Dienstag, 17. August 2004
Von Mitschülern gemobbt?
M. wird ausgegrenzt, weil er der Klassenbeste ist, J. fertiggemacht, weil sie keine Markenklamotten trägt und S. verstecken sie gerne die Schulbücher. Mobbing ist längst kein Begriff aus der Arbeitswelt mehr, sondern normaler Schulalltag. Wir sprachen mit Beate von Eisenhart-Rothe, Leiterin der Mobbing-Beratungsstelle profile in Berlin.
Frau Eisenhart-Rothe, wo hört Hänselei auf, wo fängt Mobbing an?
Es beginnt dort, wo es sich nicht mehr auf das Verhalten eines Einzelnen, sondern einer ganzen Gruppe bezieht. Bei Mobbing geht es um Konflikte, die nicht gelöst wurden und für die man einen Sündenbock sucht. Meistens ist es dann derjenige, der irgendwie anders ist.
Opfer ist also der, der sich nicht integrieren kann?
So würde ich das nicht sagen. Man kann hier kein bestimmtes Profil erstellen, das hängt immer von der Gruppe an. Außerdem würde ich bei Mobbing nicht von Opfer sprechen, da auch der Gemobbte Anteile an der Situation trägt.
Er ist also selbst Schuld?
Nein. Mit Anteilen meine ich, dass der Betroffene eine bestimmte Rolle einnimmt und versucht sich der Gruppe anzupassen, damit er in Ruhe gelassen wird. Das ist aber genau der falsche Weg, weil er so meistens nur noch mehr in die Enge gedrängt wird. Um die Situation zu ändern, müssen alle Beteiligten mitarbeiten: der Betroffene, die Klasse und der Lehrer.
Und wie sollte sich der einzelne verhalten?
Als Mitschüler einfach nicht wegschauen. Solange man nicht allein dasteht, ist man für Mobbing auch nicht so anfällig. Viele haben allerdings Angst, sie könnten selbst die nächsten sein. Auch Lehrer müssen hier aufmerksamer sein und frühzeitig intervenieren, damit die Situation erst gar nicht eskaliert. Sie sollten durchaus ihre disziplinarischen Mittel auszunutzen. Den Tätern müssen Grenzen gesetzt werden. Wenn wirklich gar nichts mehr geht, sollten Eltern letztlich nicht davor zurückschrecken, ihr Kind auf eine andere Schule zu geben.
Gibt es auch rechtliche Schritte?
Für jemanden in einem festen Arbeitsverhältnis gibt es das Arbeitsrecht. Das kann einem Auszubildenden, der gemobbt wird, zum Beispiel als letzten Schritt ermöglichen, seine Ausbildungsstelle zu wechseln. Für Schulen sehe ich nichts Vergleichbares. Natürlich kann man bei Extremfällen strafrechtlich vorgehen, ich würde aber davon abraten. Wichtig ist immer, dass das betroffene Kind ernst genommen wird und man es unterstützt, sich auch zur Wehr zu setzen.
Das Gespräch führte Felicia Reinstädt.
K
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