Zur Person Wagenknecht: http://de.wikipedia.org/wiki/Sahra_Wagenknecht
Ich denke, sie bleibt im Herzen eine Kommunistin - erkennt aber notgedrungen, dass eine Marx´sche Revolution unter heutigen Verhältnissen nicht realisitisch ist und schwächt ihre Positionen ab. Daher fordert sie die Verstaatlichung von "Leistungen der Daseinsvorsorge wie Wohnen, Bildung, Gesundheit, Wasser- und Energieversorgung, Banken und Schlüsselindustrien" - und nicht aller Betriebe. Wobei man natürlich generell jedes Unternehmen als Schlüsselindustrie werten kann ;-)
Auch vertritt sie die Auffassung, Kapitalismus und Demokratie seien unvereinbar. Das sehe ich dann doch etwas anders. In den westlichen Demokratien ist sicherlich nicht alles in bester Ordnung, aber hier wird einfach ein Denkfehler begangen. Ich spare mal die Debatte um direkte und repräsentative Demokratie aus und gebe nur mal einen Hinweis: Im politischen System ist es möglich, dass zu zentralen Fragen, die einer kollektiv verbindlichen Entscheidung bedürfen, alle Bürger (oder deren Repräsentanten) befragt werden. Unternehmen als soziale Einheiten funktionieren aber über das Prinzip der Hierarchie, um Entscheidungen effizient zu produzieren und ihren Umweltanforderungen (Konkurrenz) gerecht zu werden. Die Tarifautonomie ermöglicht den Arbeitnehmern bereits in Form ihrer gewerkschaftlichen Vertretung eine Einflussnahme auf die grundsätzliche Unternehmenspolitik. Ein Unternehmen aber, in dem über jede (!) Frage demokratisch abgestimmt werden soll, wird an der inneren Trägheit und dem inneren Chaos zugrunde gehen. Flache Hierarchien eignen sich sicherlich in Unternehmen, um Innovationen zu generieren und kollektive Lernprozesse zu unterstützen, aber ohne letztendliche Führungsautorität wird kein Unternehmen effizient wirtschaften.
Dass die Produktionsmittel im Kapitalismus bei wenigen konzentriert sind und alle anderen ihre "Ware Arbeitskraft" verkaufen müssen, ist nunmal das Kennzeichen des Kapitalismus (Marx). Kann man gut finden, oder als Ausbeutung titulieren. Ändert aber nichts an der Realität. Und Venezuela und Kuba - beiden Staaten fühlt sich Frau Wagenknecht sehr verbunden - kann man sicherlich nicht als "lupenreine Demokratien", sondern mindestens (!) als autoritäre, gelenkte politische Systeme bezeichnen. Also: Kapitalismus und Demokratie sind sehr wohl vereinbar - Kapitalismus und Diktatur im Übrigen auch (China).
Zweiter Punkt: Auch mich treibt die Frage um, ob der Markt in einigen gesellschaftlichen Feldern nicht fehl am Platze ist und mehr Schaden als Nutzen stiftet (Bildungs-, Gesundheits- und Pflegesektor, Transportsektor, Energiesektor). Man muss solche Fragen aber besonnen diskutieren. Ich zitiere aus deinem obigen Posting:
"Die Ideee der Staatskontrolle bei Energieunternehmen ist jedenfalls auch in meinen Augen notwendig....ansionsten werden wir weiter gemolken... Eprimo hat mit eine neue Gasrechnung präsentiert......die Abschlagszahlung wurde mal eben um runde 20% angehoben........ Strom ist in D am teuersten....."
Hier werden zu schnell womöglich falsche Schlussfolgerungen gezogen. Warum ist der Strom denn so teuer? Er ist so teuer, weil wir ein Oligopol am Strommarkt haben, das aus vier Anbietern besteht. Die Strombörse ist ein Witz. Der Strom ist eben gerade deshalb so teuer, weil der Marktmechanismus (Konkurrenz) nicht zum Tragen kommen kann. Fehlentwicklungen, die sich gerade deshalb einstellen, weil kein effizienter Markt existiert, werden pauschal dem anonymen Markt vorgeworfen. Absurdes Theater. Vielleicht sollten wir, bevor in diesem Bereich nach einer Verstaatlichung rufen, erst einmal die Monopole zerschlagen und den Marktmechanismus wirken lassen. Der Staat ist selten der bessere Unternehmer. Warum sollten die Preise fallen, nur weil der Staat nun ein Energieunternehmen betreibt?
Aber prinzipiell bin ich sehr dafür - wie oben betont - in einzelnen Bereichen genau hinzuschauen, ob der Markt in einigen gesellschaftlichen Bereichen ausgehebelt werden sollte, wie vor allem in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Aber das ist ein anderes Thema.
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