Aktie von Reinecke & Pohl fällt durch
13. November 2006 Anleger handeln immer wieder irrational. Das läßt sich praktisch schon seit Jahrhunderten an immer wieder auftretenden Kurs- und Bewertungsblasen mit nachfolgenden Einbrüchen ablesen. Angefangen von der Tulpenspekulation, über den Eisenbahnwahn zum Beginn des vergangenen Jahrhunderts bis hin zur Internethype an der Nasdaq und am Neuen Markt.
In jüngster Zeit ließ und läst sich die Serie fortsetzen mit der Entwicklung im Nano-, Immobilien-, Windkraft- oder auch im Solarbereich. Haben sich die Anleger erst einmal von einer allgemein um sich greifenden Euphorie erfassen lassen, so scheinen sie für rationale Argumente kaum noch zugänglich zu sein.
Aktienkurs: Zuerst die Euphorie und dann die Ernüchterung
So wurden vergangenen Jahr im Rahmen der allgemeinen Solarhype auch die Aktie von Reinecke & Pohl praktisch von Null auf bis zu 26,5 Euro hochgetrieben, obwohl das Unternehmen als hersteller-unabhängiger Systemanbieter lediglich Photovoltaik-Anlagen plant, erstellt und diese schlüsselfertig an institutionelle oder private Investoren veräußert. Dabei ließ sich schon von Anfang an kritisch fragen, wo denn der kompetitive Vorteil des Unternehmens liegen sollte.
Kam es bei den Werten der Branche im Mai des laufenden Jahres zunächst zu einer Konsolidierung, so fiel sie bei der Aktie von Reinecke & Pohl besonders deutlich aus. Die Aktie ging in einen Abwärtstrend über und fiel im Oktober nach einer ersten Umsatz- und Gewinnwarnung förmlich durch. „Die Reinecke + Pohl Sun Energy AG wird die vom Vorstand gesteckten Umsatz- und Ergebnisziele für das Geschäftsjahr 2006 nicht erreichen können. Die Gründe für das Verfehlen der Prognosen liegen insbesondere in veränderten Marktbedingungen, die den Absatz von Photovoltaik-Anlagen erschwerten. Die Gesellschaft ging bisher davon aus, im zweiten Halbjahr des Geschäftsjahrs die Umsätze der ersten sechs Monate mehr als zu verdoppeln. Dies ist unter anderem aufgrund der unter der Erwartung liegenden Nachfrage für kristalline Photovoltaik-Anlagen im Inland nicht mehr realistisch,“ hieß es am 20. Oktober. Die Aktie verlor daraufhin innerhalb weniger Tage rund 45 Prozent ihres Wertes.
Am Montag dem 13. November setzt sich diese Entwicklung fort. Die Aktie verliert im frühen Handel knapp 27 Prozent ihres Wertes auf zuletzt 4,5 Euro. „Die Reinecke & Pohl Sun Energy AG hat in den ersten drei Quartalen des laufenden Geschäftsjahrs einen Umsatz von 38,8 Millionen Euro erzielt. Damit bleibt der auf die Projektierung schlüsselfertiger Solaranlagen spezialisierte Konzern unter seinen eigenen Planungen. Die Gesellschaft konnte im Neunmonats-Zeitraum bis zum 30.09.2006 mit minus 3,8 Millionen Euro kein positives operatives Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) erwirtschaften. Gründe für das unter den Erwartungen liegende Ergebnis sind insbesondere der Nachfragerückgang bei kristallinen Photovoltaik-Modulen, eine zu hohe Kostenbasis sowie Abschreibungen auf Projekte,“ hatte das Unternehmen mitgeteilt.
Verluste und buchtechnische Unregelmäßigkeiten sprechen für sich
Die von den beiden Vorständen beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young habe außerdem festgestellt, daß es im zweiten Quartal 2006 zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei: Zum einen seien in Höhe von 1,7 Millionen Euro Umsätze verbucht worden, obwohl entsprechende Aufträge nicht erteilt worden waren. Zum anderen mußten infolge von Rechnungslegungsfehlern weitere bislang ausgewiesene Umsätze in Höhe von 3,2 Millionen Euro korrigiert werden. Vor dem Hintergrund der unbefriedigenden Umsatz- und Erlössituation habe der Vorstandssprecher der Gesellschaft, Herr Schulz-Colmant, im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat sein Vorstandsamt mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Gleichzeitig wurde Herr Thorsten Preugschas, Geschäftsführer der RPSE-Tochtergesellschaft Maaß Regenerative Energien GmbH, vom Aufsichtsrat zum weiteren Vorstand der Gesellschaft bestellt, hieß es weiter.
Auf Basis der aktuellen Planung geht der Vorstand nunmehr von einem Konzernumsatz von 58,1 Millionen Euro und einem Ebit in Höhe von minus 3,8 Millionen für das Geschäftsjahr 2006 aus. Das ist deutlich. Der Vorstand hat zwar einen Restrukturierungsplan erarbeitet, der kurzfristig umgesetzt werden soll. Gleichzeitig geht Gesellschaft von einem positiven Ergebnis für das kommende Geschäftsjahr aus. Wie wäre es anders zu erwarten. Faktisch dürfte sich die Aktie keinesfalls aufdrängen. Denn daß sowohl das Geschäftsmodell als auch die operative Umsetzung geben Anlaß zur Skepsis.
|