Quelle: FAZ vom Sonntag und hier: http://agbs.fazjob.net/s/...6B1759AACF82D3~ATpl~Ecommon~Scontent.html Trügerisches VersprechenVon Dyrk Scherff
28. Juli 2008 Die Finanzkrise stellt alles auf den Kopf: Wir haben gelernt, dass uns Hausbesitzer in Übersee interessieren müssen, dass Banken nicht immer ein so solides Investment sind, wie wir das dachten und dass das Wohl von Freddie und Fannie aus Amerika auch für Europa eine Bedeutung hat. Und jetzt wird auch noch in Frage gestellt, was die beste Anlagestrategie ist. Bisher hieß es, dass Unternehmen, die eine hohe Dividende ausschütten, meist eine bessere Rendite erzielen als solche mit niedrigen Auszahlungen. Die Dividendenstarken gehören ins Depot, weil sie das Risiko reduzieren. Denn Dividenden schwanken nicht so stark wie die Unternehmensgewinne. Die Ausschüttungen machen bestenfalls schon die Hälfte der jährlichen Wertentwicklung der Anlage aus. Die hat ein Anleger also schon einmal relativ sicher, Kursgewinne hingegen nicht. Wie konnte das passieren? Vor diesem Hintergrund sollten dividendenstarke Aktien eigentlich gerade in Krisenzeiten helfen, das Depot zu stabilisieren. Aber jetzt sind wir mitten in einer globalen Finanzkrise, und dividendenstarke Aktien leiden besonders stark. Der Div-Dax, der die 15 dividendenstärksten Aktien des Dax beinhaltet, hat seit dem 1. Juli 2007 ganze 21,3 Prozent verloren, der Dax nur 19,6 Prozent (siehe Infografik). Dabei hätte der Div-Dax doch eigentlich besser laufen sollen. Auch Fonds, die sich auf Dividendenwerte konzentrieren, fielen stärker als andere Aktienfonds (siehe Tabelle). Große Verlierer der vergangenen Monate sind Finanzwerte, Auto-Aktien und die Deutsche Post. Sie alle schütten hohe Dividenden aus und sind daher in Fonds oder Dividendenindizes wie dem Div-Dax oder dem Eurostoxx Select Dividend stark vertreten. So fanden sich zu Beginn der Finanzkrise unter den sechs dividendenstärksten Dax-Aktien drei Finanzwerte, zum Beispiel die Deutsche Bank. Ihr Aktienkurs fiel seitdem um 45 Prozent. Branchen mit geringen Ausschüttungen wie Pharma oder Technologie verloren weniger. Hat die Dividenden-Strategie versagt? Kai Franke, der Leiter der Anlagepolitik Private Banking in der BHF, warnt davor, jetzt das Konzept über den Haufen zu werfen: „Es ist langfristig erfolgreich. Dabei wird es immer Phasen geben, in denen es unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielt. Wenn man aber immer gleich die Strategie ändert, verpasst man die Rückkehr zu den Dividendenwerten, wenn die wieder gut laufen.“ Das Beispiel des Internet-Booms um die Jahrtausendwende ist noch gut in Erinnerung. Jeder wollte damals Nokia, SAP oder Mannesmann kaufen. Ausschüttungsstarke Unternehmen wie Eon oder BMW wurden ignoriert. Als die Blase platzte, rauschten die Technologietitel in den Keller und die vermeintlich langweiligen Aktien zogen an ihnen vorbei. Doch die wenigsten Anleger waren in die investiert und profitierten davon. Es lohnt sich also für langfristige Anleger, auch einmal eine Krise durchzustehen und nicht gleich zu verkaufen. Denn wenn ein Unternehmen jedes Jahr mehr ausschütten kann, wirtschaftet es in der Regel solide, hat stabile Gewinne und ist ein reifes Unternehmen. Es wächst dafür zwar nicht so stark - das aber dann zuverlässig. Kursentwicklung nicht ignorieren Kurzfristig sieht es anders aus: „Ich denke, dass dividendenstarke Aktien es auch in den nächsten sechs bis 12 Monaten noch schwer haben werden“, erwartet Franke. Finanzwerte seien zwar attraktiv bewertet, aber das zähle derzeit am Markt nicht. Die Stimmung sei einfach zu negativ. Und zyklische Unternehmen mit hohen Ausschüttungen wie Automobilaktien litten unter den Konjunktursorgen. Wer der Strategie treu bleiben will, muss bei der Auswahl der Titel aufpassen. Das Hauptselektionskriterium ist die Dividendenrendite, sie setzt die Ausschüttung ins Verhältnis zum Kurs. Die Zahl kann aber ganz schön in die Irre leiten. So glänzen derzeit die Besten im Dax mit Dividendenrenditen von sieben und acht Prozent, das ist doppelt so viel wie vor einem Jahr (siehe Grafik). Die Ausschüttungen verdoppelten sich aber keineswegs. Der Anstieg ist vor allem Folge des Kursverfalls. Wer das weiß, sollte etwa bei der Aktie der Deutschen Bank trotz sieben Prozent Dividendenrendite zögern. Denn was nützt die Dividende, wenn der Kurs weiter fällt? Sonderausschüttungen ignorieren Wichtig ist, dass die Ausschüttungen gleich- und regelmäßig steigen. Sonderausschüttungen wie etwa bei Merck müssen herausgerechnet werden. Hilfreich ist auch ein Branchenvergleich: Wie viel Prozent des Gewinns schüttet der Konkurrent aus? „Mehr als 60 oder 70 Prozent sollten es aber nicht sein“, warnt BHF-Experte Franke. Dann kann bei einem Gewinneinbruch trotzdem noch eine stabile Dividende gezahlt werden. Wer auf Fonds setzt, sollte trotz der Kostennachteile auf aktiv gemanagte Produkte setzen. „Dort analysieren Fondsmanager, ob sich die Dividendenpolitik in Zukunft so fortsetzen kann und welche Aussichten das Unternehmen hat“, sagt Christian Michel, Analyst der Fondsratingagentur Feri. Ein Indexfonds auf den Div-Dax ist hingegen riskant. Denn dieser Index wählt nur anhand der irreführenden Dividendenrendite aus. ----------- The true man wants two things: danger and play. For that reason he wants woman, as the most dangerous plaything. (Friedrich Nietzsche)
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