:: Landwirtschaftliche Energien Unabhängig mit Biogas
Bild großklicken Biogasanlage in Iden (Foto: dpa) Gas aus Gülle oder Getreide - darin ist Deutschland Weltmeister. 2006 war die Biogasbranche erfolgreich wie nie. Steigende Maispreise, Ingenieurmangel und eine ungewisse Gesetzesnovelle verunsichern sie jedoch. Quiz - Testen Sie Ihr Energie-Wissen Geldanlage - Mit dem Klimawandel profitieren kann Ratgeber - So finden Sie die richtigen Rohstoff-Zertifikate
1000 neue Biokraftwerke im Erfolgsjahr 2006 Ja, lacht Gerrit Holz, namentlich kenne er noch alle seine Mitarbeiter. 2006 ist der Chef des Biogasanlagenherstellers Biogas Nord an die Börse gegangen und hat seine Belegschaft auf rund 100 Angestellte fast verdoppelt. "Bis Mitte des Jahres planen wir weitere 50 Neueinstellungen, um alle Aufträge schaffen zu können", sagt Holz. Die Situation des Bielefelder Unternehmens ist symptomatisch für die deutsche Biogasbranche. Seit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2004 ist sie im Daueraufschwung. 2006 war das bislang mit Abstand erfolgreichste Jahr: Nach Angaben des Fachverbands Biogas sind rund 1000 Biokraftwerke mit einer elektrischen Gesamtleistung von etwa 550 Megawatt (MW) neu ans Netz gegangen. Damit erhöhte sich die bundesweite Gesamtkapazität auf 1100 MW. Im vergangenen Jahr hat auch der Bau des Biogasparks Klarsee im östlichen Vorpommern begonnen. Mit 40 Anlagen und 500 Kilowatt Leistung ist es das größte Biogasprojekt weltweit.
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Weltmeister bei Biogasnutzung "Deutschland ist uneingeschränkter Weltmeister bei der Biogasnutzung", sagt Professor Martin Kaltschmitt vom Institut für Energetik und Umwelt (IE). Schon bei Wind- und Solarenergie hat Deutschland die Nase im internationalen Vergleich vorn. "Da unsere Biogasanlagen eine weitaus höhere Auslastung haben, liegen wir bei der Stromproduktion für das vergangene Jahr gleichauf mit den neuinstallierten Windturbinen", sagt Fachverband-Präsident Josef Pellmeyer. Der Landwirt aus Freising in Oberbayern wünscht sich zwar mehr Biogasanlagen. Aber nicht um jeden Preis: Gentechnisch veränderter Mais dürfe nicht in die Fermenter zur Vergärung gelangen. Als nachwachsender Rohstoff ist Mais bei den Biogasbauern sehr beliebt, weil sie für ihn nach EEG eine Zusatzvergütung von bis zu sechs Cent pro Kilowattstunde erhalten. "Wenn wir Genmais einsetzen, verlieren wir als Grünstromproduzenten unsere Glaubwürdigkeit", heißt es unisono bei den Verbandsmitgliedern.
Wachstumsbremse Fachkräftemangel Nach Einschätzung des Fachverbands wird sich das Wachstum in der Biogasbranche in diesem Jahr fortsetzen. "Wir rechnen mit einem Plus von 30 Prozent bei den Investitionen", prognostiziert Pellmeyer. 2006 lag nach Berechnungen des Fachverbandes die Investitionssumme bei annähernd eine Milliarde Euro. Ein noch schnelleres Wachstum verhindert der akute Fachkräftemangel. "Branchenweit fehlen sicherlich über 1000 Ingenieure, um alle vorliegenden Aufträge in einem angemessenen Zeitraum abarbeiten zu können", sagt Hendrik Becker, Sprecher des Firmenbeirats im Fachverband.
Sorgenkinder: Maispreise und EEG-Änderung Nicht die einzige Sorge: In den vergangenen Monaten sind die Maispreise kontinuierlich gestiegen. "Sollten die Preise weiter steigen, wird sich manches Projekt wirtschaftlich nicht mehr rechnen", sagt Fachmann Becker. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor: die für das Jahr 2008 anstehende EEG-Änderung. "Was die Novelle mit sich bringt, kann noch keiner sagen", sagt Becker. Die Unterstützung der Bündnisgrünen ist der Biogasbranche aber sicher. So will sich Hans-Josef Fell, ihr energiepolitischer Sprecher, für einige Verbesserungen einsetzen. "Wir brauchen beispielsweise eine privilegierte Regelung bei der Einspeisung von Biogas in die Erdgasnetze für die neuen Akteure. Wohin die Monopole führen, sehen wir im Stromsektor, wo über einen erschwerten Netzzugang der Wettbewerb ausgebremst wird."
Videostreams für Anleger - Thema Rohstoffe Klaus Breil (cominvest) und Thomas Deser (Union Investment) analysieren die laufende Entwicklung am Rohöl-Markt und den erneuerbaren Energien.
Biogaswachstum ermöglicht Unabhängigkeit von Russland Welchen Energieschatz die Biogaseinspeisung birgt, zeigt eine von den Grünen mitfinanzierte Studie. Danach liegt das jährliche Biogaspotenzial europaweit bei rund 500 Milliarden Kubikmeter, was in etwa dem heutigen Verbrauch aller EU-Länder entspricht. Fell: "Die Ergebnisse zeigen, dass wir uns dank Biogas von den Erdgaslieferungen aus Russland unabhängig machen können." Das unterstrich auch Professor Jürgen Schmid, Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung "Globale Umweltveränderungen" (WBGU), bei Vorlage des jüngsten WBGU-Reports Mitte Februar: "Die Biogaseinspeisung wird eine Schlüsseltechnologie der Zukunft werden."
Energieversorger mischen mit Von dem Biogasgeschäft wollen auch zunehmend Stadtwerke und Gasversorger profitieren. So hat vor Kurzem Eon Ruhrgas, das bundesweit größte Gasunternehmen, erste Biogasprojekte angekündigt. Das Tochterunternehmen Eon Bioerdgas will in einem ersten Schritt mehrere Großanlagen mit fünf MW Leistung bauen, bei denen der Fokus auf der Biogaseinspeisung liegt. Dieser Entwicklung sieht Claudius da Costa Gomez, der Geschäftsführer des Fachverbands Biogas, "mit interessierter Skepsis" entgegen. Biogas etabliere sich zunehmend als gleichberechtigter Energieträger. "Allerdings wird bei den meisten Landwirten finanziell mehr hängen bleiben, wenn sie die Anlagen in Eigenregie betreiben, anstatt die Zusammenarbeit mit den Energieversorgern zu suchen."
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