Ob man Gewinne macht oder nicht, ist letztlich eine Frage der Kompetenz - egal auf welchem Gebiet. Und es gibt ohne Zweifel mehrere Ansätze, die völlig unterschiedlich sind und dennoch alle zum Erfolg führen können.
Auf all diesen verschiedenen Gebieten kann man sich Kompetenz erarbeiten. Die Anforderungen sind allerdings sehr unterschiedlich (und auch die Erfolgsaussichten). Die Tatsache, dass es so viele Charttechniker und so wenig Fundamental-Strategen gibt, liegt IMHO daran, dass die Anforderungen zum Erstellen von Chartanalysen ungleich geringer sind als die zur fundamentalen Beurteilung einer Firma, der Wirtschaft, Volkswirtschaft, Weltwirtschaft, Zinsentwicklung, Konjunkturlage usw.
Chartanalysen erstellen kann im Prinzip, gehässig gesagt, jeder halbwegs grafisch Begabte - egal ob Designer, Kartograph oder Malermeister. Man muss - noch gehässiger gesagt - nur Striche verlängern, Dreiecke erkennen und bei der Elliott-Theorie bis fünf zählen können. Von der Sache (dem Underlying) muss man absolut nichts verstehen. 100-%ige Charttechniker VERWEIGERN sogar zuweilen, sich Wissen zum Underlying anzueignen, um sich nicht von ihrer Systematik abbringen zu lassen. Im Grunde kann aber auch ein Computer bei beliebigen Angaben von Werten auf der x- und y-Achse nach Chartkriterien eine Chartanalyse erstellen: zu Äpfeln, Birnen, Zitronen, Aktien, Schweinebäuchen, Zinsen, Inflation, Öl, Gold - was auch immer. Und er muss nicht "wissen" was er da eigentlich macht, sondern nur bewährte graphische Grundregeln anwenden.
Klar haben Chart-Analysten, sofern sie auch Volumen und statistische Indikatoren berücksichtigen, passable bis gute Erfolgschancen. Für Charttechnik spricht auch, dass sie eine eingebaute Fehlerkorrektur hat, die Verluste minimiert - da es ja immer auch ein Stopp-Loss gibt (oder zumindest geben sollte).
Warren Buffett hingegen hat Stopp-Loss-Order nicht nötig, wenn er Firmen kauft oder sich daran beteiligt. Er macht die Hausaufgaben halt vorher. Buffett beschränkt sich bei seinen Analyse im Wesentlichen auf die Firmen selbst und gibt wirtschaftlichen Rahmendaten wie Zinsen und Konjunktur kein so großes Gewicht. Die Analysen der von ihm gekauften Firmen führt er allerdings ähnlich genau durch wie jemand, der diese Firma komplett übernehmen will. Danach hält er sie durch dick und dünn - im Vertrauen darauf, dass die Gesamtwirtschaft langfristig wächst. Da er zudem ein sehr breites Portfolio hatten, werden Fehler, die er ja auch macht, statistisch gut ausgemittelt.
Seine Erfolgsbilanz: Berkshire-Aktien stiegen von 19 Dollar in den 1970-er Jahren auf jetzt 100.000 Dollar (es gab nie einen Stocksplit). Von einer solchen Performance können Charttechniker NUR TRÄUMEN.
Last not least glaube ich, dass bei Fundamentbewertern die Erfolgsquote höher ist als bei Chartanalysten. Letzter machen, sofern sie zu den Daytradern zählen, ja zu 90 % Verluste, nur 10 % machen Gewinne. Bei den "Fundamentalisten" dürfte es eher umgekehrt sein.
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