"...aber die Bedingung dafür, dass spezifische Programme aktiv werden und entsprechende Manifestationen hervorbringen können, sind die Anforderungen aus der Aussenwelt."
Klar, wenn ein Albert Einstein z.B groß würde, wie ein Kaspar Hauser, dann dürfte er wohl kein Albert Einstein werden. ;-)
Grundsätzlich gilt bei solchen Betrachtungen dabei folgender Grundsatz: Je homogener das äußere Umfeld und die Lebensbedingungen sind, um so mehr spielen die Gene bei der Manifestation von Unterschieden eine Rolle und andersherum.
Deine Überlegung, dass Untersuchungen, zu wie viel Prozent die Gene am Ende eine Rolle spielen, über die neuen epigenetischen Erkenntnisse über potenzielle Genschalter keinen Sinn mehr ergäben, halte ich allerdings nicht für zutreffend.
Ich sehe zwar Deinen Punkt, aber die theoretische Möglichkeit, bestimmte Gene hemmen oder verstärken oder an- und abschalten zu können, sagt dann z.B. noch nichts über die tatsächliche praktische Relevanz aus, in der das beim jeweiligen Gegenstand der Untersuchung dann auch tatsächlich geschieht.
Man liest z.B. immer wieder, dass Ernährung und Bewegung einen großen Einfluss darauf hätten, wie und ob bestimmte Gene aktiviert werden können, die Ausprägung bestimmter Krankheiten soll damit z.B. tendenziell unterdrückt werden können.
Je nachdem, um welche Krankheit es dann aber geht, wird der Einfluss einer entsprechenden Lebensweise gegenüber der grundsätzlichen genetischen Disposition dabei unterschiedlich groß sein, wobei diese epigenetischen Faktoren im Grunde nach wie vor unter Umwelteinflüssen erfasst werden können.
Bei einer genetischen Veranlagung zu Bluthochdruck, mag die Relevanz und Wirksamkeit von Ernährung und Bewegung z.B sehr hoch, bei einer genetischen Veranlagung zu Brustkrebs hingegen sehr niedrig sein.
Die Relevanz von epigenetischen Umweltfaktoren und Lebensweisen gegenüber genetischen Einflüssen ist eben nicht bei allen Merkmalen dieselbe. Daher machen solche Untersuchungen auch selbstverständlich nach wie vor großen Sinn.
Um dabei zu sinnvollen prozentualen Schätzungen zu gelangen, wird beim Aufbau der Studien häufig auf die Betrachtung von Unterschieden zwischen eineiigen und zweieiigen Zwillingen im Intrapaarvergleich zurückgegriffen, und es ist nicht einzusehen, weshalb die Ergebnisse dieser Studien über die Bedeutung epigenetischer Umwelteinflüsse plötzlich gegenstandslos geworden sein sollten.
Auch wenn diese in den Studien nicht im Einzelnen herausgefischt und bezeichnet werden, so wird dessen Wirkung auf die Ausprägung bestimmter Merkmale ja implizit mit umfasst und lässt sich auch gar nicht weglassen, zumal sie ja tatsächlich auf die Ausprägung einwirken.
Dort, wo der Einfluss der persönlichen Lebensweise auf die Hemmung oder Verstärkung bestimmter Geninformationen besonders hoch oder niedrig ist, wird sich das in vergleichenden Zwillingsstudien eben auch entsprechend bemerkbar machen.
Insofern finde ich Einwände, dass solche Betrachtungen über die neueren epigenetischen Erkenntnisse obsolet geworden sein, nicht wirklich überzeugend.
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