Elektrofahrzeuge (EVs) werden in Europa immer beliebter. Im zweiten Quartal 2021 entfielen 7,5 Prozent aller Neuzulassungen von Fahrzeugen in Europa auf Elektrofahrzeuge. Ein Jahr zuvor lag die Quote mit 3,5 Prozent bei weniger als der Hälfte. Das sind die aktuellen Zahlen der European Automobile Manufacturers Association (ACEA). Die europäische Produktion bleibt jedoch stark von Importen abhängig. Lithium, der für die Batterieherstellung wesentliche natürliche Rohstoff, wird fast nur in China konditioniert und zu Batteriezellen verarbeitet.
Das könnte sich ändern, wenn die erste Lithium-Fabrik in Europa gebaut ist. Das von der kanadischen Rock Tech Lithium Inc. geplante Bauprojekt soll neue Nachhaltigkeitsstandards setzen. Das Unternehmen behauptet, dass es der erste Lithiumhydroxid-Konverter seiner Art sein wird.
Rock Tech Lithium Inc. Ziel des Unternehmens mit Aktivitäten in Deutschland und Kanada ist es, die Automobilindustrie in etwa zwei Jahren mit Lithiumhydroxid zu beliefern. Dieser Stoff wird zur Herstellung von EV-Batterien benötigt, für die er in Konvertern konditioniert und fertiggestellt wird. Ein angemessener Teil des benötigten Lithiums soll aus Georgia Lake in Kanada bezogen werden. Rock Tech plant den Aufbau von fünf Standorten in Deutschland, Osteuropa und eventuell auch in Kanada. Der Firmensitz befindet sich in Vancouver.
Brandenburg wird Europas erster Anbieter von Lithiumhydroxid Der geplante Standort des Konverters ist im brandenburgischen Guben, die Inbetriebnahme ist bereits für 2024 geplant. Das Unternehmen hatte das Bauvorhaben im Oktober 2021 angekündigt und dafür zwölf Hektar Land im Industriegebiet Guben Süd reserviert. Ausschlaggebend für die Entscheidung zugunsten Brandenburgs waren laut Rock Tech vor allem die bereits vorhandene gute Infrastruktur und die Anbindung an das Schienennetz. Bisher wurde die erste Teilgenehmigung erteilt, zwei weitere Genehmigungen sollen noch vor Jahresende folgen.
Standort im Industriegebiet Guben Süd, Quelle: Google Earth Rock Tech gibt an, dass das Bauprojekt eine Gesamtinvestition von rund 500 Millionen Euro nach sich ziehen wird. Geplant ist eine anfängliche Lebensdauer von 25 Jahren und eine Belegschaft von 160. Nach Fertigstellung wird eine Jahresproduktion von insgesamt 24.000 Tonnen erwartet, genug Lithiumhydroxid, um 500.000 Elektrofahrzeuge in Europa anzutreiben. Jörg Steinbach, Brandenburgischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie, sieht den Bau des Konverters als wichtig für Brandenburg und Europa an:
Mit Rock Tech Lithium stärken wir unsere Position als zukünftiger EV-Hub in Europa. In Brandenburg wird künftig die gesamte Wertschöpfungskette angesiedelt sein, von der Rohstoffverarbeitung über die Batterie- und Zellproduktion bis hin zur EV-Fertigung und dem Batterierecycling. Jörg Steinbach, Brandenburgischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie Wissenschaftler wollen Lithium aus dem Meer fischen Weiterlesen Motor der Mobilitäts- und Energiewende Die vom Konverter produzierte Menge an Lithiumhydroxid wäre angesichts der ständig steigenden Nachfrage nach dem Rohstoff für Europa sehr wichtig. Laut Europäischer Kommission wird die zur Herstellung von Elektrofahrzeugbatterien benötigte Lithiummenge bis 2030 auf über 700 Kilotonnen steigen – mehr als das Doppelte des derzeitigen Marktvolumens. Bis 2050 dürfte die Nachfrage um das 60-fache gestiegen sein. Umso wichtiger sei es für Europa, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, so die Kommission, da dies die Energie- und Mobilitätswende in der EU autonomer machen würde.
Die Welt braucht Batterien
Weltweit erster Konverter seiner Art Doch kann der geplante Standort in Guben durch die Abdeckung der gesamten Wertschöpfungskette mehr leisten, als die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren? Rock Tech unterstreicht, dass Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit von Anfang an im Vordergrund standen. Das Unternehmen beabsichtigt, die Anlage mit erneuerbarer Energie zu betreiben.
Das Unternehmen gibt weiter an, dass eines der Hauptziele darüber hinaus darin besteht, einen geschlossenen Marktkreislauf zu etablieren, da Lithium ein immer knapper werdender Rohstoff wird. Deshalb will Rock Tech das Lithium-Recycling in die Wertschöpfungskette integrieren. Das Konzept sieht vor, das Lithium nach Ablauf der Batterielebensdauer wieder aufzubereiten und den Rohstoff erneut zu verwenden.
Laut Rock Tech Inc Sprecher Wolfgang Böhm, vor diesem Hintergrund wird die Anlage ständig weiterentwickelt und ausgebaut. Ein weiteres Ziel ist es, bis 2030 etwa 50 Prozent recycelte Rohstoffe zu verwenden. Dadurch würde die Notwendigkeit reduziert, neues Lithium abzubauen. Im Vergleich dazu wird derzeit nur ein mageres Prozent des weltweit verwendeten Lithiums recycelt.
Darüber hinaus gab das Unternehmen im März 2022 bekannt, dass es sich mit dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT und der Circulor Ltd. zusammenschließen wird. Rock Tech erwartet von diesen Partnern Unterstützung bei der Optimierung bereits geplanter Prozesse und der Energieeinsparung Verbrauch. Darüber hinaus werden sowohl die Lithium- als auch die Kohlendioxidemissionen bei Rock Tech von Beginn der Wertschöpfungskette an für Rock Tech verfolgt. Durch die Dokumentation will das Unternehmen Transparenz schaffen. Käufer des Lithiumhydroxids können Informationen über die Herkunft und den ökologischen Fußabdruck des Rohstoffs abrufen – und zwar in Echtzeit.
Energiewende zur Steigerung der Nachfrage nach Schlüsselmineralien Weiterlesen Nebenprodukte verwerten Der Prozess zur Gewinnung von Lithiumhydroxid erzeugt jedoch mehrere Nebenprodukte, die nicht verwendet werden können, es sei denn, sie werden modifiziert. Im Rahmen der von Rock Tech in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Lithium-Institut ITEL erarbeiteten Zero-Waste-Strategie sollen diese zum Einsatz kommen. Laut einer technischen Studie von Wave International Pty. für Rock Tech fällt bei der chemischen Reaktion neben Gips, Natriumsulfat und Zero Liquid Discharge (ZLD) als Nebenprodukt vor allem Aluminiumoxidsilikat (260.000 metrische Tonnen) an Tonnen pro Jahr). Dieser Stoff eignet sich besonders gut für den Bau, ein Sektor, in dem Rock Tech bereits nach potenziellen Käufern sucht.
Lithium bleibt vorerst ein importierter Rohstoff Bis auf Weiteres wird der Rohstoff weiterhin aus Kanada und anderen Ländern importiert. Der Rückgriff auf lokale Ressourcen ist jedoch eine Option, die nicht ausgeschlossen werden kann. Deshalb wolle das Unternehmen seinen ökologischen Fußabdruck so schnell wie möglich reduzieren, sagt Böhm. Schließlich ist der Abbau von Lithium umweltschädlich. Wie im en:former berichtet, verursacht der herkömmliche Lithiumabbau Kohlendioxidemissionen und verbraucht viel Wasser. Letzteres gilt nicht zuletzt für Regionen, die von Wasserknappheit geplagt sind.
Wolfgang Böhm weist weiter darauf hin, dass das Unternehmen grundsätzlich daran interessiert sei, auf lokale Ressourcen zurückzugreifen, vor allem da in Deutschland mehrere Vorkommen entdeckt wurden. So enthält das sächsische Erzgebirge, wie en:former berichtet, geschätzte 125.000 Tonnen Lithiummetall, genug, um mehrere Millionen Elektrofahrzeuge herzustellen. Darüber hinaus wäre der Abbau vor Ort nach europäischen Vorschriften und Umweltstandards erlaubt. Dies würde zu einer verbesserten Umweltverträglichkeit und einer erhöhten Nachhaltigkeit führen. Der Abbau kann jedoch erst 2025 beginnen.
https://www.en-former.com/en/...hium-factory-banks-on-sustainability/
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