Überleben der Agiv hängt am seidenen Faden Spannung vor der Hauptversammlung: Aktionäre müssen das Konzept des Vorstandschefs mit tragen Hamburg - "Wir rechnen natürlich mit Turbulenzen, hoffen aber, daß die Aktionäre mitziehen." So sehen die Erwartungen von Franz Ditterich, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Agiv Real Estate AG, für die außerordentliche Hauptversammlung am 4. Februar in der Hansestadt aus. "Noch ist es möglich, die Agiv zu retten", meint der Jurist, der aus der Bankenbranche kommt und sich seit 1998 auf die Sanierung von Unternehmen spezialisiert hat. "Allerdings mit schweren Einschnitten für Aktionäre und Gläubiger."
An eine mögliche Sanierung der Agiv glaubte Ditterich fest, als er am 14. Oktober sein Amt antrat. Aber schon im November wurde die Lage immer schwieriger. Finanzlücken taten sich auf, die jede für sich händelbar gewesen wären, alle zusammen aber den Weg zum Insolvenzgericht unumgänglich machten. Hintergrund sind Altlasten, erklärte der Vorstandschef. Die Komponenten: Zunächst fror die BHF-Bank 17 Mio. Euro der Agiv ein. Der Konflikt wurde beigelegt. Dann aber belasteten Mietgarantien im Umfang von rund 33 Mio. Euro das Unternehmen.
Maximal drei Monate bleiben Ditterich seit dem Insolvenzantrag am 14. Dezember, einen Insolvenzplan auf den Tisch zu legen, dem alle betroffenen Gläubiger zustimmen. Wenn der Insolvenzplan angenommen würde, könnte Ditterich sich um Investoren bemühen, die der AG frisches Kapital zuführen. Bereits vor einem Jahr war die Suche nach Interessenten wegen der finanziellen Unwägbarkeiten gescheitert. Jetzt, sagt der Vorstand, gebe es Interessenten aus dem angelsächsischen Raum, die gern auf dem deutschen Markt einsteigen möchten. "Die Preise sind günstig, und die Objekte versprechen Renditen, die auch für die Briten und Amerikaner interessant sind." "Drei oder vier Interessenten" hat Ditterich im Auge, denen der Vorstand nach Ende der Zeichnungsfrist die Aktien anbieten könnte. Bis Ende Mai könnte das geschafft sein.
Noch führt Ditterich während der Antragsphase des Insolvenzverfahrens die Geschäfte der Agiv weiter. Nur wenn es um Geld geht, benötigt er die Zustimmung des Insolvenzverwalters Reinhard Titz. Wird das Insolvenzverfahren dann eröffnet, und damit ist spätestens Mitte März zu rechnen, ist der Insolvenzverwalter Chef im Hause, kann aber im Detail den Sanierer weiter beauftragen.
Über die Chancen der Agiv mag Ditterich nicht spekulieren. Ein einziger Aktionär, weiß der Jurist, kann das Rettungskonzept kippen. Dann wäre die Zerschlagung des Konzerns unausweichlich. Die nicht mehr abgedeckten Schulden würden sich dann auf einen höheren dreistelligen Millionenbetrag belaufen. "Und den Aktionären bleibt dann gar nichts. Wenn der Plan aber gelingt, können sie bei der vorgesehenen Abschreibung der Aktien von 36 auf neun Millionen wenigstens einen Teil ihres Geldes retten." Ein Appell zur Besonnenheit. gs
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