Für mich erschließt sich überhaupt nicht, warum es für die deutschen Premium-Hersteller notwendig oder sinnvoll sein sollte, in großem Stil in die Zellfertigung einzusteigen. Das ist weder ihr Kompetenzbereich noch muss er es sein. Wie weiter oben im Thread von anderen Teilnehmern bemerkt, haben die asiatischen Hersteller hier eine extrem starke Position. In China ist eine ganze Reihe neuer Fabriken im Bau. Es erscheint mir sehr unrealistisch anzunehmen, dass man deren Preise durch eine Fertigung in Deutschland im großen Stil unterbieten könnte. Asien verfügt hier, wie auch in der Solarbranche, über enorme komparative Vorteile. Es ist strategisch sinnvoll, auf eine eigene Zellfertigung zu verzichten und stattdessen bei den erfolgreichsten asiatischen Herstellern einzukaufen, ggf. mit langfristig abgesicherten Lieferverträgen. Tatsächlich geht der Branchentrend seit Jahrzehnten weg von der vertikalen Integration: Viele der deutschen Hersteller beziehen ihre Getriebe z. B. von ZF Friedrichshafen und verkaufen andererseits Motoren auch an andere Hersteller weiter. Dieser Trend ist intakt und scheint sich eher noch zu verstärken. Ganze Plattformen werden gemeinsam genutzt (Mercedes Pickup auf Toyota-Basis usw. usw.), die Zulieferer übernehmen immer mehr. Dass nun ausgerechnet ein kleines Startup ohne nennenswerte Fertigungserfahrung glaubt, die großen etablierten Unternehmen durch vertikale Integration und radikale Massenfertigung schlagen zu können, ist erstaunlich. Ist es wahrscheinlich, dass Tesla mit der Zellfertigung in den USA trotz eines starken Dollars die asiatischen Hersteller langfristig signifikant unterbieten kann? Ich hätte Tesla eher Erfolg zugetraut, wenn man alle Energie auf die Entwicklung überlegener Premium-Fahrzeuge konzentriert und die Komponentenfertigung so weit wie möglich Zulieferern überlassen hätte – jeweils demjenigen, der die besten, innovativsten oder preiswertesten bereitstellen kann. Auch hier noch mal ein Hinweis auf den Branchentrend: Die höchsten Margen in der Branche werden nicht aufgrund effizienterer Fertigung, sondern durch Bildung starker Marken erzielt. Dies trifft sogar auch auf Tesla zu – umso mehr wundert es mich, dass Tesla nun anscheinend nicht mehr versucht, der „Mercedes unter den Elektrofahrzeugen“ zu werden, sondern eher der Ford: Für Model 3 und Y gilt offenbar die Devise: einfachste Ausstattung, hocheffiziente Massenfertigung. Man bemüht sich regelmäßig, die Gemeinsamkeiten von Apple und Tesla herauszustellen. Verblüffend: Apple ist doch gerade die Firma, die ihren Erfolg der Konzentration auf die Entwicklungs- und Vermarktungskompetenz zu verdanken hat. Mit der Fertigung hat sich Apple nie die Finger schmutzig gemacht. Es war Nokia, das seine Werke selbst betrieben hat und damit gescheitert ist – die eigene Fertigung bindet Kapital und geht auf Kosten der Beweglichkeit. Bei Tesla besteht für mich der Verdacht, dass die Entscheidung für die dem Branchentrend widersprechende vertikale Integration eine Art Flucht nach vorne darstellt, da die Entwicklungs- und Vermarktungskompetenz anders als bei Apple bisher nicht in Gewinne umgesetzt werden konnte. Der Einsatz wird immer weiter erhöht, um den Tag der Abrechnung in die Zukunft zu verlagern.
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