Spoerr und Freenet angezählt 08:49 13.08.08
Großspurig ist der Vorstandschef der Freenet AG Eckhard Spoerr letzte Woche Freitag ans Rednerpult getreten, um dort den Aktionären mitzuteilen, dass es keinen Show Down geben wird. Wobei er auf die kurze Frist, also in der Hauptversammlung im CCH in Hamburg Recht behalten sollte. Wenngleich er mit nur 57 % der Stimmen der Anwesenden entlastet wurde. Was ein grottenschlechtes Ergebnis ist. Aber Entlastung ist nun mal Entlastung. Und Mehrheit nun mal Mehrheit. Ob mit 100 % der Stimmen oder nur mit 50 % plus eine Stimme.
Nun ist Herr Spoerr und sein Finanzchef Krieger von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Hamburg wegen des Verdachts auf Insiderhandel angeklagt worden. Wobei die zuständige Wirtschaftsstrafkammer übrigens die Anlage in vollem Umfang zugelassen hat. Nur zur Information: die Zulassung einer Klage bedeutet nach der Strafprozessordnung, dass der für die spätere Hauptverhandlung zuständige Richter eine Verurteilung für wahrscheinlich hält.
Die Anklage geht auf eine Begebenheit im Sommer 2004 zurück. Kurz vor Veröffentlichung der wenig schmeichelhaften Halbjahreszahlen im August 2004 wurden Auffälligkeiten im Handel mit Freenet Aktien entdeckt. Kurz darauf brach die Freenet Aktie ein. Daraufhin hat das Bundesaufsichtsamt für Finanzwesen BaFin den Vorfall untersucht und schließlich Strafanzeige gestellt.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass unsere beiden Noch-Saubermänner von der Freenet namens Spoerr und Krieger kurz zuvor zusammen rund 130.000 Anteile, die aus Aktienoptionen stammten, verkauft hatten. Die verteidigen sich jetzt damit, dass sie „ihre Optionen lediglich zu diesem Zeitpunkt umwandeln hätten können“ und die „Geschäfte wie vorgeschrieben gemeldet hätten“.
Ich bin schon erstaunt, was sich diese Herren an Dreistigkeit alles erlauben dürfen. Es mag ja sein, dass die Optionen zu diesem Zeitpunkt fällig waren. Aber ich wüsste nicht, wo steht, dass damit automatisch ein Verkauf erforderlich wird. Das liegt doch im freien Belieben desjenigen, der die Aktien erhält. Und so wie es scheint, wollte man noch kurz vor Verkündung der schlechten Zahlen den fetten Reibach machen. Die Kursverluste sollten wohl sozialisiert werden, d.h. durch die anderen blöden Aktionäre getragen werden. Ob man so mit seinen Gesellschafter umgehen sollte?
Aber die Freenet Aktionäre sind schließlich Kummer gewöhnt. Geduldig bzw. mit einer großen Portion Masochismus ertragen sie seit Jahren die Kapriolen, die sich der Vorstandschef leistet. Dabei kümmert es sie nicht, dass die Freenet seit Jahren dahindümpelt, das operative Geschäft immer mehr in den Hintergrund gerät und es seit letztem Jahr deutlich abwärts geht. Im Gegenteil. Herr Spoerr bekommt für diese „Meisterleistung“ auch noch ein Spitzengehalt von 4,4 Mio. Euro, das ihn zu den Spitzenverdienern unter den deutschen Vorständen macht. Für welche Leistung frage nicht nur ich mich?
Wieder einmal stellt sich hier die Frage nach der Aufsicht und Kontrolle und damit dem Aufsichtsrat. Wobei man sich durchaus fragen kann, ob Prof. Dr. Helmut Thoma der Bezeichnung Aufsichtsratsvorsitzender je gerecht geworden ist. Was durch diesen Aufsichtsrat alles durch gewunken wurde, ist schon erstaunlich. Angefangen von völlig überdotierten Aktienoptionen bis hin zu den Deals der letzten Jahre. Die - wie auch der Debitel Deal mit seiner Change of Control Klausel – schon einmal einen tieferen Blick wert wären. Aber vielleicht kommt das ja schneller als man denkt.
Ein Anwalt namens Koester, der sich als Redner auf der Hauptversammlung der Freenet zu Wort meldete, hat diesen Blick hinter die Kulissen riskiert. Und sorgte damit für große Nervosität auf dem Podium. Selbst Aufsichtsratschef Thoma rutschte während des Vortrags von dem „David“ Rechtsanwalt Koester sichtlich nervös auf seinem Stuhl hin und her. Koester führt nämlich seit Jahren ein Verfahren gegen freenet/mobilcom in Sachen France Telecom vor dem LG Kiel. Dabei geht es um eine Kapitalerhöhungen und die Frage, welchen Nominalwert die neuen Aktien hatten. Unseren Informationen zufolge, kann der Freenet Vorstand einen entsprechenden Aufsichtsratsbeschluss vor dem Landgericht Kiel derzeit nicht vorlegen. Was sich so unscheinbar anhört, könnte nach Kennern der Materie im Worst Case zu einem Milliarden-Haftungsrisiko der freenet-Organe führen.
Auf dieser Hauptversammlung wurde Dommermuth vorgeworfen, dass er kein Übernahmeangebot gemacht hätte und sich günstig die Assets der Freenet unter den Nagel reißen wollte. Er und United Internet wurden als die großen Verlierer der Schlammschlacht hingestellt. Kaum jemand hat den beiden abgenommen, dass die Absetzung des Aufsichtsrats und des Vorstands im Interesse des gesamten Unternehmens und nicht nur in ihrem eigenen Interesse ist. Und Spoerr freute sich über das „superklare“ Votum und das nicht ein institutioneller Investor auf deren Seite war.
Ich wäre mir da über diese offensichtlich auf der Hand liegende Einschätzung nicht so sicher. Ich wage zu bezweifeln, ob das was Spoerr und die anderen institutionellen Investoren derzeit mit der Freenet machen, wirklich im Interesse der Aktionäre ist. Und ebenfalls bezweifle ich, dass Herr Dommermuth der große Verlierer ist.
Eine verlorene Schlacht ist schließlich noch kein verlorener Krieg. Und vielleicht wird Dommermuth noch eines Tages froh sein, dass er hier nicht zum Zuge kam.
Wer weiß denn schon, was sonst noch alles hinter den grellgrünen Werbeplakaten der Freenet verbirgt. Und welche Anklage als nächstes hochpoppt?
Spoerr wurde, auch wenn er es nicht wahrhaben will, erst einmal auf die Bretter geschickt und ist angezählt. Ob er sich davon erholen, wird abzuwarten sein. Meines Erachtens wird es langsam Zeit, dass einer das Handtuch für ihn in den Ring wirft. Oder muss der Schaden für die Freenet noch größer werden?
Einen schönen Tag und hohe Renditen wünscht Ihnen.
Ihr Norbert Lohrke
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