Schmerzpflaster Duragesic auch in Deutschland verkauft Todesfälle alarmieren Arzneimittel-Behörden Von Siegfried Hofmann, Handelsblatt Die Todesfälle in Zusammenhang mit dem Schmerzpflaster Duragesic des US-Konzerns Johnson & Johnson haben auch die deutschen Aufsichtsbehörden auf den Plan gerufen.
sfh FRANKFURT. Ein Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sagte, die Behörde werde die Berichte über Nebenwirkungen genau analysieren. Entsprechende Maßnahmen seien jedoch noch nicht ergriffen worden. Die Zahl der Missbrauchsfälle sei in Deutschland deutlich niedriger als in den USA.
Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte nach Berichten über 120 Todesfälle nach Anwendung von Duragesic eine offizielle Untersuchung angeordnet. Vorrangig geht es um Missbrauch und Fehlanwendung des Mittels. Die FDA warnt vor einer Über- oder Fehldosierung des Mittels. Vor wenigen Wochen bereits musste Johnson & Johnson die Warnhinweise auf dem Beipackzettel verschärfen.
In Deutschland verordneten Ärzte das Schmerzpflaster im vergangenen Jahr mehr als 1,2 Millionen Mal. Es ist seit 15 Jahren auf dem Markt. Das Medikament enthält den Wirkstoff Fetanyl, ein Opioid, das ursprünglich bei starken chronischen Schmerzen verschrieben wurde. In jüngster Zeit wird es zunehmend auch bei anderen Beschwerden wie etwa Rückenschmerzen verschrieben.
Die Umsätze von Johnson & Johnson mit Duragesic sind deshalb in den vorigen Jahren kräftig gestiegen, auf weltweit gut zwei Mrd. Dollar in 2004. Dennoch gilt es als unwahrscheinlich, dass der Fall finanziell eine ähnliche Dimension annehmen könnte wie der Skandal um Vioxx und andere Wirkstoffe aus der Klasse der Cox-2-Schmerzmittel. Die Aktie von Johnson & Johnson notierte gestern nahezu unverändert.
Mit der Untersuchung der FDA ist nach den Fällen Vioxx und Celebrex nun ein weiteres umsatzstarkes Schmerzmittel ins Visier der Aufsichtsbehörden geraten. Branchenkenner sehen die Entwicklung als weiteren Beleg für die wachsende Vorsicht der amerikanischen Zulassungsbehörde. Die FDA hat die Vorsichtsmaßnahmen deutlich erhöht: Im ersten Quartal 2005 forderte sie in 38 Fällen die Hersteller auf, eine explizite Gefahrenwarnung auf ihre Packungen zu drucken. Im Gesamtjahr 2004 hatte sie dies nur 32 Mal verlangt, 2003 gar nur 20 Mal.
Der FDA wurde im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit dem Fall Vioxx vorgeworfen, nicht schnell genug gehandelt zu haben. Dieses Schmerzmedikament hatte der US-Pharmakonzern Merck & Co im September 2004 vom Markt genommen, nachdem Studien ein erhöhtes Herzinfarktrisiko für Patienten nachgewiesen hatten. Vioxx hat als Cox-2-Blocker allerdings ein ganz anderes Wirkungsprinzip als Duragesic.
Johnson & Johnson-Chef William Weldon will der Patientensicherheit nun oberste Priorität einräumen. Bei sachgemäßem Einsatz biete Duragesic eine effektive Behandlung für Patienten, bei denen weniger starke Medikamente nicht wirkten, teilte der Konzern mit. Betroffen ist neben Johnson & Johnson auch der amerikanische Generikahersteller Mylan, der eine Nachahmerversion vermarktet.
HANDELSBLATT, Dienstag, 19. Juli 2005, 07:23 Uhr
|