REST DER REPUBLIK Wer gegen die Partei gewinnen will, muss nur die Realitäten anerkennen
Burkhard Ewert
Um gegen die AfD
zu gewinnen, gä-
be es ein ziem-
lich einfaches
Mittel: die politische, wirt-
schaftliche und gesellschaft-
liche Realität anzuerkennen.
Sie lässt sich ebenso wenig
wegwünschen wie weg-
schreiben noch weg-
demonstrieren. Zu dieser
Realität gehört, dass eine un-
gesteuerte Migration dem
Land schadet. Ein Sozialstaat
lässt sich nur aufrechterhal-
ten, indem es Grenzen gibt –
geografische Grenzen eben-
so wie quantitative.
Nächster Punkt: Migran-
ten begehen häufiger Verbre-
chen als Menschen, die über
längere Zeit an einem Ort ge-
lebt haben. Vieles davon lässt
sich erklären. Aber es zu leug-
nen ist keine gute Idee, denn
es gibt im Rest der Republik
eine Reihe von Leuten, die
aus ihrem unmittelbaren Er-
leben heraus um diese Um-
stände wissen und sich wun-
dern, wenn ihnen jemand er-
klären möchte, dass ihre Er-
fahrungen nicht stimmen.
International schließlich wä-
re es klüger gewesen, die Uk-
raine nur zu unterstützen,
sofern sie sich an die Minsker
Abkommen hält. Es gibt kei-
nen Beleg, dass Russland sei-
nen Angriff dann ebenfalls
gestartet hätte. Die Verträge
waren rechtlich bindend. Sie
zu befolgen, lautete gebets-
mühlenartig die russische
Forderung. Stattdessen ga-
ben Angela Merkel und Fran-
çois Hollande später zu, man
habe die Abkommen nie
wirklich einhalten wollen. Sei
es drum: Die fortlaufende Es-
kalation nutzt Deutschland
nicht, wohl aber den USA,
China sowie der globalen
Rüstungswirtschaft – und am
Ende womöglich sogar Russ-
land.
Noch etwas zählt zur Rea-
lität: Das Meinungsklima ist
verengt. Etwas anderes zu
behaupten, wäre zynisch. Ob
Professor oder Sportler,
Unternehmer oder Autor,
Künstler oder Handwerker:
Regelmäßig soll abgestraft
werden, wer einen „falschen“
Standpunkt innehat. Im
Grundgesetz heißt es: „Nie-
mand darf wegen seines Ge-
schlechtes, seiner Abstam-
mung, seiner Rasse, seiner
Sprache, seiner Heimat und
Herkunft, seines Glaubens,
seiner religiösen oder politi-
schen Anschauungen be-
nachteiligt oder bevorzugt
werden.“ Nicht wegen seiner
Heimat oder Herkunft – aber
auch nicht aufgrund seiner
Haltung. Wie sind diese Ge-
danken damit vereinbar, zum
Boykott eines Restaurants
aufzurufen, weil der Wirt der
AfD einen Raum vermietet?
Wie kann ein Arbeitgeber sei-
nen Beschäftigten das Leben
schwer machen wollen, die
der AfD nicht einmal angehö-
ren, sondern sie nur wählen?
Nächster Punkt: der Kli-
mawandel. Er ist eine Tatsa-
che. Wer ihn aber miss-
braucht, um ganz andere per-
sönliche politische Ziele zu
verfolgen, wird nicht beson-
ders ernst genommen: den
Kampf gegen Autos etwa,
gegen den Kapitalismus oder
gegen Menschen, die man als
rechts bezeichnet und des-
halb gerne gängeln möchte.
Aber die Leute spüren das –
und sie wehren sich.
Das Bürgergeld ist noch so
ein Reizwort. Da muss man
sich sagen lassen, es sei kein
Grund, nicht arbeiten zu wol-
len und alles andere sei eine
fiese Unterstellung. Dumm
nur, dass man im Wirt-
schaftsleben reihenweise das
Gegenteil erlebt und es noch
schwieriger geworden ist als
vorher bereits, Mitarbeiter
etwa im Handwerk zu finden.
Überhaupt, das Hand-
werk. Jahrzehntelang wurde
dem Rest der Republik er-
klärt, eine klassische Berufs-
ausbildung sei weniger wert
als ein Studium. Alle Welt be-
wundert Deutschland für
sein duales System. Hierzu-
lande hat man es sehenden
Auges ramponiert und wun-
dert sich nun, dass es an
Elektrikerinnen oder Mau-
rern, Gärtnerinnen oder Pfle-
gern fehlt.
Corona fällt mir auch noch
ein. Noch immer meinen
Leute, man hätte es nicht bes-
ser wissen können. Sie erzäh-
len einem, dass in Schweden
weniger Menschen leben –
was nie erklären konnte, wa-
rum der dortige laxe Weg
auch in Stockholm oder Gö-
teborg funktionierte. Auch in
China passierte original
nichts, als die maximal schar-
fen Maßnahmen von einem
Tag auf den anderen gekippt
wurden. Hierzulande musste
sich „Covidiot“ nennen las-
sen, wer darauf hinwies.
Die Liste ließe sich fortset-
zen. Das Heizungsgesetz, das
inzwischen selbst sein
Schöpfer für eine Schnaps-
idee hält. Das Lieferkettenge-
setz mit seinen Folgen auch
für kleine Mittelständler. Das
Festhalten am Atomausstieg,
das Verbrennerverbot, der
verbal erklärbare Geschlech-
terwechsel und was es nicht
sonst noch alles gibt und gab,
das Ampel-Politiker sich aus-
gedacht haben, während sie
sich modern vorkamen und
aus den Fenstern ihrer Berli-
ner Wohnungen blickten.
Bitte verstehen Sie mich
nicht falsch. Ich habe zu den
meisten Themen eine per-
sönliche, teils pointierte Mei-
nung. Aber es geht mir gar
nicht darum, was ich darüber
inhaltlich denke. Von daher
habe ich auch nicht das Ge-
ringste dagegen, wenn Sie ei-
nige oder alle Punkte anders
als ich sehen und respektiere
jeden, der dafür eintritt, im
geschilderten Sinne die Ge-
sellschaft zu verändern.
Man hat die AfD selbst
groß gemacht. Mich über-
rascht die Überraschung da-
rüber. Wie sehen Sie es? Widersprechen Sie mir gerne.