Erste Hilfe eingestellt Zentrale des Irakischen Roten Halbmonds in Bagdad von US-Truppen umstellt. Hilfsorganisation von Besatzern zum Abzug aus Falludscha gezwungen Die US-Armee geht im Irak offensichtlich verstärkt gegen Hilfsorganisationen vor. Am Montag umstellten die Besatzungstruppen in Bagdad für mehrere Stunden den Sitz des Irakischen Roten Halbmondes. Das Militär gab für das Vorgehen in der irakischen Hauptstadt »Sicherheitsgründe« an. Am Sonntag waren Mitarbeiter des Roten Halbmondes von US-Soldaten gezwungen worden, die schwer umkämpfte Stadt Falludscha zu verlassen. Die Helfer waren erst vor zwei Wochen mit einem Lebensmittel- und Medikamentenkonvoi in die westlich von Bagdad gelegene Stadt gekommen und hatten dort ein Hilfszentrum aufgebaut. Der Rote Halbmond war die einzige in Falludscha tätige Hilfsorganisation, so daß die in der Stadt verbliebenen Menschen nun erneut von jeglicher Hilfe abgeschnitten sind. Während ihrer Anwesenheit in der Stadt versorgte die Organisation nach eigenen Schätzungen etwa 1 500 Menschen mit Nahrung, Wasser und Decken.
Wie der Internetdienst www.freace.de am Montag meldete, war in der vergangenen Woche der Direktor des städtischen Krankenhauses von US-Soldaten angeschossen worden, als er versuchte, mit einem Krankenwagen Hilfsgüter nach Falludscha zu bringen. Agenturberichten zufolge gab es gestern erneut mehrstündige US-Luftangriffe auf Falludscha.
Einen Eindruck vom Ausmaß der dortigen Zerstörung liefern die via Internet verbreiteten Berichte des in Bagdad lebenden amerikanisch-irakischen Journalisten Dahr Jamail, der mit Journalisten, Flüchtlingen und Mitarbeitern des Roten Halbmondes sprach, die in der »Todeszone« Falludscha waren. »Ich brauche ein weiteres Herz und Augen, um es zu ertragen, weil meine eigenen nicht ausreichen, um zu ertragen was ich gesehen habe«, schilderte eine Mitarbeiterin des Roten Halbmondes, die sich Anonymität ausbat, ihre ersten Eindrücke nach Rückkehr von einem Hilfskonvoi am letzten Sonntag im November. »Nichts rechtfertigt, was mit dieser Stadt getan wurde. Ich habe nicht ein Haus und nicht eine Moschee gesehen, die nicht zerstört war.« Und weiter: »Es gab Familien, die hatten nichts mehr. Ich traf eine Familie mit drei Töchtern und zwei Söhnen. Einer ihrer Söhne, Mustafa, der 16 Jahre alt war, war von amerikanischen Scharfschützen getötet worden. Dann wurde ihr Haus niedergebrannt. Sie hatten nichts zu essen. Nur Reis und kaltes Wasser – schmutziges Wasser ... sie gaben den Reis in das schmutzige Wasser, ließen ihn ein oder zwei Stunden darin, dann aßen sie den Reis. Die 17jährige Tochter Fatma sagte, sie betete zu Gott, ihre Seele zu holen, da sie das Grauen nicht mehr ertragen konnte.«
Die US-Truppen hätten es den Mitarbeitern des Roten Halbmondes nicht erlaubt, in schwer umkämpfte Stadtteile wie Dscholan zu gehen. »Ich bin sicher, daß dort schreckliche Dinge passiert sind.« Einwohner hätten ihr und ihren Kollegen berichtet, die US-Armee hätte auch Napalm eingesetzt. Das Militär hätte sie allerdings daran gehindert, die genannten Orte aufzusuchen und die Berichte zu überprüfen.
Gestern wurden erneut schwere Kämpfe zwischen Besatzungsgegnern und Okkupationstruppen im Zentrum von Bagdad gemeldet. Die US-Armee gab unterdessen den Tod weiterer fünf Soldaten in der Provinz Anbar westlich von Bagdad bekannt.
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