Home Wissenschaft Medizin & Gesundheit Asthma durch Spitzensport - Eine neue Studie belegt, dass bereits im Laufe weniger intensiver Trainingsjahre die Bronchien erkranken Extremer Ausdauersport greift die Atemwege an
Davos - Spitzenathleten haben ein extrem hohes Risiko, an Asthma zu erkranken. Bis zu 80 Prozent der Ausdauersportler im Hochleistungsbereich, fünf Mal mehr als im Bevölkerungsdurchschnitt, entwickeln die chronische Atemwegserkrankung - und dies innerhalb kürzester Zeit. Das ist das alarmierende Ergebnis einer noch unveröffentlichten Schweizer Studie. Ob und inwieweit das Asthma nach dem Ende der aktiven Laufbahn abklingt, ist bisher ungeklärt. Studienleiter Professor Dr. Bruno Knöpfli, Direktor der Alpinen Kinderklinik Davos, hatte die Lungengesundheit des Schweizerischen Triathlon-Nationalteams untersucht. Bei sieben Sportlern, die im Gegensatz zu ihren Kollegen zu Beginn des Projekts weder Asthma noch irgendwelche Vorboten dieser Krankheit hatten, beobachtete Knöpfli in den folgenden drei Jahren eine deutliche Verschlechterung der Lungenfunktion und steigende Überempfindlichkeit ihrer Bronchien. Drei dieser Sportler entwickelten im Beobachtungszeitraum "eindeutig Asthma" (Knöpfli). In anderen Studien wurde dieses Phänomen ähnlich bei Schwimmern, Skilangläufern und Eishockeyspielern beobachtet. Asthma ist nach den neuesten Erkenntnissen keine einheitliche Erkrankung, sondern ein Sammelbegriff für eine Gruppe von Symptomen, die unterschiedliche Ursachen und biologische Charakteristika haben. Anders als bei anderen Asthma-Formen findet beim "Athleten-Asthma" in den Bronchien eine "neutrophile" Entzündung statt, die sich weder gegen das eigene Gewebe noch gegen Allergene aus der Atemluft richtet. Der Effekt bleibt aber der gleiche: Einengung der Bronchien, Atemnot. Als eine Ursache des Athleten-Asthmas wird vermutet, dass die Sportler deutlich mehr Luft einatmen als andere Menschen. In den Bronchien entstehen Turbulenzen, die das empfindliche Gewebe reizen - es reagiert mit einer Entzündung. Daneben könnten Kältereize eine Rolle spielen, bei Schwimmern der Chlorgehalt in der Atemluft der Schwimmbäder, womöglich aber auch Stresshormone: "Dieselben Hormone, die die Herzfrequenz und den Blutdruck regulieren, stellen auch die Bronchien eng", erklärt Knöpfli. Er fordert, die Lungengesundheit von Spitzenathleten systematisch auch über das Ende ihrer Wettkampflaufbahn hinaus zu untersuchen. "Auf Grund unserer jetzigen Befunde müssen wir annehmen, dass die Athleten ein ernsthaftes Gesundheitsproblem nach der Karriere haben. Darüber müssen sie informiert sein." Normaler Ausdauersport aber bedeute keinerlei Gefahr für die Bronchien, betont der Experte. "Selbst Patienten, die an Asthma leiden, profitieren nachweislich von sportlicher Betätigung." ik
Artikel erschienen am 25. Jan 2004
Einer der erfolgreichsten deutschen Schwimmer leidet an Asthma Christian Keller rät betroffenen Kollegen, offen mit ihrer Erkrankung umzugehen / Pneumologe kritisiert Kriminalisierung von Sportlern Von Adela Kraus-Zatecky
Christian Keller gehört zu den erfolgreichsten deutschen Spitzensportlern: 31 Deutsche Meistertitel, zwei Europameistertitel und sieben Weltcupsiege sind Beispiele für seine Leistungsfähigkeit. Doch eigentlich ist er "chronisch krank", denn Keller hat ein nachgewiesenes und behandlungsbedürftiges Asthma bronchiale. "Es ist völlig klar, daß Asthma und Sport sich nicht ausschließen", betonte der 29 Jahre alte Schwimmer auf einer Pressekonferenz des Arzneimittel-Herstellers MSD Sharp und Dohme in Westerland auf der Insel Sylt. Als Asthmatiker geoutet hat er sich nach seinen Worten, damit einerseits deutlich wird, wie unsinnig es ist, asthmakranke Kinder vom Sport fernzuhalten. Aber auch, um andere Sportler auf die Symptome und die möglicherweise dahintersteckende Erkrankung aufmerksam zu machen. Wie lange sich die richtige Diagnose trotz einschlägiger Symptome hinziehen kann, hat Keller selbst erfahren müssen: Obwohl er seit Jahren eine für Belastungsasthma typische Atemnotsymptomatik hatte, ist sein Asthma erst 1994, nachdem er sich bereits einen ersten Weltmeistertitel erkämpft hatte, festgestellt worden. Bei früherer Diagnose hätte er noch schneller sein können, glaubt Keller. Allein die ständigen "Bronchitiden", die er in den Jahren davor entwickelte, hätten ihn in seinem Training und seiner Leistungsfähigkeit sehr eingeschränkt. Heute ist für ihn die Asthmatherapie die Basis, um seine Leistungsfähigkeit zu erhalten. Die Kombinationstherapie aus einem inhalativen Kortikoid sowie abends einer Tablette Montelukast macht es ihm möglich, auf die bedarfsweise Inhalation von kurzwirksamen Beta2-Sympathomimetika fast vollständig zu verzichten. "Nur noch in Extremsituationen, etwa beim Wettkampf, nehme ich vielleicht noch ein kurzwirksames Betamimetikum", berichtet Keller. Vielleicht gerade wegen seiner offenen Weise, mit dem Thema umzugehen - ist Keller noch nie des Dopings verdächtigt worden. Jeder asthmakranke Spitzensportler sollte seinem Beispiel folgen, um sich Ärger zu ersparen. "Wenn Jan Ulrich gleich mit seiner Asthmadiagnose an die Öffentlichkeit gegangen wäre, schon im Vorfeld des Dopingverdachts, dann wäre diese Diskussion erst gar nicht aufgekommen", vermutet Keller. "Denn die Medikamente, die er genommen hat, sind zwar anzeigepflichtig, aber erlaubt." Die Frage bleibt: Sind diese Medikamente auch immer indiziert? In der Objektivierung der Diagnose von Asthma bei Spitzensportlern liegt offenbar vieles im Argen. So hält es auch Keller für schwer nachvollziehbar, daß 90 Prozent der australischen Schwimmnationalmannschaft ein Belastungsasthma haben sollen. "Ich fände es gut, wenn man eine unabhängige Gruppe bildete, die Lungenfunktionstests vornimmt, um das Asthma wirklich zu objektivieren." Diesen Ansatz würde auch Professor Helgo Magnussen vom Krankenhaus Hamburg-Großhansdorf begrüßen. Neben Lungenfunktionstests wäre eine solche Objektivierung etwa auch über die Messung von Kohlenmonoxid in der Ausatemluft möglich, denn eine erhöhte NO-Konzentration ist typisch für Asthma und erlaubt auch die differentialdiagnostische Abgrenzung zu einer Bronchitis. Auch bei einer solchen Objektivierung hält es Magnussen für durchaus möglich, daß man unter Spitzensportlern einen höheren Anteil an Asthmatikern finden wird als in der Allgemeinbevölkerung. Aus epidemiologischen Untersuchungen sei bekannt, daß mindestens 15 Prozent der erwachsenen Männer zwischen 20 und 44 Jahren sowie 20 bis 25 Prozent der Frauen in diesem Alter eine Überempfindlichkeit der Atemwege haben. Studien zeigten, daß dies ein Risikofaktor für die Entwicklung eines Asthmas ist. Magnussen hält es für möglich, daß extreme sportliche Belastungen bei diesen Personen die Entwicklung eines klinisch manifesten Asthmas begünstigen. Vor diesem Hintergrund sei es ein vernünftiger Ansatz, wenn jemand, der Hochleistungssport machen wolle, bereits im Vorfeld sein pulmonales Risiko kennt. Ein Leistungsvorteil aus der Inhalation bronchialerweiternder Medikamente ergibt sich, wie Magnussen betonte, für Gesunde nicht: "Die Einatmung eines bronchienerweiternden Medikaments führt bei einem nicht an Asthma leidenden Sportler zu keiner Leistungssteigerung." Deshalb hält es der Hamburger Asthmaexperte auch für "absolut unsinnig", die Sportler in Bezug auf diese Medikamentengruppe zu kriminalisieren.Ärzte Zeitung, 29.10.2001
Mehr Tests bei Asthma im Sport! Von Dr. Martin Ehlers Leistungssportler werden gelegentlich verdächtigt, ein Asthma bronchiale vorzutäuschen, um legal Beta-2-Mimetika oder Kortikosteroide zur Steigerung der Leistungsfähigkeit benutzen zu dürfen. Es sei nicht glaubhaft, daß der Anteil der Asthmatiker unter ihnen weitaus höher sei als in der Normalbevölkerung, wird angeführt. So gaben bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta von 700 befragten Athleten 117 an, Asthma zu haben, darunter jeder zweite befragte Radsportler. Daß Asthma-Raten bei Sportlern erhöht sind, belegen Studienergebnisse, die jetzt beim Kongreß der European Respiratory Society in Florenz vorgestellt worden sind. Offenbar begünstigt intensives Training bei verschiedenen Sportarten, daß sich ein überempfindliches Bronchialsystem entwickelt. Bei Marathon- oder Skilangläufern wird als asthmafördernd angeführt, daß große Volumina trokkener und kalter Luft ventiliert werden, die die Bronchialschleimhaut abkühlen und austrocknen; bei Schwimmern gilt ständiges Einatmen chlorid-haltigen Wassers als asthmafördernd. Ob ein Leistungssportler oder auch ein normaler Patient an Asthma leidet, ist heute mit Lungenfunktionstests sicher zu diagnostizieren. So läßt sich mit Provokationstests und nachfolgender Messung der Atemwegsweite ein Asthma bronchiale erkennen und ein anstrengungsinduziertes Asthma durch Messung der Atemwegsweite vor und nach standardisierter körperlicher Belastung. Bisher werden Angaben zu solchen Tests in der "declaration of drug use" - in der Sportler anzeigen, welche Erkrankungen sie haben und welche Medikamente sie brauchen - nicht für die Diagnose Asthma gefordert. Dies sollte geändert werden, damit sich Athleten nicht länger dem Verdacht aussetzen, die Erlaubnis zur Einnahme leistungsfördernder Mittel erreichen zu wollen, indem sie eine Erkrankung vortäuschen. Die Vorlage der Testergebnisse könnte betreuenden Ärzten mehr Sicherheit bei Diagnose und Therapie geben und durch die Transparenz der Maßnahme dem Sport zu mehr Ansehen verhelfen.
Dr. Martin Ehlers ist niedergelassener Facharzt für Lungenheilkunde in Hamburg. Er behandelt unter anderem die Schwimmerin und Olympia-Teilnehmerin Sandra Völker, die an Asthma leidet. Ärzte Zeitung, 22.09.2000
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Weltkongreß für Lungenheilkunde in Florenz - Asthma bremst viele Sportler aus
Florenz (ksch). Eine fast alarmierende Zahl von Top-Sportlern, so auch viele Athleten in Sydney, leidet unter asthmatischen Beschwerden. Gerade die Wettkämpfer in den Ausdauersportarten sind besonders häufig betroffen. Was sind die Gründe dafür? Darüber haben Forscher auf dem Weltkongreß für Lungenheilkunde in Florenz diskutiert.
Eine Umfrage unter 58 finnischen Marathonläufern ergab, daß etwa ein Viertel saisonal asthmatische Symptome zeigte. Professor Kai-Håkon Carlsen vom Asthma und Allergie Zentrum für Kinder in Oslo nannte als Gründe dafür Pollenflug im Frühling oder winterliche Kälte. Eine weitere Befragung von 71 Langstrekken-Läufern ergab, daß die Sportler dreimal häufiger von Asthma betroffen waren als die Normalbevölkerung. Auch Schwimmer haben überdurchschnittlich häufig Atemprobleme wegen einer Hyperreagibilität des Bronchialsystems. Von in Norwegen untersuchten 29 Top-Athleten gaben etwa die Hälfte asthmaartige Beschwerden an. Ähnlich hoch war der Anteil der Asthmatiker unter den Radsportlern, die 1996 an der Olympiade in Atlanta teilnahmen. Die Ursachen, warum intensives Training zu den Veränderungen im Atemwegstrakt führt, sind vielfältig. Einerseits könnte es an der ständigen körperlichen Belastung der Sportler liegen, die das Immunsystem schwächt. Andererseits sind die Bronchien der Athleten stärker Allergenen ausgesetzt. Das liegt zum Teil an dem erhöhten Atemumsatz bei Hochleistungssport, aber auch am engen Kontakt mit Reizstoffen. Schwimmer etwa atmen große Mengen an Chlordämpfen ein, die das Bronchialsystem schädigen. Spekulationen gehen aber auch dahin, daß sich mancher Sportler als Asthmatiker ausgibt, ohne tatsächlich erkrankt zu sein. Er darf dann nämlich legal Medikamente einnehmen, die auch leistungsfördernd wirken und verstößt nicht gegen die Doping-Verordnung. Erlaubt sind zum Beispiel die Beta2-Mimetika Terbutalin, Salbutamol und Salmeterol. Durch die bronchodilatatorische Wirkung können sie zwar kurzfristig die Ausdauerleistung erhöhen, allerdings haben sie keinen anabolen Effekt. Ärzte Zeitung, 22.09.2000
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