07. Oktober 2005 Mit dem am Donnerstag bekannte gegebenen Verkauf der Tochter Multikabel hat der hoch verschuldete Kabelnetzbetreiber Primacom einen großen Schritt zur Abwendung der Insolvenz unternommen. Denn, so die allgemeine Annahme, damit könnte das Unternehmen den Ende November fälligen nachrangig besicherten Kredit der Investmentbank JP Morgan zurückzahlen.
Dieser hatte bei all dem Streit und Hick-Hack um Primacom immer wieder im Zentrum gestanden. Dieser wurde de facto mit abenteuerlichen 20 Prozent verzinst wurde, wobei zwölf Prozent direkt ausbezahlt wurden, teilweise aber auch auf die Kreditschuld angerechnet wurden, so daß sich deren Buchwert ständig erhöhte.
Multikabel-Verkauf verschafft Schuldenluft ...
Nun war der Kreditgeber letztlich die Investmentbank JP Morgan, die gleichzeitig über den Investor Apollo auch Großaktionär der Gesellschaft war, so daß der Vorwurf des bewußten Ausblutens im Raum stand. Vor dem Mainzer Amtsgericht scheiterte das Unternehmen indes mit einer Klage wegen Sittenwidrigkeit. Die Richter wiesen die Klage wegen fehlender Internationaler Zuständigkeit ab.
Zur Rückzahlung hatte Primacom Multikabel bereits lange verkaufen wollen, aber die Kreditgeber hatten lange die Zustimmung verweigert. Erst Mitte September gab es eine Einigung, nach der Primacom den Kredit durch eine Zahlung von 375 Millionen Euro bis Ende November ablösen kann. Andernfalls aber würde die Summe von 425 Millionen Euro vollstreckt. Dafür stimmten die Gläubiger auch dem Verkauf von Multikabel zu.
Der Verkaufserlös von 515 Millionen Euro hätte nun ausgereicht, um die Verschuldung auf ein Normalmaß zurückzuführen, in profitable Regionen vorzustoßen und sogar kurzfristig einen außerordentlichen Ertrag zu verbuchen.
... aber nur kurzfristig
Doch diese Rechnung geht nicht auf. Denn Primacom muß zunächst eine andere erstrangig besicherte Kreditlinie zurückzahlen, die von den Banken gekündigt worden war. Um die Insolvenz zu vermeiden, muß Primacom rechtzeitig neue Geldgeber finden. Der „Mainzer Allgemeinen Zeitung” sagte indes ein Firmensprecher: „Die Gespräche befinden sich in einem fortgeschrittenen Stadium und sind sehr konstruktiv; wir gehen davon aus, daß es klappt”.
Wenn es klappt, kann Primacom auf einer deutlich schmaleren Ertrags- und Umsatzbasis weiter arbeiten. Der Börsenbrief „SmallCap Investor” etwa rechnet mit einem verbleibenden Umsatz von rund 120 Millionen Euro und einem Vorsteuerergebnis (Ebitda) zwischen 45 und 55 Millionen Euro liegen. Bewertet ist die Primacom-Aktie nach dem Kursanstieg mit einer Marktkapitalisierung von rund 105 Millionen Euro. Das liegt noch deutlich unter dem Umsatz, den Primacom ohne Multikabel im Jahr 2004 verbuchte.
Solange aber die Geldgeber für die Umschuldung noch nicht wirklich an Bord sind, solange bleibt Primacom ein höchst riskantes Investment, bei dem auf Vermeidung eines Konkurses spekuliert wird. Das bietet erfahrungsgemäß hohe Chancen, aber naturgemäß auch das Risiko eines Totalverlustes, wenn der Gang in das Insolvenzverfahren doch angetreten werden muß.
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