Das Problem mit Vista scheint mir zu sein, dass kaum jemand die neuen Features benötigt.
Der Wechsel von Windows-98 bzw. Windows-Millenium, die beide noch DOS-basiert waren (im Prinzip MS-DOS mit Grafik "draufgesattelt") auf die nächste Generation war noch sinnvoll. Denn Windows 2000 (= WIN-NT 5.0) und Windows XP (= WIN-NT 5.1) sind Abkömmlinge des UNIX-basierten Windows-NT - und damit sehr viel stabiler als die früheren MS-DOS-basierten Windows-Versionen. Dies liegt u. a. an der "Hardware Abstraction Layer" (HAL) aller NT-Versionen (selbst 4.0 hatte die schon), die direkte Zugriffe von Programmen auf die Rechnerhardware verhindert. Mit Win-2000 und XP kam auch Otto-Normaluser in den Genuss dieses Stabilitäts-fördernden Features.
Spötter sagen, dass Windows 2000 und XP die ersten Betriebssysteme von Microsoft sind, die diesen Namen überhaupt verdienen. Sie laufen jedenfalls rund und stabil, was will man mehr?
Der wesentliche Vorteil von Vista - die 64-bit-Technik - ist höheres Tempo, das aber - wie üblich - durch neue Gimmicks wie DirectX-Effekte wieder ausgebremst wird (MIT-Professor Weizenbaum sagte mal: "Die Hardware wird langsamer schneller als die Software langsamer."). Außerdem lässt sich Vista als 64-bit-System nur mit neuester Hardware nutzen - sonst läuft es in einem 32-bit-Kompatibilitätsmodus, der nichts bringt (da kann man auch gleich bei XP bleiben).
Weiterer Nachteil von Vista sind Kompatibilitäts-Probleme mit älterer Software. Will man die Programme AUCH noch alle neu kaufen (64-bit Versionen, z. B. von Office), wird der Wechsel ein teurer Spaß - und zudem, wegen der typischen Übergangsprobleme bei einem Systemwechsel, ein gefährliches Experiment für Leute, die ihr System zum Arbeiten benötigen. (IT-Profis warten sicherheitshalber das erste ServicePack von MSFT ab...) Die meisten Vista-Adepten sind bis jetzt GAMER, die wegen der extremen Hardwareanforderungen neuer Spiele ein Betriebssystem brauchen, das beide Kerne moderner Doppelprozessoren effektiv nutzt.
Wem hingegen sein alter XP-Rechner noch schnell genug ist - das dürften 90 % aller Büro- und Homeanwender sein - , der braucht Vista schlicht nicht.
Zum Vergleich sehe man sich nur mal die neuen System-Versionen in der Linux-Gemeinde an. Da ändert sich an der Oberfläche kaum was, nur der Kernel wird verbessert und modernerer Hardware angepasst, was der Durchschnittsuser gar nicht bemerkt.
Microsoft will aber alle vier Jahre das Rad neu erfinden und kündet mit großem Brimborium einen "Paradigmenwechsel" an, der sich bei genauem Hinsehen auch nur auf einen neueren Kernel reduziert, erweitert mit ein paar bunten Icons, einem anders gestyltem Desktop und ein paar DirectX-Spieleffekten, die niemand benötigt.
Softies Probleme bedingen auch die fortlaufenden Absatzprobleme im von Preisschlachten zermürbten PC-/Halbleiter-Markt: Ballmer rechnet für Hardware-Hersteller nur "mit einem kleinen Schub" durch Vista (unten).
Der PC-Markt ist ausgereizt wie der von Fernsehern und Waschmaschinen. Wenn die alte Bauknecht noch läuft, braucht man keine Miele mit voll-elektronischem Slip-Programm und Sprachsteuerung.
FTD, 16.2.07 Microsoft-Chef dämpft hohe Erwartungen an Vista
Der Chef des US-Softwarekonzerns Microsoft Steve Ballmer hält große Umsatzerwartungen an das pompös beworbene Windows Vista für überzogen. Auch PC-Hersteller werden Ballmer zufolge nicht wesentlich vom neuen Betriebsystem profitieren.
"Einige der Umsatzmodelle und Umsatzvorhersagen, die ich da draußen für Windows Vista gesehen habe, sind übermäßig aggressiv", sagte der CEO am Donnerstag bei einer Präsentation für Analysten. Er fügte hinzu, der PC-Absatz werde in dem im Juli beginnenden Geschäftsjahr 2008 einen kleinen Schub durch Vista erfahren, aber die normalen Wachstumsraten würden nicht großartig übertroffen.
Ballmer sagte nicht, um wieviel der Umsatz in der Windows-Sparte seiner Meinung nach zulegen werde. Als ein Analyst aber erklärte, er rechne mit sechs Prozent, entgegnete der Konzern-Chef, dies sei eine "kleine aber nicht winzige" Zahl.
Bilderserie: Vista startet um den Globus
Die Microsoft-Aktie verlor im nachbörslichen Handel 1,2 Prozent auf 29,10 $. Microsoft hatte zum Vista-Verkaufsstart vor etwa zwei Wochen angekündigt, die Verbraucher würden schneller auf das Programm umsteigen als bei früheren Aktualisierungen von Windows. Damit hatte der Softwarekonzern Hoffnungen auf kräftige Umsatzsteigerungen geweckt.
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