolzenen Lagerbestände wieder aufgefüllt seien, dürften die Preise für Mais und Soja relativ hoch bleiben, sagen die Fachleute der Deutschen Bank voraus.
Sinkende Energiepreise könnten Inflation rasch dämpfen
Einige Tage nach der Preiswende für die agrarischen Rohstoffe kam auch die Rohölhausse zu ihrem Ende. Mit 147 Dollar erreichte der Preis für das Barrel Rohöl (159 Liter) der Sorte WTI am 11. Juli sein bisheriges Hoch. Inzwischen kostet das Fass rund 120 Dollar, das ist fast ein Fünftel weniger als auf dem Rekordniveau. An den Terminbörsen hat sich Benzin ähnlich stark verbilligt, der Preis für Naturgas ist seit Anfang Juli sogar um 37 Prozent gesunken. Einerseits habe Saudi-Arabien die Ölproduktion hochgefahren und damit das Angebot erhöht, andrerseits gehe die Nachfrage in den Industrieländern konjunkturbedingt zurück, erklärt die Deutsche Bank den Preisverfall. Die Energie-Nachfrage dürfte dauerhaft etwas dämpfen, dass einige Schwellenländer die Subventionen für den Energieverbrauch gekürzt haben.
Die Deutsche Bank erwartet deshalb, dass WTI-Öl Anfang 2009 nur noch rund 100 Dollar je Barrel kosten wird. Die Deka-Bank stellt eine ähnliche Prognose. Ihre Fachleute stellen heraus, dass die Spekulanten Mitte Juli ihre Strategie geändert hätten: In der Woche zum 22. Juli hätten sie erstmals seit Februar mehrheitlich nicht auf einen steigenden, sondern auf einen fallenden Ölpreis gesetzt. Ähnlich ist die Stimmung auch an einigen Märkten für Metalle umgeschlagen. So ist Aluminium seit Mitte Juli um 13 Prozent billiger geworden, Nickel seit Beginn des Halbjahres um 20 Prozent.
Vor allem die sinkenden Energiepreise könnten den Anstieg der Inflation im Euro-Raum rasch und kräftig dämpfen. Im Juli hatte die Jahresinflation hier 4,1 Prozent betragen, mehr als je zuvor seit Einführung des Euro im Jahre 1999. Um dem Entstehen einer Preis-Lohn-Spirale vorzubeugen, hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins Anfang Juli von 4 auf 4,25 Prozent heraufgesetzt. Viele Ökonomen erwarten, dass die EZB in nächster Zeit wieder auf eine geldpolitische Lockerung umschwenkt: Dazu werde sie zum einen der Rückgang der Rohstoffpreise veranlassen, zum anderen die konjunkturelle Abkühlung im Euro-Raum. Der Internationale Währungsfonds hat dieser Tage die Prognose gestellt, dass die Teuerung im Euro-Raum schon Ende 2009 wieder unter 2 Prozent fallen werde - und damit auf den Wert, den die EZB anstrebt.
http://www.faz.net/s/...07AD32951E6B5B776C~ATpl~Ecommon~Scontent.html
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