Reif für die Muppets-Show: Die Pressekonferenz von EM.TV ließ die meisten Fragen unbeantwortet. Nur ein Schuldenberg von 2,2 Milliarden Mark wurden offenkundig.
MÜNCHEN. Nach Aussagen von Journalisten war die Presskonferenz ein «PR-Gau» und reif für eine Komödie. Auf die Frage, inwieweit EM.TV noch über liquide Mittel verfüge, antwortete der neue Finanzvorstand Rolf Rickmeyer ausweichend. Es seien genügend finanzielle Mittel für die kurzfristige Zahlungsfähigkeit vorhanden, so Rickmeyer.
Auch bei den Schulden kannte Rickmeyer die eigenen Zahlen nicht. Zuerst bezifferte der Finanzvorstand die Verbindlichkeiten auf 1,3 Milliarden Mark. Später erhöhte er auf 2,2 Milliarden. Die Verschuldung setze sich aus einer Unternehmensanleihe im Volumen von 782 Millionen Mark und langfristigen Bankverbindlichkeiten von 1,4 Milliarden Mark zusammen, stellte Rickmeyer schließlich klar.
«Die Perspektiven sind gut», sagte EM.TV-Chef Thomas Haffa. Er habe bei allen Entscheidungen stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Die Gewinnwarnung habe erst am vergangenen Freitag ausgesprochen werden können, weil bis dahin noch Hoffnung auf den Abschluss weiterer, ertragreicher Verträge bestanden habe. Diese Pläne hätten sich zerschlagen. Auch habe es Unstimmigkeiten innerhalb des Unternehmens über den Bilanzierungsmodus gegeben.
Kirch mit 16,7 Prozent beteiligt Die Kirch-Gruppe wird nach einer Kapitalerhöhung 16,74 Prozent der Anteile an EM.TV . Kirch sichert sich außerdem acht Prozent der Stimmrechte von EM.TV-Gründer Thomas Haffa und kommt so auf insgesamt 25 Prozent. Zudem zahlt die Kirch-Gruppe 550 Millionen Dollar für 49 Prozent der Formel 1-Anteile von EM.TV. Der Anteil an der Formel Eins Holding SLEC soll nach Informationen von EM.TV um weitere 25 Prozent aufgestockt werden. Außerdem stehe Thomas Haffa in Verhandlungen mit Bernie Ecclestone, um die Anteile von Rennställen wie DaimlerChrysler zu übernehmen.
Hohe Kurseinbrüche Im Xetra-Handel sank der Kurs um 40 Prozent auf 9,60 Euro. Das Jahreshoch der EM.TV-Aktie lag bei 120 Euro. In den vergangenen Wochen hatte sich die Talfahrt des Kurses angesichts der Spekulationen über finanzielle Schwierigkeiten noch einmal beschleunigt.
Haffa ohne Vertrauen der Aktionäre Nach der drastischen Korrektur der Gewinnprognose am vergangenen Freitag trat am Sonntagabend zudem der stellvertretende EM.TV-Vorsitzende und frühere Finanzvorstand Florian Haffa mit sofortiger Wirkung zurück. Florian Haffa, der Bruder von EM.TV-Gründer und Konzernchef Thomas Haffa, hatte bereits vor einigen Wochen kurz nach der Korrektur der Halbjahreszahlen sein Amt als Finanzvorstand abgegeben. Nach seinem Rücktritt auch als stellvertretender Vorstandsvorsitzender erklärte er laut EM.TV-Mitteilung: «Ich bedauere diesen Schritt, aber ich habe offenbar nicht mehr das Vertrauen bei den Investoren und den Aktionären.» Der Aufsichtsratsvorsitzende Nickolaus Becker nahm den Rücktritt an.
Verlust statt Gewinn In den ersten neun Monaten sei ohne Einrechnung der jüngsten Zukäufe vor Steuern und Zinsen (EBIT) ein Verlust von 82,6 Millionen Mark angefallen, teilte das Unternehmen mit. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit habe sogar minus 135,3 Millionen Mark betragen. In den Kosten sei auch Risikovorsorge enthalten. Der Medienkonzern EM.TV rechnet dem neuen Finanzvorstand Rolf Rickmeyer zufolge in diesem Jahr wegen der milliardenschweren Akquisitionen wie der Tele München Gruppe (TMG), der Jim Henson Company und der Formel 1 mit Goodwill-Abschreibungen in Höhe von 260 bis 300 Millionen Mark. Das Medienunternehmen begründete sein Neunmonats-Ergebnis vor allem mit niedrigen Umsätzen im dritten Quartal. Konkrete Details wollte das Unternehmen nicht mitteilen. Außerdem hätten Integrations- und Finanzierungskosten das Ergebnis belastet. (nz)
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