Die angeschlagene Druckereigruppe Schlott bekommt kein Geld mehr von Banken und meldet wahrscheinlich Insolvenz an. Wie ein Sprecher von Europas zweitgrößter Druckgruppe für Kataloge, Zeitschriften und Werbeprospekte gestern auf Anfrage sagte, „prüft der Vorstand aktuell, ob und für welche Gesellschaft der Gruppe Insolvenzantrag gestellt wird“. Am Montagnachmittag waren in Nürnberg Bankengespräche über neue Kredite gescheitert. Ende vergangener Woche sprang bereits ein nicht näher genannter potenzieller strategischer Investor ab. Wie der börsennotierte Konzern mit rund 2100 Beschäftigten mitteilte, „ist die Fortführung der Schlott Gruppe AG nicht möglich“. Der Geschäftsbetrieb soll aber weiterlaufen, betonte der Sprecher. Der anstehende Insolvenzantrag ist der Höhepunkt eines mehrjährigen Niedergangs von Schlott. Seit rund drei Jahren schreibt der Konzern mit Sitz in Freudenstadt rote Zahlen und verliert Umsatz und Aufträge. Zum Niedergang trugen sinkende Ausgaben der Werbebranche, rückläufige Auflagen von Zeitschriften, Überkapazitäten und Preiskämpfe bei. Zudem traf Schlott die Quelle-Insolvenz. Das Unternehmen druckte für das Versandhaus den Hauptkatalog. Zu den aktuellen Aufträgen gehört der Katalog des Versandhauses Otto, der Ikea-Katalog, das Sportblatt „Kicker“ und zahlreiche Werbeprospekte, etwa für Auto-Teile-Unger. Bis Dezember druckte Schlott auch die „Wirtschaftswoche“, die dann zum Branchenführer Prinovis wechselte. Prinovis ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Bertelsmann, Axel Springer sowie Gruner + Jahr – dem Verlag, der BÖRSE ONLINE und auch die Financial Times Deutschland herausgibt. Die Schlott Gruppe hat für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr 2009/10 noch keine Eckzahlen vorgelegt. Für 2008/09 wurde eine Nettoverlust von knapp 24 Mio. Euro ausgewiesen, bei 365 Mio. Euro Umsatz. Zur Jahresmitte 2010 lagen die Bankschulden bereits bei gut 180 Mio. Euro. Seit dem vergangenen Herbst stunden die Banken bereits die Rückzahlung der Kredite. Ein Schlott-Sprecher konnte nicht erläutern, ob die Banken am gestrigen Montag die Rückzahlung der Kredite vorzeitig forderten. Sie hätten das Recht dazu, weil die Ertragsplanung der Gruppe verfehlt wurde. Indirekt warnte der Schlott-Vorstand gestern vor einem Verlust an Wettbewerb, falls die Gruppe vom Markt verschwinden sollte. Der Vorstand müsse nun „zügig die Möglichkeiten einer Sanierung im Insolvenzverfahren prüfen, um so viele Arbeitsplätze und Vermögenswerte wie möglich zu erhalten und Wettbewerb im Markt sicherzustellen“, heißt es in der Mitteilung. In der Branche wird die Schlott-Finanznot unterschiedlich interpretiert. So wird darauf verwiesen, dass sich zuletzt die Auflagen und Heftumfänge wieder erholt hätten. Dies zeige, dass Schlott auch hausgemachte Probleme habe. „Wenn durch die Insolvenz eines großen Anbieters Kapazitäten verschwinden, setzt die Branche darauf, dass die Preise nun stabil bleiben“, sagte gestern ein Branchenkenner. „An der Preisschraube werden die Druckereien weiterhin nicht drehen können. Also müssen sie an die Kosten ran.“ Es wird eingeräumt, dass den Druckereikunden ein Markt mit zehn oder zwölf Anbietern lieber ist als nur mit ganz wenigen Anbietern. Größter Schlott-Einzelaktionär ist indirekt der Handelsunternehmer Joachim Kohm, der auch im Aufsichtsrat sitzt. Über die Zwischengesellschaft Just-Us hält er gut 17 Prozent des Kapitals. Insgesamt gibt es sieben Aktionäre mit mehr als drei Prozent Anteil. Die Schlott-Aktie verlor allein gestern knapp 60 Prozent ihres Wertes auf einen Schlusskurs von 81 Cent. Damit wird die gesamte Druckgruppe an der Börse nur noch mit 5,7 Mio. Euro bewertet. http://www.boerse-online.de/aktie/empfehlung/...erdrucken/620829.html
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