Fernsehen Fußball wird zum Hoffnungsträger für das Internet-TV Von Holger Schmidt
02. Januar 2006 2005 war für den T-Online-Vorstandschef Rainer Beaujean kein gutes Jahr. Der Marktanteil im DSL-Geschäft erodierte, und die ambitionierten Wachstumsziele mußten zurückgenommen werden. Beaujean mußte mit ansehen, wie die Konkurrenten Ralph Dommermuth von United Internet und Harald Stöber von Arcor den Takt auf dem DSL-Markt angaben. Im Jahr 2006 aber haben sich die Vorzeichen gewandelt. Beaujean könnte wieder zum Schrittmacher im Geschäft mit dem schnellen Internet werden, denn T-Online hält jetzt alle Trümpfe in der Hand: die Rückendeckung der Muttergesellschaft Deutsche Telekom für den scharfen Preiswettbewerb, vollen Zugriff auf das bald schnellste DSL-Netz Deutschlands und mit der Fußball-Bundesliga erstmals Inhalte, die Menschen für das Internetfernsehen begeistern können.
DSL für Fußball
Die Fußball-Bundesliga, für deren Internetrechte die Telekom wohl zwischen 40 und 50 Millionen Euro je Saison zahlt, soll den Internetnutzern einen Grund liefern, DSL-Anschlüsse der Telekom mit 16 und bald sogar bis zu 50 Megabit je Sekunde nachzufragen. Der Fußball könnte der Telekom einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, denn die Konkurrenz um das Hochgeschwindigkeitsinternet ist groß: Neben der Telekom rüsten auch andere Infrastrukturanbieter wie Arcor, Hansenet oder Tropolys/Versatel ihre Netze mit der ADSL2+- Technik auf, die 16 Megabit oder mehr möglich machen. Die steigenden Geschwindigkeiten sollen den Unternehmen helfen, die Anschlußpreise in dem scharfen Wettbewerb nicht weiter senken zu müssen, sondern mehr Leistung zu gleichen oder sogar steigenden Preis zu verkaufen.
Noch spielen die Nutzer nicht mit
Allerdings spielen die Internetnutzer in den Strategieplänen der Anbieter bisher noch nicht mit. Mehr als 90 Prozent der gut zehn Millionen DSL-Kunden begnügen sich mit einem Megabit Übertragungsgeschwindigkeit, das für schnelles Surfen im Internet ausreicht. Höhere Geschwindigkeiten machen zwar mehr Spaß - notwendig sind sie aber nur für Bewegtbilder, also die Übertragung von Fernsehprogrammen. Da die deutschen Fernsehzuschauer per Kabelnetz, Satellit oder neuerdings mit dem digitalen Antennenfernsehen DVB-T gut und vergleichsweise günstig mit werbefinanzierten Programmen versorgt sind, fehlt den Kunden bisher der Anreiz, sich einen fernsehtauglichen Internetanschluß zuzulegen. Attraktive Inhalte für das Internetfernsehen waren bisher nicht in Sicht; erst die Live-Spiele der Bundesliga könnten ein Massenpublikum ansprechen. Die Telekom wird den Kaufpreis für die Rechte weniger aus dem Verkauf der Spiele im Internet refinanzieren, sondern primär als Kaufanreiz für schnelle DSL-Anschlüsse einsetzen.
100 Programme von Hansenet
Neben der Telekom versuchen auch die anderen DSL-Anbieter, mit Inhalten die Nachfrage nach Anschlüssen an ihre Hochgeschwindigkeitsnetze anzukurbeln. "Fernsehen über das DSL-Kabel wird 2006 ein wichtiges Zusatzangebot der Telekommunikationsanbieter sein. Nur über die entsprechenden Inhalte werden es die Unternehmen schaffen, die Kunden langfristig an sich zu binden", sagte Hansenet-Chef Harald Rösch dieser Zeitung. Hansenet werde daher noch vor der Fußball-Weltmeisterschaft im Juni Fernsehen über das DSL-Kabel anbieten. "Wir reden hier über ein Angebot von rund 100 Kanälen aus dem Free- und Pay-TV-Bereich", sagte Rösch.
Arcor-Chef Stöber setzt ebenfalls auf "Triple Play", also das Angebot von Telefon, Internet und Fernsehen aus einer Hand. Allerdings ist er weniger optimistisch als Rösch: "Triple Play wird sich im Laufe des Jahres 2006 stark entwickeln, aber noch nicht die dominierende Rolle für die Nutzung breitbandiger Internetanschlüsse spielen", sagte Stöber, der bis Ende des Jahres einen Anstieg auf 14,5 Millionen DSL-Anschlüsse erwartet.
„Internet-TV ist ein großer Hype”
Dagegen sieht Dommermuth keinen schnellen Erfolg des Fernsehens im Netz. "Internet-TV ist ein großer Hype, da wir in Deutschland schon eine sehr gute Ausstattung mit Fernsehen haben. Das wird kein Massenmarkt im nächsten Jahr", sagte Dommermuth dieser Zeitung (F.A.Z. vom 19. Dezember). Allerdings ist er in einer anderen Situation als die Netzbetreiber, die große Datenmengen wie Fernsehen zu vergleichsweise geringen Kosten über ihr eigenes Netz transportieren können. United Internet verfügt als Wiederverkäufer der DSL-Anschlüsse der Telekom nicht über ein eigenes DSL-Netz. Große Datenmengen zu übertragen verursacht bei einem Wiederverkäufer deutlich höhere Kosten. Dennoch gibt sich Dommermuth gelassen: "Internet-TV ist mit der heutigen Infrastruktur oder der künftigen ADSL2+-Technik möglich. Erst wenn die Menschen mehrere Videostreams in hochauflösender Qualität gleichzeitig schauen, wird die neue VDSL-Infrastruktur mit 50 Megabit benötigt, wie sie die Telekom aufbauen will."
Text: F.A.Z., 02.01.2006, Nr. 1 / Seite 18 Bildmaterial: dpa/dpaweb, dpa
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