aus
http://www.politikforum.deArtikel des Umwelt- und Landwirtschaftsministers von Brandeburg Wolfgang Birtler, 56:
.......Nein, Windkraft ist nicht gleich Klimaschutz Zudem ist das Verfahren gar nicht so Kosten-Nutzen-effektiv, wie seine Befürworter gern vermitteln
Beim Thema Windkraft drehen sich nicht nur Rotoren, sondern auch Meinungen Auch ich habe früher die Nutzung der Windkraft eher positiv gesehen Wenn ich mich jetzt als Kritiker von Windkraftanlagen oute, ist das auch eine gezielte Provokation Bei bundesweit 13000 Windkraftanlagen - davon 1200 Windräder allein in Brandenburg - darf niemand die Augen davor verschließen, dass es an der Zeit ist, über Kosten, Nutzen und Alternativen nachzudenken
Immer wieder lese ich schwärmerische Berichte von den vorzüglichen Umweltwirkungen der Windkraftnutzung Hierzu ist zunächst einmal anzumerken, dass Windkraft an sich keine einzige Tonne Kohlendioxid substituiert Vielmehr werden bei der Herstellung und Errichtung von Anlagen Unmengen an Klimagasen produziert Bekanntlich ist in Europa genug Strom vorhanden Kein Kohlekraftwerk wird schließen müssen, auch wenn der letzte Horizont durch Rotorblätter verwirbelt wird In Deutschland, dem Land mit den meisten Windrädern der Welt, gehört die Windkraftbranche zu den großen Eisen- und Stahl-Verbrauchern Bis ein Windrad so viel verwertbare Energie erzeugt hat, wie zu seiner eigenen Herstellung aufgewandt wurde, vergehen bis zu 20 Jahre
Damit bin ich beim Thema Arbeitsplätze, welches die Windkraftbefürworter - offenbar weil Umweltargumente allein nicht als tragfähig empfunden werden - gern in den Mittelpunkt ihrer Argumentationen rücken Wenn durch Windkrafträder oder Anlagenbauer Arbeitsplätze geschaffen werden, dann begrüße ich dies rückhaltlos
Wie immer in der Wirtschaft ist aber auch hier eine Kosten-Nutzen-Rechnung anzustellen Aus der Vorstellung des Energieberichts 2002 der Bundesregierung geht hervor, dass jeder Arbeitsplatz in der Windkraftbranche mit 150000 Euro subventioniert wird Ist dies Wertschöpfung in einer Region für eine Region? Ich kann nur vermuten, wie viele Windkraftanlagen im Eigentum geschlossener Beteiligungsfonds abschreibungswilliger Zahnwälte sind In den allermeisten Fällen bleiben den Gemeinden nur die Pachteinnahmen für das Land, das sie den Betreibern von Windkraftanlagen zur Verfügung stellen Alles andere: Pustekuchen um im Bild zu bleiben
Dass sich die Windkraft derzeit nicht rechnet, belegt letztlich das Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG mit seiner Einspeisungsverpflichtung in die Stromnetze Zwar mag die propagierte monatliche Mehrbelastung mit einem Euro pro Familie auf den ersten Blick gering erscheinen; aber leider ist dies nur die halbe Miete Denn um eben diese Netze überhaupt für die Aufnahme der Windkraft fit zu machen, müssen die regionalen Stromversorger Millionen investitieren, um die Schwankungen der Einspeisung ausgleichen zu können Windkraftanlagen arbeiten nämlich diskontinuierlich: An durchschnittlich nur 77 Tagen im Jahr erzeugen sie Strom, während sie die restlichen 288 Tage stillstehen Die erwähnten Investitionskosten werden auf die Stromkunden der jeweiligen Einzugsgebiete umgelegt Diese Kosten können allerdings erheblich sein und die Strompreise insgesamt in die Höhe treiben
Der Tourismuswirtschaft verdirbt die Verspargelung der Landschaft das Geschäft, wie Umfragen eindeutig belegen Im Gegensatz zu Strommasten sind die bis zu 130 Meter hohen Windräder irritierende, bewegliche Landmarken Bei Nacht und trüber Sicht sind ihre blinkenden Positionslichter ein Horror für Anwohner und Autofahrer Dass gerade Umweltschützer, die doch sonst um jeden Meter Bach kämpfen, sich über die negativen Wirkungen von Windkraftfeldern auf die Aviofauna hinwegsetzen, will ebenfalls nicht in meinen Kopf Gegen Windkraft zu sein, heißt noch lange nicht, gegen erneuerbare Energien zu Felde zu ziehen Im Gegenteil sehe ich in diesem Bereich große Chancen für die Umwelt und für die Wirtschaft Die Windkraft soll einen Platz, aber nicht den Platz im Energiemix bekommen Wo Windhöffigkeit und Umgebung es zulassen, wird es auch langfristig Windkraftanlagen geben können
Für Brandenburg etwa favorisiere ich die konfliktärmeren Möglichkeiten bei der Nutzung von Solartechnik und Biomasse - übrigens auch mit Blick auf den regionalen Arbeitsmarkt
Die exklusive steuerliche Förderung der Windkraft hat die Entwicklung anderer erneuerbarer Energieträger gewiss nicht vorangetrieben - möglicherweise sogar blockiert Nachdem die Stromnetze einmal für die Windkraftbetreiber ausgebaut sind, wird kaum ein Stromanbieter noch einmal Geld für die Biomasse oder den Solarstrom ausgeben wollen