Tradernumberone ich halte generell bei Solarunternehmen Ergebnisprognosen für einen Zeitraum über 6 Monate als kaum abschätzbar. Hat man z.B. bei so gut wie allen China-Solaris gesehen. Die Analystenschätzungen von Anfang des Jahres mussten mehr oder weniger deutlich nach unten revidiert bei den China-Solaris, da vor allem in China und Japan die Modulpreise im 1. Halbjahr überraschend deutlich nachgegeben haben und dazu der Polysiliziumpreis in der Spitze bis auf 25 $/kg gestiegen ist.
Modulpreisentwicklungen in verschiedenen Ländern, Rohstoffkosten (z.B. ist der Silberpreis aktuell auf Tiefstkurs) und politische Entscheidungen sind doch kaum abschätzbar auf Sicht von 6 bis 12 Monaten. Von keinem Aktionär, von keinem Analysten, von keinem Brancheninsider und auch vom keinem Vorstand. Ich kann Solarworld mit ihrer konservativen 2015er Prognose sehr gut verstehen. Ich würde mich da auch nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen.
Um in die Gewinnzone auf Nettogewinnbasis zu kommen wird ein sehr beschwerlicher Weg werden und mit einem Jahresumsatz von um die 650 Mio. € wie in diesem Jahr (1. Hj. 2014: 228 Mio. €/2. Hj. 2014e: 422 Mio. € - Analystenschätzungen) hat Solarworld null Chancen um einen Nettogewinn auf Jahresbasis erzielen zu können. Ohne ein eigenes Projektgeschäft in der Größenordnung von um die 200 MW wird Solarworld meines Erachtens nie richtig profitabel werden. Bis auf Canadian Solar und Jinko Solar ist kein einziger China-Solaris richtig profitabel. Trina Solar wie auch JA Solar werden am Ende des Jahres EBIT-Margen unter 6% ausweisen und eine Renesola oder Yingli werden wohl am Ende des Jahres immer noch rote Zahlen auf Nettobasis schreiben. Bei einem Jahresumsatz von um die 800 Mio. €, da liegen die aktuellen Umsatzanalystenschätzungen für 2015, und einer EBIT-Marge von 5% würde Solarworld im nächsten Jahr eine schwarze Null schreiben. Die norwegische REC hat in Q2 mit ihrer Produktionsvollauslastung bei einem Umsatz von 175 Mio. € eine EBIT-Marge von 9% erreicht. Das könnte die Meßlatte für Solarworld sein und dann wäre Solarworld richtig schön in der Gewinnzone auch auf Nettobasis. Die durchschnittlichen Analystenschätzungen für Solarworld bei der EBIT-Marge für 2015 liegen übrigens bei 3%.
Wie kommst du eigentlich darauf, dass Solarworld auf fast voll abgeschriebenen Produktionsstätten produziert ? In Q2 lagen die normalen Abschreibungen bei 10 Mio. €. Damit liegen die Abschreibungen im Jahr bei 40 Mio. € und somit kann wohl nicht die Rede sein, dass Solarworld auf fast voll abgeschriebenen Produktionsstätten produziert. Eine Jinko Solar z.B., die rd. das Zweifache an Fertigungskapazitäten verfügt wie Solarworld, hat rd. 80 Mio. € (103 Mio. $) an Abscheibungen im Jahr.
Aktuell läuft es für Solarworld sehr gut und das könnte bzw. sollte den Break Even beschleunigen. In den USA mussten die Chinesen aufgrund der neu verhängten Strafzölle ihre Preise von um die 0,68 $/W auf 0,75 bis 0,80 $/W erhöhen (China-Solaris liefern in die USA jetzt nach den alten Strafzöllen von 2012) und Solarworld verkauft ihre Module in den USA zu einem Preis von um die 0,85 bis 0,90 $/W je nach Modultyp. Damit ist Solarworld in den USA mittlerweile gg. den Chinesen fast konkurrenzfähig und wenn ich dann noch die Transportkosten dazu zählen würde, dann ist Solarworld konkurrenzfähig. Aber auch schon vor den Strafzöllen hat sich Solarworld in den USA sehr gut geschlagen, denn in Q2 hatte Solarworld in den USA einen Marktanteil von immerhin 6% (Absatz Solarworld Q2: 66 MW/Gesamtnachfrage USA Q2: 1.133 MW) und konnte trotz Nachfragerückgang von Q1 auf Q2 in den USA (1,3 GW auf 1,1 GW) ihren US-Absatz um 19 MW bzw 40% gg. Q1 steigern !! Aufgrund der Produktionsumstellung in den USA Ende Juni von 250 W auf 280 W-Module, dem sehr guten Absatz in den USA der in Deutschland produzierten 72 zelligen Sunmodule XL (meiner Schätzung nach etwa 30 MW in Q3/ in Q2 sollten es so 15 bis 20 MW gewesen sein) und den Auswirkungen der Strafzölle gegen die China-Solaris durfte Solarworld im hochpreisigen US-Solarmarkt im 2. Halbjahr weiter richtig gut wachsen und das dürfte wohl zwangsläufig auf der Gewinnseite gut zu erkennen sein im 2. Halbjahr. Der mittlerweile schwache Euro zum US-Dollar dürfte dann noch zusätzlich positive Auswirkungen beim Verkauf der Sunmodule XL in den USA mit sich bringen. Ein Modulabsatz von 100 MW für Solarworld in Q3 in den USA scheint absolut realistisch zu sein meiner Einschätzung nach.
In Europa scheint es so zu sein, dass sich die Nachfrage auf ein niedriges, aber stabiles Niveau mit annehmbaren Modulpreisen von um die 0,63/0,67 €/W bzw. 0,80/0,85 $/W für Solarworldmodule eingependelt hat und Europa ist bei der Solarnachfrage immer noch deutlich größer wie die USA (2014e: ca. 9 GW zu 6,5 GW). Nach meinem Dafürhalten hält sich der deutsche Solarmarkt mit 2 bis 2,4 GW in diesem Jahr (bis Ende Juli waren es 1,3 GW) immer noch einigermaßen gut und damit wird Deutschland bezüglich Nachfrage global gesehen die Nr. 5 in diesem Jahr sein hinter China, Japan, USA und Großbritannien. In Deutschland hatte Solarworld in Q2 immerhin wieder einen Marktanteil von guten 10% erreicht mit dem Q2-Modulabsatz von 39 MW (Deutschland Solarzubau: Q1: 623 MW/Q2: 392 MW). Generell ist Solarworld in Europa wieder gut positioniert mit einem Q2-Absatz von 104 MW, der in etwa einem Marktanteil von 6% entspricht (Europa Q2-Solarzubau bei ca. 1,7 GW). Frankreich und Großbritannien laufen für Solarworld richtig gut und in Italien wurde das Net Metering-System in der abgelaufenen Woche von 100 kW auf 500 kW-Solaranlagen erhöht und das sollte eigentlich dem italienischen Markt wieder einen kleinen Schub geben.
Alles in allem hat sich Solarworld wie die Q2-Absätze bzw. die zurückgewonnen Marktanteile zeigen in ihren wichtigen Märkten (USA, Deutschland, Europa) wieder gut positionieren können und wie die sehr guten Juli- und Augustabsätze belegen konnte Solarworld diesen Trend in Q3 weiter aufrechterhalten bzw. hat sich diese Trenddynamik sogar beschleunigt. Jedoch wachsen bei Solarworld trotzdem die Bäume nicht in den Himmel, denn dazu braucht es nicht nur höhere Umsätze, sondern auch das eigene margenstarke Projektgeschäft. Das ist meiner Einschätzung nach der Schlüssel zu einem richtig profitablen Unternehmen, nicht das Systemgeschäft und auch nicht das Geschäft mit Speicher inkl. Solaranalgen. Speicher sind einfach noch viel zu teuer, noch nicht richtig ausgereift und auch die Energiemanagementsoftware ist sicherlich auch noch nicht das Non Plus Ultra. Vor 2016 erwarte ich keine allzu große Umsätze von Solarworld im integrierten Speichergeschäft. Auch sollte man nicht ganz vergessen, dass das Gewinnen von Marktanteile auch immer daher geht mit Preiszugeständnissen und das ist natürlich nicht gerade hilfreich für stark steigende Gewinnmargen. Solarworld ist und bleibt noch ein Turn Around-Kandidat.
Jedoch besteht die ganz große Möglichkeit, dass Solarworld in Q3 aufgrund der Rekordabsätze ein gutes Ergebnis hinlegen wird. Ein Umsatz um die 200 Mio. € in Q3 (Q2: 129 Mio. €) dürfte eigentlich so gut wie sicher sein und damit könnte das EBIT wenn denn die Anlaufkosten der Boschproduktion in Q3 deutlich gesenkt werden konnten gg. Q2, da lagen sie nämlich bei satten 11 Mio. €, am Ende dann doch ein positives EBIT raus kommen. Für einen Gewinn auf Nettobasis dürfte es aber wahrscheinlich noch nicht ganz reichen. Die neue Kostenstruktur von Solarworld wird man wohl am Q3-Ergebnis auch gut erkennen können und dann lassen sich bessere Aussagen darüber machen wie das Jahr 2015 denn aussehen könnte.
Was mich bei Solarworld nach wie vor wundert, sie sagen nichts, rein gar nichts was geplant ist beim Projektgeschäft. In Q1 gab es mal ein paar Aussagen dazu, dass man in den USA an Projekten arbeitet. Seit dem ist Stillschweigen bei diesem Thema angesagt. Leider. Mit einem großen Projektgeschäft würde Solarworld nicht nur den Umsatz kräftig steigern können und profitabler werden, sondern auch wesentlich flexibler und wäre nicht so abhängig von der Modulpreisentwicklung. Wie das gehen kann zeigt Sunpower mit einer EBIT-Marge über 10% und einem Free Cash Flow im Jahr von über 100 Mio. $.
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