Dem Kochboxenversender Hellofresh könnten unruhige Zeiten bevorstehen. Das Unternehmen hat mit dem aktivistischen Investor Active Ownership Capital einen neuen Großaktionär. Die Berlinern kämpfen seit Monaten mit einem Nachfrageschwund in ihrem traditionellen Kochboxengeschäft und wollen stattdessen verstärkt auf Fertiggerichte setzen. Aktivistische Investoren steigen häufig bei Unternehmen mit schwacher Kursentwicklung ein, die sich im Umbruch befinden, und drängen in der Regel auf Veränderungen, von denen sie profitieren wollen. Der neue Investor hält derzeit rund 4,7 Prozent der Anteile, wie aus einer Stimmrechtsmitteilung des MDax-Konzerns vom Mittwochabend hervorgeht. Über bestimmte Instrumente hält Active Ownership Capital weitere knapp zwei Prozent und kommt damit auf insgesamt fast 6,7 Prozent.
Den Aktien des Kochboxenversenders gab dies am Donnerstag Auftrieb. Die Papiere setzten ihre jüngste Erholung fort und zogen am Morgen um bis zu 8,5 Prozent an. Am späten Vormittag führten sie den MDax mit einem Plus von noch 6,7 Prozent auf 7,82 Euro an.
Ein Händler äußerte am Morgen die Vermutung, dass ein Investor wie Active Ownership auf eine wirtschaftliche Trennung der beiden Geschäftsfelder drängen könnte. Kochboxen könnten in solch einem Szenario zur Ertragsperle gemacht und Fertigmahlzeiten "als wachstumsstarkes Unternehmen etabliert" werden. Dies wäre aber wohl nicht mit dem aktuellen Management denkbar, warnte der Händler. Sollte es die Intention von Active Ownership sein, müsse der Investor wohl eine Änderung im Management herbeiführen, was der Börsianer als derzeit unrealistisch ansieht.
In den vergangenen drei Monaten hat sich der Kurs um rund ein Drittel erholt. Dennoch ist die Bilanz der Aktie tiefrot: Im laufenden Jahr ist der Kurs um 45 Prozent eingeknickt. Noch schlechter ist die mittelfristige Bilanz: So ist das im MDax notierte Papier im Vergleich zu seinem Rekordhoch nur noch einen Bruchteil wert. Seine besten Zeiten hatte das Papier während der Corona-Pandemie, als die Nachfrage der Verbraucher im Zuge geschlossener Restaurants sprunghaft stieg. Im Herbst 2021 erreichte die Aktie dann mit 97,50 Euro ihre Bestmarke. Dieses Niveau hat sie seitdem nie wieder erreicht.
"Hellofresh befindet sich in einer herausfordernden Phase und ist mit einem schrumpfenden Kerngeschäft konfrontiert, hat aber ein attraktives Geschäftsmodell", kommentierte Active Ownership Capital den Einstieg. Man habe "volles Vertrauen" in Konzernchef Dominik Richter.
Hellofresh teilte am Mittwochabend mit, das Management stehe in regelmäßigem Austausch mit einer Vielzahl von institutionellen Investoren, inklusive Active Ownership. "Wir begrüßen es, wenn sich diese erfahrenen Investoren dazu entscheiden, in unser Unternehmen zu investieren."
In der Vergangenheit hatte Active Ownership Capital bereits beim Arzneimittelhersteller Stada für Unruhe gesorgt. So forderte der Investor 2016 einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden und wollte vier weitere Posten in dem Gremium neu besetzen.
Hellofresh versucht derzeit, das Vertrauen von Investoren und Analysten zurückzugewinnen. Im Frühjahr hatte das Management um Richter Anleger mit einer Gewinnwarnung und gestrichenen Mittelfristzielen verschreckt. Im zweiten Quartal brach der Gewinn ein, auch wenn sich das Unternehmen besser schlug als von Analysten befürchtet. Dabei baut der Vorstand stark darauf, dass das neue Segment rund um Fertiggerichte erfolgreich wird.
Quelle: dpa-AFX
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