07.04.2011 Bedeutungsverlust: Gefährlicher Stillstand bei Nokia - Financial Times Deutschland Der finnische Mobiltelefonherstelle hat den Trend zu attraktiver Handysoftware komplett verschlafen. Das längst überholte Betriebssystems Symbian anzubieten ist ein Offenbarungseid. Nokia ist in Gefahr. Der Handy-Marktführer Nokia hatte lange Zeit nur verächtliche Worte übrig für die Konkurrenz, die auf das Betriebssystem Google Android setzte. Der ehemalige Konzernchef Anssi Vanjoki verglich sie kürzlich noch mit Jungs, die sich im Winter in die Hose machen, damit sie es kurz warm haben. Nun hat einer dieser Android-Hersteller den finnischen Konzern - um mit Vanjoki zu sprechen - ziemlich nass gemacht: Das vergleichsweise junge taiwanische Unternehmen HTC ist, gemessen an der Marktkapitalisierung, inzwischen mehr wert als der einstige Branchenriese. Für die Finnen ist das dramatisch. Denn die Wachablösung signalisiert, dass die Investoren Nokia nicht mehr allzu viel zutrauen. Zwar verkauft der Konzern immer noch weitaus mehr Handys als andere. Doch im wichtigsten Segment, den Smartphones, hat Nokia entscheidende Entwicklungen verpasst. Und nichts deutet darauf hin, dass es diesen Rückstand so schnell aufholt. Im Gegenteil. Es ist schlicht uncool, ein Gerät mit dem überholten Betriebssystem eines abgehängten Herstellers zu kaufen. Nokia hat sich zu lange darauf ausgeruht, dass es für das Design und die Technik seiner Geräte gelobt wurde. Denn wichtiger als die Hardware ist für viele Kunden inzwischen die Software. Neben der Benutzerfreundlichkeit des Betriebssystems zählt, wie gut es sich durch Apps, kleine Zusatzprogramme, erweitern lässt. Das ist der Hauptgrund, warum das iPhone von Apple sowie Geräte mit dem Android-System inzwischen den Markt dominieren - wovon der Android-Spezialist HTC profitiert. Diesen Trend hat Nokia verschlafen. Und als der Konzern endlich aufwachte, hat er sich nur halbherzig daran gemacht, sein Defizit zu beheben. Die Arbeit mit Intel an einem eigenen System namens Meego hat letztlich ebenso wenig eingebracht wie jüngst die Verbrüderung mit Microsoft . Sowohl der Softwareriese als auch die Finnen haben zwar eigentlich zusammen genügend kreative Köpfe und Geld, um ein Comeback zu schaffen. Das hilft wenig, wenn Windows Phone 7 auf Nokia-Geräten frühestens 2012 läuft. Dass die Finnen bis dahin das längst überholte Symbian weiter nutzen, ist ein Offenbarungseid. Durch veraltete Produkte wird niemand Marktführer - erst recht nicht in einer derart innovationsabhängigen, schnellen Branche. Nokia muss sich daher dringend etwas einfallen lassen, um mit der Konkurrenz überhaupt mithalten zu können. Die Verwaltung des Stillstands reicht dafür nicht aus. Das Unternehmen braucht eine Idee, die den Markt aufmerken lässt und Nokia ein wenig von dem Image zurückgibt, das die Finnen einst hatten - und das Käufer wie Investoren anlockt. Allerdings ist derzeit kaum vorstellbar, wie die aussehen könnte. Das ist bedrohlich.
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