Dossier BP baut Alternativen zu Öl und Gas aus
Der britische Energiekonzern BP will seine Investitionen in erneuerbare Energien deutlich aufstocken und sucht dazu neue Partner für Wind- und Solarenergie." Vor zwei Jahren haben wir angekündigt, dass wir von 2006 bis 2015 insgesamt 8 Mrd. $ in alternative Energien investieren wollen", sagte Europachef Jean-Baptiste Renard im FTD-Interview. "Heute haben wir erkannt, dass dieser ursprünglich genannte Betrag nicht ausreichen wird, um in diesem Feld führend zu sein. Wir werden die 8 Mrd. $ daher deutlich übertreffen."
Der britische Konzern, der bislang mehr als 90 Prozent seiner Umsätze mit Öl und Gas erwirtschaftet, will unter dem neuen Konzernchef Tony Hayward bei Windkraft, Solartechnologie und Biogas zulegen und sich damit mittelfristig ein drittes Standbein aufbauen. Mit Milliardeninvestitionen in alternative Energien versuchen Energieriesen wie BP zugleich, ihrem negativen Image als "Klimaschädlinge" zu begegnen.
"Im Zentrum unserer Strategie steht die CO2-Reduktion", sagte Renard. Kohlendioxid, das bei der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle freigesetzt wird, gilt als Beschleuniger für den Klimawandel. Durch den Erwerb von Zertifikaten, die zum Ausstoß berechtigen, rechnen Energiekonzerne für die kommenden Jahre mit erheblichen Belastungen.
"Wir wollen den Übergang zu CO2-armen Technologien schaffen", kündigte Renard an. Um die erforderlichen Investitionen in die neuen Technologien über den selbst gesteckten Rahmen hinaus stemmen zu können, braucht BP nun geeignete Partner. "Für die Zukunftstechnologie der CO2-Abspaltung haben wir mit General Electric und Rio Tinto bereits Vereinbarungen geschlossen", sagte Renard, der das Europageschäft von BP seit Mitte 2006 führt. "Für die Solar- und die Windenergie suchen wir noch."
Konzern investiert Milliarden
Bei der Stromerzeugung aus Sonnenenergie hat BP seine frühere Strategie allerdings aufgegeben. "Früher waren wir hier weltweit die Nummer eins - und haben damit viel Geld verloren", sagte Renard. "Wir sind damals einfach zu schnell gewachsen. Dann ist es besser, heute die Nummer drei zu sein und damit Geld zu verdienen." Nach wie vor sei die Solartechnologie auf Subventionen angewiesen, räumte der Franzose ein. "Wir glauben aber weiter, dass die Solartechnik eine erfolgreiche Entwicklung nehmen wird. Die Nachfrage steigt gewaltig." Hochrechnungen, wonach die weltweiten Öl- und Gasreserven in einigen Jahrzehnten zu Ende gehen könnten, nimmt Renard gelassen. "Für die nächsten 40 bis 50 Jahre ist genug Öl vorhanden. Für Gas sind es noch mindestens 70 Jahre" , sagte er. "Beides gilt aber nur für den Fall, dass wir keine neuen Vorkommen mehr finden." BP investiert aber weiter Milliarden in die Suche neuer Vorkommen: "Das würden wir nicht tun, wenn wir nicht davon ausgingen, dass es noch einiges zu finden gibt."
Für den Energiemix der Zukunft sei daher nicht das Ende der Reserven entscheidend, sondern der Übergang zu weniger CO2-intensiven Energien. "Bei BP werden die alternativen Energien in der Zukunft eine vergleichbare Größe wie Öl und Gas erreichen. Die Frage ist nur: In 20 Jahren oder in 50 Jahren?"
Integration dauert an
Neben dem Ausbau der neuen Energien muss BP in seinem Kerngeschäft nun die vergleichsweise schwachen Margen verbessern und die teils stockende Integration der neuen Tochterunternehmen vorantreiben. "In den letzten zwei Jahren waren uns unsere großen Konkurrenten bei der Profitabilität deutlich voraus", sagte der 46-Jährige. "Um diesen Rückstand aufzuholen, müssen wir unsere operativen Prozesse verbessern und mehr aus den bestehenden Konzernteilen herausholen."
Unter Konzernchef John Browne, der BP von 1995 bis 2007 geführt hat, hatte das Unternehmen seine Produktion fast verdreifacht und die Öl- und Gasreserven verdoppelt. Der Börsenwert stieg auf das 4,6-Fache.
Durch Zukäufe ist BP zuletzt vor allem in den USA, in Deutschland und in Russland stark gewachsen. Vorwürfe, Browne habe zu schnell und zu viel gekauft, wies Renard zurück: "In dieser Branche muss man Zukäufe machen, wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt - und Ende der 90er-Jahre war diese Gelegenheit außergewöhnlich gut."
Die Integration innerhalb des Konzerns sei aber noch lang nicht abgeschlossen. Wie gut ein solcher Prozess laufen könne, hätte BP in Deutschland gezeigt. "Die Integration von Veba, Aral, BP und Castrol ist ein fantastisches Beispiel."
Seit der Übernahme von Aral Anfang 2002 hat BP die Zahl seiner Tankstellen in Deutschland von mehr als 3000 auf 2400 reduziert. Mit einem Marktanteil von 23 Prozent liegt Aral knapp vor Shell. "Wir wollen und wir werden Marktführer bleiben", sagte BP-Deutschlandchef Uwe Franke. Insgesamt gebe es aber noch zu viele Tankstellen. "Der Wettbewerb ist verdammt hart. Der Abbau von 200 bis 400 Stationen pro Jahr ist zu wenig, um diesen Markt richtig in Schwung zu bringen." Für die nächsten Jahre geht Franke aber davon aus, dass die Zahl der Tankstellen nur langsam sinken wird.
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