Gute Nachrichten auf Bestellung Das US-Militär soll irakische Zeitungen heimlich für pro-amerikanische Propaganda-Berichte bezahlt haben, um damit das Image der eigenen Truppen im Land zu stärken. Von Peter Gruber, Washington
Gute Nachrichten gibt es im Irak nur selten. Auf den Straßen herrscht Gewalt, und vor allem die 160 000 im Land stationierten US-Soldaten werden bei der Bevölkerung immer unbeliebter. Wohl aus diesem Grund hat das US-Militär jetzt in den irakischen Medien eine geheime Informationsoffensive gestartet.
Wie die „Los Angeles Times“ und die „New York Times“ berichten, sollen Zeitungen im Irak gegen Bezahlung Propaganda-Berichte abgedruckt haben, die die amerikanischen Soldaten und ihre Mission in einem günstigen Licht erscheinen lassen. Das Pikante an der Sache: Die Artikel stammen aus den Federn von Ghostwritern innerhalb der US-Streitkräfte.
Rosarote News
Mit Beiträgen wie „Iraker bestehen trotz Terrorismus auf ein normales Leben“ oder „Mehr Geld für Iraks Wiederaufbau“ werden die Lage im Land und der US-Einsatz in weitgehend rosigen Farbtönen geschildert. Die Zeitungsartikel sind zwar nicht frei erfunden, sie geben aber nur eine Seite wieder: die der USA. Ins Arabische übersetzt wurden sie von der Washingtoner „Lincoln Group“, einer PR-Firma, die beim Pentagon unter Vertrag steht.
Das Unternehmen, das sich nach eigenen Worten auf „strategische Kommunikation in schwieriger und feindlicher Umgebung“ spezialisiert hat, soll im Irak sogar Strohmänner organisiert haben, die als freie Journalisten auftraten. Die heimlich platzierten Beiträge so heißt es, seien von seriösen Artikeln nicht zu unterscheiden gewesen. Zum Teil soll Lincoln die Zeitungen mit bis zu 1500 Dollar pro Abdruck entlohnt haben.
Washington wird nervös
In den meisten Redaktionen hatten PR-Strategen leichtes Spiel, ganz besonders bei der Tageszeitung „El Mutamar", die von Partnern des stellvertretenden irakischen Premierministers Ahmed Chalabi geführt wird: „Wir drucken alles ab, das gut für Amerika ist“, gab Chefredakteur Luay Baldawi freimütig gegenüber der „L.A. Times“ zu.
Die Vorwürfe sorgen auch in Washington für reichlich Nervosität. Schließlich rühmt man dort die eigene Pressefreiheit gerne als hohes Gut der Demokratie, das man nun auch in den Irak exportieren möchte. Das US-Außenministerium bringt irakischen Reportern bereits in Trainingskursen die Grundregeln des westlichen Journalismus bei. Erst am Dienstag hatte auch US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld stolz Iraks „freie Medien“ als ein „Ventil für die Demokratie“ im Land gepriesen. Und jetzt das: gute Nachrichten auf Bestellung, heimliche Hofberichte und dies obendrein auf ausdrücklichen Wunsch des US-Militärs.
Geld statt Glaubwürdigkeit
„Wir sind über diese Berichte äußerst besorgt“, beteuerte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, am Donnerstag (Ortszeit) und versicherte im gleichen Atemzug: „Und wir haben vom Pentagon mehr Informationen angefordert.“ Amerikas Image dürfe dadurch nicht beschädigt werden, erklärte McClellan: „Die USA besitzen die Führungsrolle, wenn es darum geht freie und unabhängige Medien rund um die Welt zu fördern. Und wir werden diese Führungsrolle auch beibehalten.“
Einige US-Politiker zweifeln jedoch erheblich daran: „Wenn wir für Berichte in irakischen Zeitungen Geld zahlen, dann untergräbt das doch überall unsere Glaubwürdigkeit“, meint etwa Demokraten-Senator John Kerry, der bei den Präsidentenwahlen im vorigen Jahr gegen George W. Bush unterlag.
Spezialisiert auf „psychologische Missionen“
Auch im Pentagon selbst gibt es Kritik: „Wir versuchen, im Irak die Grundpfeiler der Demokratie zu errichten und während wir das tun, setzen wir uns selbst über eines der wichtigsten demokratischen Prinzipien hinweg“, zitiert die „Los Angeles Times“ einen hochrangigen Mitarbeiter.
Wie es in US-Militärkreisen heißt, soll die heimliche PR-Aktion von der in Bagdad stationierten „Information Operations Task Force“ der US-Streitkräfte gesteuert worden sein. Diese Einheit, die auch eine eigene irakische Zeitung und einen irakischen Radiosender besitzt, habe sich vor allem auf „psychologische Missionen“ spezialisiert, heißt es. Welche Aktionen noch dazugehören, ist unbekannt. Die Psycho-Operateure schweigen sich bisher dazu aus.
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