15. November 2007, 04:00 Uhr Von Daniel Eckert Und Holger Zschäpitz US-Wahl macht Hoffnung auf gutes Börsenjahr Die zwölf Monate vor dem Urnengang versprechen Kurgewinne - Investments für jedermann
Berlin - Wenn Anleger dieser Tage auf die Wall Street blicken, denken sie an Hypothekenkrise, Rezessionsfurcht und Börsenachterbahn. Denn das sind die Themen, die alles andere überstrahlen. Dabei täten die Investoren gut daran, ihre Aufmerksamkeit zur Abwechslung mal auf das Ereignis des Jahres 2008 zu richten: die amerikanische Präsidentschaftswahl, die in knapp einem Jahr, nämlich am 4. November 2008, ansteht.
Anders als es der Anlegermund wissen will, haben politische Börsen nicht immer kurze Beine, zumindest wenn es sich um den vielleicht wichtigsten Urnengang der Welt handelt. Nicht nur, dass der US-Präsident weitreichende Entscheidungsgewalt hat, angefangenen bei der Steuerpolitik über Handelsfragen bis hin zu regulatorischen Eingriffen in die Wirtschaft. Darüber hinaus hat er ein entscheidendes Wörtchen mitzureden bei der Besetzung des Chefpostens bei der US-Notenbank (Fed).
Wie bestimmend die Wahl für die Wall Street ist, lässt sich allein daran ablesen, dass sich über die Jahrzehnte ein regelrechter Präsidentschaftszyklus an den Börsen herausgebildet hat. Danach verlaufen die ersten beiden Jahre einer jeden Amtszeit im Weißen Haus unterdurchschnittlich, während in der zweiten Halbzeit die Märkte brummen. Die Statistik spricht eine deutliche Sprache: Seit 1900 verzeichnete der marktbreite S&P500 im Jahr vor der großen Wahl ein durchschnittliches Plus 11,6 Prozent, im Wahljahr betrug das Plus im Mittel 9,3 Prozent. In den beiden Jahren nach dem Urnengang ist hingegen lediglich mit einer Performance von 3,5 und 3,6 Prozent zu rechnen.
Dieses überraschend stabile Muster erklärt sich aus dem traditionellen Rhythmus demokratischer Systeme: Am Anfang einer jeden Regierungsperiode werden die Zumutungen für Verbraucher und Unternehmen verkündet, die die Stimmung belasten. Dazu gehören Steuererhöhungen ebenso wie Subven-tionskürzungen oder sonstige Einschränkungen der Staatsausgaben. Rückt das nächste Plebiszit näher, geben sich die Mächtigen hingegen wieder von der ihrer spendablen Seite: Sie verkünden Investitionsprogramme, verteilen fiskalische Wohltaten und machen auf gute Stimmung. Gerade für einen Amtsinhaber, der wiedergewählt werden will, ist eine schwache Börse eine denkbar schlechte Voraussetzung, da der Aktienmarkt für den Wohlstand der Amerikaner eine maßgebliche Rolle spielt. Statistiken zufolge sind 60 Prozent der US-Bürger direkt oder indirekt an Dividendenpapieren beteiligt.
Ganz so eindeutig ist die Lage in diesem Jahr nicht. Zum ersten Mal seit 80 Jahren stellt sich weder ein Präsident noch ein Vizepräsident zur Wiederwahl. "Angesichts dieser Sondersituation halte ich es für möglich, dass der Zyklus diesmal nicht ganz so stark ausgeprägt ist", sagt Tobias Levkovich, Stratege bei der Citigroup in New York. Dies gelte umso mehr, als selten in der US-Geschichte ein Jahr vor dem Urnengang noch so viel Unklarheit über Kandidaten und Programme geherrscht habe.
Trotz dieser Unwägbarkeiten, die zu den Auswirkungen der US-Immobilienkrise hinzukommen, kann sich eine Wahl-Wette durchaus lohnen. Schließlich haben sich die Märkte in den vergangenen Jahren weitgehend an den Zyklus gehalten. Für 2007 bleiben sogar noch vier bis fünf Prozent Potenzial, und 2008 ist laut Statistik mit zweistelligen Zuwächsen zu rechnen.
Wer nur auf den Vorwahl-Boom setzen will, ist mit breit aufgestellten US-Fonds gut positioniert. Wagemutigere Investoren wetten mit zwei neu an den Mark gekommenen Zertifikaten der Deutschen Bank auf den Sieger des Urnengangs. Das Demokraten Zertifikat vereinigt Werte, die von einem Triumph der jetzigen Opposition profitieren, darunter der Baukonzern Insteel und der Bildungsspezialist DeVry, die auf höhere Investitionen im Infrastruktur- und Hochschulbereich hoffen können, wenn Hillary Clinton gewinnt. Im Republikaner-Zertifikat finden sich hingegen klassische Industrie-, Öl- und Pharmakonzerne wie Halliburton, Exxon und Merck & Co.
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