IM INTERVIEW: HERMANN MERKENS: "Ich erwarte erneut ein gutes Quartal"
Der Finanzvorstand der Aareal Bank spricht über den Geschäftsverlauf von April bis Juni und erklärt, warum sich die Rückzahlung der Staatshilfe verzögert
Börsen-Zeitung, 26.7.2014 - Herr Merkens, Ende März kündigten Sie eine Emission zusätzlichen Kernkapitals an, die Aareal helfen sollte, die verbliebenen Einlagen des Soffin zu tilgen. Bislang hat sich nichts getan. Woran liegt es?
Die Aareal Bank hat alle Voraussetzungen für eine solche Additional-Tier-1-Emission im ersten Halbjahr geschaffen: Ende Mai haben wir den notwendigen Beschluss der Hauptversammlung herbeigeführt, danach haben wir die technischen Details der Emission mit den uns begleitenden Banken geklärt. Wir haben aber immer gesagt, dass wir nur dann emittieren werden, wenn für uns die Marktbedingungen dafür gegeben sind. Und aus unserer Perspektive ist dies nach den jüngsten Ereignissen derzeit nicht der Fall.
- Sie spielen auf den Konflikt in der Ukraine an.
Da sind mehrere Dinge zusammengekommen.
- Bank Run in Bulgarien, die Schieflage von Espírito Santo ...
Rund um südeuropäische Länder hat es eine erhöhte Marktvolatilität gegeben, zudem beeinflussen geopolitische Entwicklungen wie die Unklarheit in der Ukraine-Krise mit ihrer erschreckenden Verschärfung in der vergangenen Woche sowie der Konflikt zwischen Israel und Gaza den Markt. Auch haben wir inzwischen Sommer, da ist die allgemeine Liquidität mangels Marktteilnehmern ohnehin etwas niedriger.
- Dass der Vorlauf dauern und die Liquidität im Sommer dann geringer sein würde, war doch schon im März absehbar.
Das war es auch. Wir waren auch zum Ende des ersten Halbjahrs ready to go. Aber wenn dann Volatilität einsetzt, wenn sich in dem für uns relevanten Markt eine nachlassende Liquidität abzeichnet und wir zugleich keinerlei Zeitdruck haben, wäre es nicht ratsam, auf Biegen und Brechen rauszukommen und dem Markt damit sozusagen ein falsches Signal zu geben ...
- ... dass man es eilig und damit besonders nötig hat ...
... was bei uns natürlich angesichts unserer starken Kapitalquoten absolut nicht der Fall ist und was deswegen niemand verstanden hätte. Bedenken Sie auch: Wir können nicht einfach auf einen Knopf drücken und dann läuft die Emission. Man sollte die Investoren auch vorbereiten. Das heißt, man kündigt die Transaktion an, geht auf Roadshow, und auch die Emission selbst dauert mehrere Tage. Natürlich sucht man sich als Emittent dann eine Marktphase aus, die relativ stabil scheint und mit niedriger Volatilität gute Voraussetzungen für eine Emission bietet. Wie gesagt: Diese Voraussetzung ist zurzeit nicht gegeben. Wir halten aber an unserer Absicht, das AT1 zu emittieren, unverändert fest. Wir müssen jetzt einfach ein Marktfenster dafür abwarten - was nichts Schlimmes ist. Wir haben sehr, sehr starke Kapitalquoten und können deshalb entspannt abwarten. Und wenn sich der Markt wieder einpegelt, wovon wir fest überzeugt sind, können wir dann entsprechend agieren.
- Einen neuen Termin nennen Sie nicht. Heißt das, die Emission ist auf unbestimmte Zeit verschoben?
Wenn wir jetzt jahrelang den Markt beobachten wollten, wäre das auf Dauer natürlich ermüdend.
- Sie stellen sich also darauf ein, dass es in diesem Jahr noch etwas wird?
Davon gehen wir aus- obwohl wir den Markt natürlich nicht beeinflussen können.
- Um welches Volumen wird es bei der Transaktion gehen?
Wir haben ja gesagt, dass wir mit der Emission die Einlagen des Soffin ersetzen wollen. Deshalb kann man davon ausgehen, dass es sich um eine ähnliche Größenordnung handeln wird.
- Das wären rund 300 Mill. Euro. Haben Sie eigentlich Sorge, dass Sie den von Ihnen angestrebten Kupon von unter 9 % für die Papiere nicht mehr erreichen können? Manche Marktbeobachter warnen ja, Additional-Tier-1-Anleihen seien am Sekundärmarkt überteuert, und wenn der Markt jetzt noch volatil wird ...
Wir sind eine sehr gute Adresse. Wenn Sie sehen, dass unsere Tier-2-Nachranganleihe ihre gute Performance gehalten hat, dann bin ich durchaus zuversichtlich, dass wir unser Ziel erreichen werden und sogar mehr als einen Schnaps unter 9 % emittieren können. Wir haben aber auch immer gesagt, dass wir nicht auf den Markt kommen werden, wenn es für uns ökonomisch keinen Sinn hat. Unsere Erwartung ist, dass wir deutlich unter 9 % liegen werden.
- Wer sind denn die Konsortialbanken?
Das würden wir gerne erst dann offenlegen, wenn wir die Transaktion tatsächlich machen.
- Sie haben sich gegen eine Wandlung in Aktien entschieden und für die Variante der Ab- und Zuschreibungsmöglichkeit für den Fall, dass die Kapitalquote eine bestimmte Schwelle unterschreitet?
Im Moment gehen wir davon aus, ja. Wenn sich an der Markterwartung nichts ändern sollte, werden wir auch dabei bleiben.
- Haben Sie inzwischen geklärt, wie es mit der Dividendenberechtigung des Soffin für 2014 aussieht, wenn Sie im Jahresverlauf emittieren?
Technisch betrachtet ist die geplante Emission des AT1-Kapitals unabhängig von der Rückführung der Soffin-Einlagen, die wir unverändert so rasch wie möglich anstreben. Was die Dividende betrifft, so haben wir uns mit dem Soffin bereits dahingehend verständigt, dass wir pro rata temporis zahlen, das bedeutet: Bis zu dem Zeitpunkt der Rückzahlung läuft die Kuponberechnung, und falls wir zu einem späteren Zeitpunkt eine Dividende beschließen sollten, würden wir den Soffin zeitanteilig bedienen. Den Antrag zur Rückführung der Soffin-Einlagen haben wir im Übrigen nach Klärung der technischen Details mit dem Soffin schon gestellt. Da es sich aber um eine Kapitalrückzahlung handelt, muss die BaFin den Antrag zur Rückführung technisch prüfen. Sie wissen, was Aufsicht und Banken derzeit alles zu tun haben. Wann dieser Prüfungsprozess genau abgeschlossen sein wird, wissen wir daher noch nicht.
- Sie könnten vorher aber schon emittieren?
Korrekt.
- Wie schreitet denn die Integration der Corealcredit voran?
Die liegt voll im Plan. Wir sind operativ so aufgestellt, dass nur noch wenige technische Integrationsprojekte laufen. Sie sollen im September abgeschlossen sein.
- Dann können Sie doch bestimmt schon etwas sagen zu geplanten Synergien und auch zu Folgen der Übernahme für die Arbeitsplätze.
Der Vorstand der Corealcredit hat inzwischen einen Sozialplan mit den entsprechenden Gremien abgeschlossen. Diese Maßnahmen betreffen aber gar nicht so sehr die Integration in die Aareal Bank, sondern waren ohnehin geplant. Die damit verbundenen Rückstellungen werden sich nicht im zweiten, sondern im dritten Quartal im Ergebnis der Aareal Bank niederschlagen, wie wir dies im Zuge unseres Ausblicks schon deutlich gemacht hatten.
- Können Sie den Umfang der Rückstellungen schon eingrenzen?
Ich bitte um Verständnis, dass wir auf solche Details erst bei Publikation unserer Zahlen für das zweite Quartal am 12. August eingehen möchten.
- Ihnen wird ja schon Interesse an einem weiteren Zukauf nachgesagt: der Übernahme der WestImmo. Was ist da dran?
Zu Marktgerüchten nehmen wir grundsätzlich keine Stellung. Hinsichtlich unserer Kapitalquoten und möglicher Verwendung von Überschusskapital wissen Sie auch, dass wir den Markt natürlich immer sondieren.
- Ein Zukauf wäre eine schöne Alternative zu einer Sonderausschüttung.
Da verweise ich antworttechnisch auf oben.
- Wie lief denn das zweite Quartal?
Ich erwarte erneut ein gutes Quartal, das sich nahtlos anschließt an das erste Quartal.
- Spielen Sie damit auf die Wachstumsraten an?
Noch einmal 150 Mill. Euro negativen Goodwill aus dem Erwerb der Corealcredit Bank wie im Startquartal können wir nicht präsentieren, aber das Konzernbetriebsergebnis sollte schon in der Größenordnung dessen liegen können, was man aus dem bereinigten Ergebnis des ersten Quartals kennt.
- Um den negativen Goodwill bereinigt wies die Aareal-Bank-Gruppe fürs Startquartal ein operatives Ergebnis von 65 Mill. Euro aus. Fürs zweite Quartal rechnet die Deutsche Bank mit einem operativen Ergebnis von 63 Mill. Euro vor Einmalposten.
Das kann ich jetzt nicht kommentieren, aber ich würde einer solchen Schätzung auch nicht heftig widersprechen.
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Das Interview führte Bernd Neubacher.
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