04.06.2008 12:03
Die Billig-Airline bemüht sich um den Gute-Laune-Ferienton. "Flugzeuge im Bauch, im Blut Kerosin", trällert es in der Warteschleife, wenn man bei Air-Berlin anruft. Die Aktionäre der Fluggesellschaft dürften das als Verhöhnung empfinden.
Schon seit Monaten haben die Eigner keine Freude mehr an ihren Air-Berlin-Aktien. Die Aktie fällt und fällt, und notiert schon seit längerem unter ihrem Einstandspreis: Zum Börsengang vor rund zwei Jahren waren die Papiere zu 12 Euro das Stück ausgegeben worden. Zunächst ging es zwar steil aufwärts mit dem Kurs bis auf 20,45 Euro. Doch im Mai 2007 begann der Sinkflug.
Auch heute ist der Blick ins Depot kein erfreulicher: Die Aktie notiert rund vier Prozent im Minus. Die Ursache ist die altbekannte: Die hohen Rohöl- und Kerosinpreise lassen wenig Platz für Hoffnung. Der Auslöser für den heutigen Kursrutsch ist eine Herabstufung durch die UBS. Die Bank hatte die Aktie bisher mit "Neutral" bewertet, rät nun aber zu verkaufen. Das Kursziel senkten die Analysten von 7,50 auf 5,50 Euro. Analyst David Pitura wies in einer Studie auf den Ölpreis und das geringere Umsatzwachstum aufgrund der schwächeren Entwicklung im Langstrecken-Geschäft.
Prognose schon zum zweiten Mal gekappt Das ganze Desaster hatte sich bereits vergangene Woche offenbart, als Air Berlin seine Quartalsbilanz veröffentlichte. Das Unternehmen kappte nämlich - zum zweiten Mal - seine Jahresprognose, sprach nur noch von einem positiven Betriebsergebnis (Ebit). Davor hatte die Airline noch ein Ergebnis von 73 bis 120 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Für das neue Jahresziel gibt es zudem eine Einschränkung: Es gilt auf Basis des derzeitigen Kerosinpreises.
Neben den hohen Treibstoffpreise machen Air Berlin auch die schwächelnde Konjunktur sowie ein zunehmender Wettbewerb auf der Langstrecke zu schaffen. Der Billigflieger will daher unrentable Verbindungen kappen. Man erwägt sogar, sich teilweise aus dem Langstreckenverkehr zurückzuziehen, den das Unternehmen mit der Übernahme des Ferienfliegers LTU erst kürzlich massiv ausgeweitet hatte. "Wir stellen die komplette Langstrecken-Operation auf den Prüfstand", kündigte Vorstandschef Joachim Hunold an. Der mögliche Rückzugs von der Fernstrecke wirft auch die Frage nach dem Sinn des geplanten Kaufs des Charterfliegers Condor auf, den das Bundeskartellamt derzeit prüft.
Großer Leerstand Freilich leidet Air Berlin nicht allein. Die Lufthansa dämpft schon mal vorsichtig die Erwartungen: Wegen des anhaltend hohen Ölpreises werde es immer schwieriger, das Ergebnisziel für 2008 zu übertreffen. Zwar hat die Kranich-Airline erst vor kurzem die Treibstoffzuschläge angehoben, doch sollten die Kerosinkosten auf dem aktuellen Niveau bleiben, will sie die Preise weiter anheben. Auch Air Berlin will seine Flugtickets teurer machen. "Das müssen wir machen", verteidigte Hunold den Schritt.
Ob das den gewünschten Erfolg bringt, ist angesichts der Warnung des Branchenverbandes AEA aber fraglich. Laut der Association of European Airlines blieb im April durchschnittlich jeder vierte Platz in den Maschinen unbesetzt, im kommenden Winter drohe ein massiver Leerstand. Im Zuge der Kreditkrise und ihren weitreichenden wirtschaftlichen Folgen würden weniger Menschen fliegen. Zum einen, weil die Zuversicht der Unternehmen und damit auch ihre Reisetätigkeit gebremst wird. Zum anderen, weil wegen der Teuerung die verfügbaren Einkommen sinken. Die steigenden Ticketpreise sind da nicht gerade förderlich.
Pleitewelle? Michael O'Leary, Chef der irischen Billigfluglinie Ryanair, prophezeite angesichts der drastischen Ölpreis-Rally jüngst gar eine Pleitewelle. Die würde besonders den Wettbewerber Air Berlin treffen. "Air Berlin ist verloren. Das ist eine Airline mit hohen Kosten, die Geld verliert." In fünf Jahren werde es auf dem deutschen Markt nur noch Lufthansa und Ryanair geben. Die Berliner wiesen die Mutmaßungen indes zurück. "Man muss nicht auf jeden Quatsch reagieren, den O'Leary erzählt", sagte ein Air-Berlin-Sprecher.
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