Gerüchte, Skandale, Manipulationen: Je breiter das Portfolio, desto schmaler die Schusslinie Der Fall Wirecard versus Financial Times hält die Aktienmärkte nun mehr seit Wochen in Atem: Kritische Berichte der britischen Wirtschaftszeitung sorgten beim Börsenkurs des Zahlungsabwicklers für eine wahre Achterbahnfahrt. Fast neun Milliarden Euro an Börsenwert verlor der DAX-Aufsteiger des vergangenen Jahres – insgesamt mehr als 40 Prozent. Und das innerhalb weniger Tage. Die Ereignisse rund um die Vorwürfe der mutmaßlichen Bilanzaufhübschung überschlagen sich noch immer. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft München wegen möglicher Marktmanipulation gegen einen der Journalisten. Und selbst die BaFin hat nun die Reißleine gezogen: Die Finanzaufsichtsbehörde verbietet bis zum 18. April Leerverkäufe für Wirecard-Aktien – das gab es für eine Einzelaktie in Deutschland noch nie.
Schwere Zeiten für Stockpicker
Wirecard ist kein Einzelfall. Und vor allem nicht der erste, in dem ein Skandal für signifikante Kursverluste sorgte. Im Jahr 2010 führte der Blowout der Bohrplattform Deepwater Horizon mit der Ölpest im Golf von Mexiko nicht nur für die schwerste Umweltkatastrophe dieser Art in der Geschichte. Der Ölgigant BP erlitt in Folge der Katastrophe Verluste von etwa 65 Milliarden US-Dollar – fast 44 Prozent seines damaligen Börsenwertes. In Deutschland legte zuletzt die VW-Aktie im Zuge der Dieselaffäre 2015 eine derartige Talfahrt hin. Um in Turbulenzen zu geraten, bedarf es allerdings nicht immer hausgemachter Skandale dieser Größenordnung. Dass bereits eine überbrodelnde Gerüchteküche ausreicht, um für spektakuläre Kurskapriolen zu sorgen, zeigt sich am Beispiel der deutschen Beteiligungsgesellschaft Aurelius. Die Aktie wurde 2017 zum Ziel von Short-Attacken des Leerverkäufers Gotham City Research. Dessen Angriff hat gesessen: Ähnlich wie bei Wirecard, rissen Gerüchte und Betrugsvorwürfe die Aktie in nur zwei Tagen um 40 Prozent in die Tiefe. Unsicherheiten vorbeugen
Die enormen Kursverluste im Fall von Wirecard resultieren allein aus der Angst der Anleger. Sie befürchten, dass Gerüchte sich bewahrheiten und negative Schlagzeilen Kursabstürze bewirken könnten. Entsprechend reagieren sie mit schnellen Verkäufen. Eine wahrhaft selbsterfüllende Prophezeiung. Ihr überraschendes Einschreiten im Fall Wirecard begründet die BaFin dementsprechend mit dem potenziellen Risiko einer generellen Marktverunsicherung. Die Anordnung zeigt bereits Wirkung. Anleger fassen wieder Vertrauen und greifen bei der Wirecard-Aktie zu. Aber auch ohne Schützenhilfe der BaFin können Investoren sich gegen die Unwägbarkeiten von Kursbewegungen wappnen – mit einem diversifizierten Portfolio. Machen Sie sich nicht zu sehr von Einzelwerten abhängig! Viele Privatanleger neigen nämlich häufig dazu, sich auf bestimmte Lieblingswerte oder -märkte zu fokussieren. Der Mensch mag nun mal Bekanntes. Bei Firmen, deren Produkte man selbst kauft oder Unternehmen, die in der eigenen Heimat angesiedelt sind, glauben nicht wenige über eine Art Vorteil oder Wissensvorsprung zu verfügen. Allerdings ergibt sich durch eine solche „einseitige“ Investition eine hohe Abhängigkeit und somit die große Gefahr, enormen Schwankungen alternativlos ausgesetzt zu sein – siehe die Beispiele von Aurelius bis hin zu Wirecard. Diversifikation ist Trumpf
Der laufende und mittlerweile reife Bullenmarkt ist charakteristischerweise volatil und stellt Anleger vor Herausforderungen. Dennoch ist niemand der Kursachterbahn hilflos ausgeliefert, der klug agiert und die wichtigste Grundregel befolgt: Das Risiko streuen. Hohe Volatilität stellt sich immer wieder als Stolperstein für Investoren heraus, wenn es um den langfristigen, nachhaltigen Anlageerfolg geht. Wer alles auf eine Karte setzt, treibt sich sozusagen selbst in diese Falle. Daher sollten Anleger nicht nur in unterschiedliche Firmen investieren, sondern auch auf Branchenvielfalt und globale Diversifizierung achten. Wer sein Portfolio strategisch breit aufstellt, dem bringt selbst der Weg zum dynamischen Finale des laufenden Bullenmarkts nicht um den Schlaf.
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