Daddeln fürs Depot Der Boom bei Onlinespielen gibt Herstellern von PC-Spielen Aufwind. Aktieninvestoren sollten vor allem nach China schauen. von Norbert Hofmann "Die globale Schlacht wird am 8. November beginnen." Mit martialischen Worten preist der Internethändler Amazon den Verkaufsstart einer neuen Folge des beliebten Computerkriegsspiels "Call of Duty" an. Ob der US-Spielehersteller Activision Blizzard damit erneut einen Hit landet, beschäftigt nicht nur die Fans - sondern auch die Aktienanalysten. Doug Creutz vom Analysehaus Cowen etwa rechnet mit einem Knaller. Doch im Kampf um Marktanteile will im Oktober auch der Konkurrent Electronic Arts mit der Fortsetzung seines Actionspektakels "Battlefield" an den Start gehen. Dessen Vorstandschef John Riccitiello gibt sich ebenfalls zuversichtlich. "Die Vorbestellungen laufen extrem gut", verkündete er in der vergangenen Woche. Kursinformationen und Charts Der Optimismus ist symptomatisch für die Aufbruchstimmung im Markt der Computer- und Videogames. Dabei geht es allerdings längst nicht mehr nur um neue PC-Spiele, deren Herstellungskosten einer Filmproduktion entsprechen und die nun über Marktverkäufe ihr Geld einspielen müssen. Auch der Durchbruch der Onlinespiele lässt die Branche von neuen Umsatzrekorden träumen. "Browsergames können ohne Downloads direkt im Internet gespielt werden und sorgen gerade für eine weitere Revolution im Markt der Computerspiele", sagt Marcus Silbe, Aktienanalyst der Investmentbank Close Brothers Seydler. Immer mehr Nutzer finden es beispielsweise spannend, im Wettkampf mit anderen Spielern einer Internetgemeinde Strategien zur Vormachtstellung in einem virtuellen Dorf zu entwickeln oder in die Rolle einer Spielfigur zu schlüpfen. Zynga, der Marktführer in diesem Segment, will mit seinem Börsengang bis zu 15 Mrd. Dollar erlösen. Das entspräche mehr als dem 15-Fachen des in 2010 erzielten Umsatzes. Das weckt Kursfantasien für andere Aktien. Electronic Arts wird etwa derzeit nur mit dem 1,8-Fachen des für das laufende Fiskaljahr erwarteten Umsatzes bewertet. Doch Zynga ist schon einige Schritte voraus. So hat der Shootingstar bei seinem Spiel "Farmville" vorgemacht, dass das Geschäftsmodell der Gratisspiele ein enormes Gewinnpotenzial birgt. Bei diesem Spiel verwalten die Spieler einen virtuellen Bauernhof. Das Angebot kostet keine Abogebühren. Der Clou: Wer sich im Spiel Vorteile verschaffen will, kann spezielle Zusatzdienste oder Hilfsmittel kaufen. "Letztlich wird dafür mehr Geld ausgegeben als für Abogebühren", sagt Analyst Silbe. Die etablierten Hersteller suchen nun den Anschluss. Electronic Arts und Activision Blizzard, die beiden größten Spieleentwickler in den USA, setzen zunehmend auf die im Internet spielbaren Fortsetzungen ihrer Produktionen. Auch wichtig ist ihnen die Positionierung im Segment der Social Games - also solcher Spiele, bei denen die Kooperation und Kommunikation mehrerer Spieler untereinander gefragt ist. So erwarb Electronic Arts im November die Firma Playfish, die ebenso wie Zynga eng mit dem sozialen Netzwerk Facebook zusammenarbeitet und sich so ohne großen Werbeaufwand den Zugang zu einem riesigen Kundenpotenzial sichert. Gerade hat Electronic Arts zudem mit Popcom einen Spezialisten für Casual Games akquiriert. Das sind Denk- und Ratespiele, die sich relativ problemlos auch auf Handy oder iPad herunterladen lassen. "Das Downloaden von Spielen auf mobile Applikationen wird neben dem Wachstum der Browsergames derzeit einer der großen Markttrends bei den Computerspielen", sagt Felix Ellmann, Aktienanalyst bei Warburg Research. Noch ist allerdings offen, ob sich all diese Investitionen wirklich lohnen. Analyst Creutz verweist darauf, dass Zynga als dominierender Marktführer beim weiteren Ausbau des Geschäfts von Skaleneffekten profitieren werde. Die bei den Nachzüglern notwendigen Investitionen dagegen würden immer wieder empfindlich an deren Gewinnen zehren. Für Anleger lohnt sich unter diesem Aspekt ein Blick nach China. Dort baut der führende Onlineanbieter Tencent, der bereits fast die Hälfte seiner Umsätze aus Spielen generiert, bei einem Marktanteil von derzeit rund 29 Prozent eine ähnlich starke Marktstellung auf wie Zynga. Damit Schritt halten könnte auch Netease, der mit einem Marktanteil von 17 Prozent zweite große Anbieter in China. Die Spielideen aus dem riesigen asiatischen Markt wollen mittlerweile auch deutsche Firmen in Geschäfte ummünzen. Bob Mobile, eigentlich ein Anbieter mobiler Mehrwertdienste, ist im vergangenen Jahr in das Spielesegment eingestiegen - und hat mit den europäischen Rechten an dem aus China stammenden Spiel "War2Glory" auf Anhieb starke Verkäufe erzielt. Das Geschäft wird nun mit anderen Spielen ausgebaut und könnte schon im kommenden Jahr für gut ein Drittel der angepeilten Umsätze von über 50 Mio. Euro stehen. Die hohen Anfangsinvestitionen in den neuen Spielebereich haben zuletzt zwar an den Gewinnen gezehrt. "Dieser Aufwand dürfte sich aber schon ab 2012 in höheren Margen niederschlagen", sagt Analyst Silbe.
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