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Geplante Datenweitergabe an USA Datenschützer nennt Bankdaten-Transfer "beispiellose" Aktion
Von Konrad Lischka
Überzogen, brisant, verfassungsrechtlich höchst bedenklich - der Datenschutzbeauftragte des Bundes Peter Schaar kritisiert die geplante Weitergabe von EU-Bankdaten an die USA. Schaars Sorge: US-Ermittler erhalten unkontrollierten Zugriff auf die Bankinformationen unbescholtener EU-Bürger.
Name, Adresse, Bankverbindung, Zahlungsverkehr - wenn die Justiz- und Innenminister der EU so entscheiden, wie es die Entwürfe vorsehen, haben US-Ermittler bald Zugriff auf die Bankdaten aller EU-Bürger, eine Anfrage zu einem mehr oder minder genau umrissenen Terrorverdacht genügt.
Die Minister für Inneres und Justiz der EU-Staaten sollen Ende November bei einer Sitzung des EU-Ministerrats dem Datenpakt mit den USA zustimmen - einen Tag, bevor der Lissabon-Vertrag in Kraft tritt, der dem EU-Parlament bei diesem Fall mehr Mitspracherechte geben würde, als es bislang hat. Dieses Vorgehen nennt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar "ein ganz schlechtes Zeichen für den Datenschutz in der EU". Schaar kritisiert im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE; dass "bei einem derart gravierenden Eingriff in den Datenschutz das EU-Parlament ausmanövriert wird".
Auch innerstaatliche Überweisungen wären betroffen
Das Vorheben insgesamt nennt Schaar "höchst problematisch". Die vorgesehene Weitergabe der Bankdaten aus Europa an die USA wäre ohne Beispiel. Denn, so Schaar: "Die hier weitergebenen Informationen haben ganz überwiegend keinen Bezug zu den USA. Es handelt sich nicht um Daten von US- Bürgern und auch nicht um Transaktionen in die oder aus den Vereinigten Staaten." Betroffen wären zum großen Teil rein innereuropäische oder sogar innerstaatliche Überweisungen.
Den von Befürwortern des Bankdaten-Transfers bisweilen gezogenen Vergleich zur Fluggastdaten-Weitergabe an US-Behörden, nennt Schaar falsch: "Das ist etwas anders: Hier reisen Menschen in die Vereinigten Staaten ein. Bei der Bankdatenweitergabe kommen auch Menschen ins Visier der US-Fahnder, die innerhalb der EU Geld überweisen."
Und diese Menschen müssen nicht Terrorverdächtige sein. Der Datenschutzbeauftragte hält die Masse an weiterzugebenden Daten für problematisch. Denn sie beschränke sich nicht auf Terrorverdächtige oder Personen, bei denen es konkrete Hinweise auf mögliche terroristische Aktivitäten gibt. Schaar: "Betroffen wären auch viele Daten von Bankkunden, bei denen keinerlei Zusammenhang zum Terrorismus besteht, die aber auf Grund irgendwelcher allgemeinen Kriterien, etwa dem Ziel oder Zeitpunkt der Überweisung, für die US-Behörden interessant sein könnten."
Schaar: "Verfassungsrechtlich höchst bedenkliches Verfahren"
Nach der Weitergabe der Daten würden US-Spezialisten durch Abgleich mit anderen Quellen das für sie relevante Material herausfiltern. Sollte das so kommen, spricht Schaar von einem "verfassungsrechtlich höchst bedenklichen Verfahren".
Was mit den einmal übermittelten Daten in den Vereinigten Staaten geschieht, könnten EU-Behörden, aber auch die Betroffenen nicht mehr kontrollieren. Datenschützer Schaar erklärt: "Wir wissen nicht, welche US-Behörden schließlich die übermittelten Daten erhalten sollen. EU-Bürger werden gegenüber US-Behörden keinen Auskunftsanspruch haben und können sich nicht einmal an US-Gerichte wenden."
Außerdem gibt es in den USA keine unabhängige Datenschutzbehörde, welche die Speicherung, Auswertung und Weitergabe der einmal an die USA übermittelten Daten überprüfen könnte.
Peter Schaar bezweifelt, dass das geplante Verfahren überhaupt so gestaltet werden kann, dass es den "Anforderungen des Grundgesetzes" entspricht. Er rät zu einem anderen Vorgehen: "Daten, die zur Terrorismusbekämpfung gebraucht werden, können bereits jetzt von Strafverfolgungsbehörden und auch von Nachrichtendiensten in Europa ausgewertet werden." Wenn sich daraus Hinweise auf terroristische Gefahren oder Verdächtige ergeben, könnten diese in konkreten Fällen an US-Behörden weitergeleitet werden, wie dies in Rechtshilfeabkommen und anderen Vereinbarungen geregelt sei. Schaar: "Dazu braucht man nicht dieses brisante neue Mittel."
Ende November werden die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Innenminister Thomas de Maizière beim Treffen des EU-Ministerrats über dieses Abkommen mit entscheiden. Keines der beiden Ministerien beantwortete bisher Anfragen von SPIEGEL ONLINE zur Position der Minister.
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