Noch kann zwar nicht von einer Isolation gesprochen werden, die Glaubwürdigkeit der USA leidet derzeit doch erheblich: Zunächst ging es gegen den Terror, dann wurde die Achse des Bösen definiert, dann will man den Irak entwaffnen, dann Hussein entmachten, nun will man den Irak militärisch kontrollieren, mit einer zivilen US-Verwaltungsregierung, womit man die prowestliche irakische Opposition verprellt. Richtig glaubhaft wirkt die amerikanische Politik derzeit also nun wirklich nicht, die geostrategischen Interessen schimmern doch zunehmend durch. Ist man sich dann noch dessen bewusst, dass Saddam Hussein ehemals von der CIA hochgerüstet und als Freund Amerikas – getreu dem Motto, der Feind meines Feindes ist mein Freund – gegen den Iran (der damals größere Feind) losgelassen wurde, wobei es mehrere Mio Opfer zu beklagen gab, sollte der langfristige Erfolg der amerikanischen Außenpolitik doch skeptisch hinterfragt werden. Auch El Kaida-Chef Bin Laden wurde im Kampf gegen Russland einstmals von Amerika mit Geld, Waffen und Know How ausgestattet, um gegen das Afghanistan okkupierende Russland, den damals größeren Feind der USA, zu kämpfen. Dass beispielsweise der jetzige afghanische Präsident Karsai vor 20 Jahren offizieller Interessenvertreter der amerikanischen Ölindustrie in Afghanistan war, sagt so manches aus – Wiedersehen macht schließlich Freude. Andererseits muss natürlich auch hinterfragt werden, was denn wäre, wenn Hussein heute Atomwaffen besäße, was wiederum garantiert der Fall gewesen wäre, hätten die Amerikaner die irakischen Atomprogramme nicht bereits früher in Verbindung mit den UN-Waffenkontrolleuren gestoppt – Pjöng Yang und Kim Yong Il lassen grüßen. Keine Frage, die interessengesteuerte Außenpolitik Amerikas mit dem sprichwörtlichen Elefant im Porzellanladen zu vergleichen, ist noch schmeichelhaft. Allerdings hat sie auch dafür gesorgt, dass Deutschland nicht zu einem kommunistischen Satellitenstaat degradiert wurde. Dass aber Terrorchef Bin Laden und Schreckensdespot Hussein eine derartige Machtposition erlangen konnten, ist maßgeblich auf das ehemalige Protektorat der USA zurückzuführen. Jetzt muss man Krieg führen, um diesen Fehler zu beheben. Jetzt wird man die Geister, die man einst rief, nicht mehr los. Wir glauben zwar an eine gewisse Notwendigkeit der militärischen Entmachtung Husseins und stehen vor diesem Hintergrund in gewisser Weise hinter George Bush, gleichzeitig ist uns dabei aber das Saubermann-Image der USA bzw. deren scheinheilige Begründung für diesen potentiellen Krieg zuwider. Allerdings, Außenpolitik ist niemals schwarz/weiß. Jeder normal denkende Mensch würde sicherlich lieber in den USA leben, wo man seine Meinung frei vertreten darf und nicht von Tod und Folter bedroht ist wie im Irak oder in Nordkorea. Auch dies sollte man sich bewusst machen. Dennoch – dieser Krieg ist notwendig, weil die USA früher eklatante Fehler in ihrer interventionistischen Außenpolitik zu verantworten haben. Ohne die frühere US-Unterstützung gäbe es keine El Qaida und auch keinen Hussein in ihrer heutigen Machtausprägung, soviel steht fest. Wirtschaftliche Interessen wie die der US-Arbeitsplatzgeber Nummer 1, die Öl/Energie/Rohstoff- und Rüstungsindustrie, mögen hierbei eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Die meisten der nach Irak gelieferten Waffensysteme und Rüstungstechnologien stammen schließlich aus den USA und auch aus Deutschland – oh du scheinheilige Welt ... (Reinhard Schlieker berichtet als Börsenreporter regelmäßig für das ZDF heute-Journal)
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