Meldung 27.03.2007 09:15
Die Ritter von Spamalot von Thorsten Fath
Firmen und Börsenforen warnen neuerdings verstärkt vor dem elektronischen Müll von Aktienpushern. Die Masche mit so genannten Spam-Mails ist stets dieselbe: Anlocken und Abzocken.
Tausendfach versendete Mails mit vermeintlichen Geheimtipps locken Anleger in zumeist wertlose Aktien. Diese werden als "Kursraketen" mit knappen Empfehlung wie "unbedingt kaufen" oder "sofort einsteigen" angepriesen. Das Ganze funktioniert nach dem Prinzip Schneeballsystem: Die Mail wird gestreut und verbreitet sich rasant. Immer mehr Anleger springen auf den Zug. Die Aktie nimmt Fahrt auf, steigt schließlich rasant. Doch wer zuletzt einsteigt, hält die rote Laterne. Die wahren Gewinner sind die Urheber der Spam-Mails, die sich bereits vor der Kampagne eingedeckt haben und ihre Aktien in den inszenierten Hype abladen.
In den zurückliegenden Wochen hatten sich mehr als ein Dutzend so genannter "Penny Stocks" aufgrund von Spam-Attacken im Wert vervielfacht – um wenig später zusammenzusacken. Mittlerweile reagieren die betroffenen Unternehmen mit deutlichen Warnungen.
Firmen distanzieren sich "ACHTUNG: Die Ceyoniq GmbH warnt vor dubioser Spam E-Mail. Die Ceyoniq Technology GmbH ist weder Urheber, Auftraggeber noch Versender der E-Mails mit angeblich zu erwartendem Kursgewinnen der Aktie einer Ceyoniq AG." Mit diesem Hinweis distanzierte sich die Nachfolgegesellschaft des ehemaligen Neue-Markt-Unternehmens Ceyoniq AG auf ihrer Internetseite. Zuvor hatten unaufgeforderte Mails an tausende Mailempfänger den Aktienkurs des Insolvenzunternehmens in windige Höhen katapultiert.
Eine ähnliche Warnung erging an die Aktionäre der Cargolifter AG. Auf der Webseite heißt es: "Anlässlich des seit einigen Tagen andauernden massenhaften Versandes einer Aktienempfehlung für Cargolifter weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass Cargolifter weder Verfasser noch Versender dieser unseriösen Spam-Nachricht ist." Das Pleiteunternehmen spendete unaufgeforderten Trost: "Trotzdem bitten wir Sie um Entschuldigung für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Der Verursacher ist - wie in diesen Fällen üblich - wahrscheinlich nicht zu ermitteln."
Börsenforum warnt Nutzer Der Fall Cargolifter – das Unternehmen hatte einst hochfliegende Pläne für den Bau riesiger Luftschiffe – beschäftigte auch die Börsen-Community Wall Street Online. Der Moderator des Cargolifter-Diskussionsforums sah sich genötigt, die Nutzer des Boards regelrecht an die Hand zu nehmen. Angesichts der jüngsten Spam-Attacken "werde ich diesen Thread begleiten", so der Moderator. Es gehe darum, jene Beiträge zu schließen, die eine "künstliche Diskussion zu der Aktie erzeugen".
Ganz uneigennützig ist die Hilfestellung nicht, folgt man der Begründung. Neben dem Schutz der Nutzer des Forums vor Betrügern gehe es auch darum, Wall Street Online "vor dem möglichen Vorwurf der Unterstützung dieser illegalen Attacken zu entlasten".
Erboste Aktionäre Auch die Unternehmen waren bestrebt, sich von den Spammern zu distanzieren. Sie erhielten in den zurückliegenden Wochen Anfragen erboster Aktionäre. Diese forderten Aufklärung über die Spam-Mails oder wollten wissen, ob angesichts rasant gestiegener Kurse Neuigkeiten vorhanden wären. Im Falle insolventer Unternehmen waren die Aktionäre ohnehin an der falschen Adresse – der zuständige Ansprechpartner ist in diesem Fall der Insolvenzverwalter.
BaFin ermittelt Die Unternehmen richteten ihren Blick nicht nur in Richtung Aktionäre. Das Ausmaß des bunten Treibens hat längst die Börsenpolizei auf den Plan gerufen. Seit im Februar bekannt wurde, dass die Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bei acht Spam-Aktien ermittelt, geht es um mehr als um frustrierte Kleinanleger.
Die Finanzaufsicht will mit den ihr zur Verfügung stehenden Methoden den Hintermännern auf die Schliche kommen. Juristische Konsequenzen bis hin zu Haftstrafen drohen. Die Ermittlung wegen Verdachts auf Insiderhandel und Kursmanipulation durch Aktien-Spam sind nach Auskunft der BaFin mittlerweile sogar ausgeweitet worden (siehe unser Interview: "Der BaFin sind die Hände gebunden").
SdK: Einige spielen falsch Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger(SdK) warnt arglose Investoren. SdK-Vorsitzender Klaus Schneider vermutetet hinter der jüngsten Spam-Welle eine Masche nach klassischem Muster: "Es gibt natürlich immer Pusher, die sich eindecken und dann mit Gewinn verkaufen. Anleger sollten auf solche dubiosen Mails nicht reagieren und sie sofort in den elektronischen Papierkorb werfen." Bei Penny Stocks in Insolvenz sei "größte Vorsicht" angebracht. "Einige spielen falsch. Das ist ein Metier allenfalls für hartgesottene Zocker".
Blaupause USA Zwar waren Spam-Mails mit fragwürdigen Aktienempfehlungen in Deutschland bislang nicht unbekannt. Neu ist allerdings das Ausmaß, in dem Aktien deutscher Unternehmen ins Visier der Mail-Pusher gerückt sind.
Das große "Vorbild" sind die USA. Die amerikanischen Kollegen der deutschen Börsenpolizei kennen das Problem schon länger. Unlängst griff die Securities and Exchange Commission (SEC) hart durch. Unter dem Codenamen "Operation Spamalot" legte sie den Glücksrittern mit einem simplen Schritt das Handwerk: Die Aktien von 35 Börsengesellschaften, die in Spam-Mails angepriesen wurden, wurden vorübergehend vom Handel suspendiert.
Das Problem hat im Land der unbegrenzten Möglichkeiten allerdings eine andere Dimension als hierzulande: Wie die SEC schätzt, überschwemmen wöchentlich 100 Millionen Aktien-Spams den Posteingang amerikanischer Internetnutzer.
|