(...aber nicht hyper-)
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14. Dezember 2007, 17:07 Uhr
Von Boris Kalnoky Türkei
Ein mysteriöser Besuch brachte Marco die Freiheit
Marco W. ist frei. Noch am Morgen herrschte Spannung in den Räumen des Gerichtsgebäudes in Antalya. Gerüchte und Informationen flirrten durch die Amtsstuben und Zimmer. Und was hatte der plötzliche Besuch des Europa-Abgeordneten und Unternehmers Vural Öger in der Zelle des deutschen Häftlings zu bedeuten?
Nicht nur in den Medien wurde an diesem Morgen über den Fall Marco W. geredet. Auch in den Amtszimmern des Gerichtsgebäudes in Antalya war der seit Ostern inhaftierte, 17-jährige Schüler aus Ülzen, dem sexueller Missbrauch einer minderjährigen Engländerin vorgeworfen wird, Thema des Tages. In einem Büro des Gerichts unterhalten sich zwei (nicht mit dem Prozess befasste) Richter über den Fall.
"Wir sollten ihn ziehen lassen", meint der eine, "was nützt denn der ganze Trubel und der Medienrummel". Sein Kollege widerpricht: Nein, erst müsse man ganz ordnungsgemäss alles recherchieren und alle Beweise sichten. Ein weiterer Kollege guckt rein – was ist denn nun, wird er freigelassen? Einer der Richter sieht ihn über die Brille hinweg an: "Wir gehen davon aus dass er heute aus der U-Haft entlassen wird." So zumindest habe er einen der beisitzenden Richter verstanden.
Im Flur vor dem Verhandlungszimmer wächst die Spannung. Für 9.30 Uhr war der Termin angesetzt, aber das Einzige was da beginnt ist ein langes Warten. Für Marcos Vater, der allein angereist ist, sind es sichtlich nervenzerreibende Stunden.
Immer deutlicher steht ihm die Anspannung ins Gesicht geschrieben, derweil kursieren bei den Journalisten Infos und Gerüchte – im deutschen Generalkonsulat, so heisst es, gehe man von einer Freilassung aus. Einige türkische Kollegen finden das nicht lustig – wissen da deutsche Diplomaten etwas, was sie gar nicht wissen können, wenn die Justiz unabhängig arbeitet? Gibt es einen politischen Deal hinter den Kulissen?
Dann ist da der bemerkenswerte Besuch des deutschtürkischen Unternehmers und Europa-Abgeordneten Vural Öger bei Marco W. im Gefängnis. Er habe sich nur über die Haftbedingungen informieren wollen, sagt Öger den Medien, aber auch sein Rechtsanwalt wird später im Gericht gesehen. All dies und das endlose Warten – immer deutlicher wird das Gefühl, dass sich da etwas zusammenbraut.
Und dann die späte Verhandlung – kaum eine Viertelstunde dauert sie, dann kommen die Anwälte wieder heraus. Über Inhaltliches sei nicht gesprochen worden, sagt Ömer Aycan, der Anwalt der Engländerin, nur über die "Methodologie".
Nanu?
Dabei gab es soviel Neues zu besprechen, die Zeugenaussage der Klägerin liegt endlich vor, auch ein neues Gutachten, es ist eines britische psychologische Expertise, die zu dem Schluss kommt (laut Aycan), das Mädchen sei vergewaltigt worden.
Über all das wird nicht geredet, und nun gibt es "Fünf Minuten Pause", während die Richter über eine einzige Frage beraten: Ob sie Marco W. aus der U-Haft entlassen, und unter welchen Bedingungen. Das klingt gut, fast so, als könnte dies der lang ersehnte Tag sein für Marco und seine Familie.
Nur eine Minute dauert die Pause dann, alles hechtet in den Saal, und gleich darauf wieder heraus. Nun ist es entschieden: Frei! Marcos Vater stehen Tränen in den Augen, man fällt sich in die Arme, und dann wird zuallererst das Handy gezückt.
Im Prozess selbst ist freilich kein Urteil gefallen. Er wird vertagt, auf dem 1. April 2008. Bis dahin ist Marco nicht nur frei, sondern darf auch das Land verlassen – und nun spekulieren die Journalisten, was es mit dem Öger-Besuch auf sich hatte, gab es eine Garantie der Bundesregierung, Marco in die Türkei zurückzuschicken, sollte er verurteilt werden?
Aycan kündigt derweil an, er wolle Einspruch einlegen gegen Marcos Freilassung. Das spielt für den Schüler keine Rolle mehr – bis dahin ist er längst in Deutschland, rechtzeitig vor Weihnachten, und dann kann reden, wer will. ----------- MfG kiiwiipedia
...nochmal ein Würstchen ?
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