13.08.2010 12:21 Ein Sturm zieht auf Trügerische Solar-Gewinne Den reinen Quartalszahlen zufolge geht es der deutschen Solarindustrie blendend. Aber der Schein trügt. Am Horizont ziehen bereits die ersten Wolken herauf - Vorboten eines möglichen Konsolidierungsturms, der die deutschen Unternehmen erneut hart treffen könnte.
Deutsche Solarindustrie steht vor einem Umbruch. Experten erwarten eine Konsolidierung. Nischen- und Komplettanbieter sind dabei im Vorteil. (Foto: picture alliance / dpa)
Eigentlich müsste in der deutschen Solarbranche eitel Sonnenschein herrschen: Noch nie wurden so viele Solaranlagen installiert wie in der ersten Jahreshälfte, Absatz und Umsatz schnellten nach oben. Auch die Gewinne legten nach einem heftigen Einbruch im vergangenen Jahr wieder zu. Doch die gute Laune könnte schnell verfliegen und sich als kurzes Zwischenhoch vor dem nächsten Sturm erweisen: Branchenexperten gehen davon aus, dass die nächsten anderthalb Jahre darüber entscheiden, welches Unternehmen tatsächlich überlebt. Die deutschen Hersteller von Massenprodukten wie Zellen und Modulen drohen international den Anschluss zu verpassen. Darüber können nach Ansicht von Analysten auch die verbesserten Zahlen aus dem zweiten Quartal kaum hinwegtäuschen. Jetzt räche sich, dass sich viele Hersteller aufgrund der vergleichsweise üppigen Förderung hierzulande viel zu lange auf den deutschen Markt konzentriert hätten, meint etwa der Solarexperte Hans Kühn von der Beratungsgesellschaft PRTM. China drängt auf den Markt Schon im vergangenen Jahr wurde die Branche kräftig durchgeschüttelt. Mit Macht drängten vor allem chinesische Unternehmen auf den Markt, der binnen weniger Wochen kippte. Konnten die deutschen Hersteller zuvor gar nicht genug liefern, wurden sie auf einmal ihre Produkte nicht mehr los. Die Folge war ein heftiger Preisverfall von mehr als 30 Prozent. Davon wurden die deutschen Solar-Pioniere kalt erwischt. Viele rutschten in die roten Zahlen, sie verloren dramatisch Marktanteile. Am heftigsten erwischte es von den großen Herstellern Q-Cells aus Sachsen-Anhalt. Das Unternehmen schrieb einen Milliardenverlust, musste 500 Leute entlassen und radikal umbauen. Inzwischen sucht das Unternehmen sein Heil in der Verlagerung der Produktion nach Malaysia. Und der Berliner Hersteller Solon konnte nur mit einer Staatsbürgschaft gerettet werden. Preisrutsch löst Ansturm aus Der Preisfall löste jedoch den derzeitigen Boom aus: Investitionen in Solaranlagen wurden dank der hohen Förderung extrem lukrativ. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres ging der Ansturm los, der sich in diesem Jahr trotz der Förderungskürzung fortsetzt und sogar weiter beschleunigt. Die hohe Nachfrage verschafft den Unternehmen eine Atempause, die Preise blieben zuletzt stabil. "Uns wurden die Module aus der Hand gerissen", beschreibt Conergy-Chef Dieter Ammer die Situation im zweiten Quartal. Erstmals seit der Beinahe-Pleite 2007 erzielte sein Unternehmen auch unter dem Strich wieder einen kleinen Gewinn. Auch Q-Cells kehrte wieder in den positiven Bereich zurück. Solarworld steigerte seinen Umsatz kräftig und konnte auch seine Gewinnmarge wieder etwas erhöhen. Problem mit der Rendite Doch von den zweistelligen Renditen ihrer chinesischen Konkurrenz sind sie weit entfernt. Richtig gute Geschäfte machen in Deutschland derzeit allein die Installateure, Spezialanbieter wie der Technikhersteller SMA Solar und die auf die Branche spezialisierten Maschinenbauer Manz, Centrotherm und Roth & Rau. Der Puffer für die deutschen Massenhersteller sei gering wenn es darum gehe, einen neuerlichen massiven Preisdruck zu verkraften, sagen Analysten. Zumal die Unternehmen immer noch teurer produzieren als ihre Konkurrenz aus dem Ausland. Die nächste Preisrunde wird zum Jahreswechsel erwartet, wenn die Solarförderung in Deutschland erneut sinkt. Vor allem kleine Firmen könnten angesichts des Innovationsdrucks in Schwierigkeiten geraten, warnt etwa der Vorstandschef von Bosch Solar, Holger von Hebel. Und auf den Heimatmarkt können sich die Hersteller dann womöglich nicht mehr verlassen. Nach Förderungskürzungen von zusammen mehr als 30 Prozent in den vorangegangenen zwölf Monaten befürchten viele Experten einen drastischen Nachfragerückgang im kommenden Jahr. Andere Märkte würden stärker in den Blick rücken. Doch um das Ausland haben sich viele deutsche Unternehmen lange nicht gekümmert. Nun versuchen sie, das Versäumte nachzuholen. Doch das machen die Chinesen auch.
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