Anleger kaufen Silber Von Dieter Claassen Nach einer kurzen Verschnaufpause hat der Silberpreis in den vergangenen Wochen wieder enorm aufgeholt. Mit Kursen von rund 14 Dollar notiert das Edelmetall nur noch knapp unter dem 25-Jahreshoch von 14,94 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Allerdings sind neuerliche Turbulenzen am Silbermarkt nicht auszuschließen. LONDON. In diesem Jahr wies der Silberpreis enorme Preisausschläge auf. Bis April zogen die Notierungen steil bis auf den höchsten Stand seit 25 Jahren an, dann stürzte der Preis auf weniger als zehn Dollar ab. „Wir haben es mit einem engen, illiquiden Markt zu tun“, begründet John Reade, von UBS in London, die wilden Preisausschläge der letzten Monate.
Die Experten der Beratungsfirma GFMS bescheinigen dem weißen Edelmetall aber trotz der starken Schwankungen einen soliden Aufwärtstrend. Der Preis im täglichen Londoner Fixing sei seit Jahresbeginn mit durchschnittlich etwa 11,54 Dollar um fast 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Und trotz der „ auch weiterhin andauernden Volatilität“ schließen die Berater einen Preisausbruch auf 15 Dollar je Unze und mehr in naher Zukunft nicht aus.
Das herausragende Ereignis für den Silbermarkt – und der Hauptgrund für den phänomenalen Preisanstieg 2006 – war die Einführung eines Börsenfonds, eines Exchange Traded Funds (ETF), im April an der New Yorker Börse durch die Investmentbank Barclays Capital. Diese mit physischem Silber unterlegten Zertifikate haben seitdem Käufe von nahezu 3 400 Tonnen des Edelmetalls erforderlich gemacht. Ein ETF kauft und lagert das erworbene Metall. Investoren können so den jeweiligen Rohstoff handeln, ohne ihn physisch zu besitzen. Insgesamt steuerten die ETF über zehn Prozent zur Gesamtnachfrage bei. Dorothy Kosich von Merrill Lynch erwartet, dass die Anlegernachfrage anhält. Sie revidiert daher ihre durchschnittliche Preisprognose für 2007 von bisher zwölf auf dreizehn Dollar je Unze nach oben.
Uneins sind die Experten über die Entwicklung der industriellen Nachfrage nach Silber, die etwa die Hälfte der Gesamtnachfrage ausmacht. Kosich zufolge sollten sich die Verkäufe aus amtlichen Beständen verringern, die Ablieferungen von Altsilber (Schrott) zurückgehen, die Bergbauförderung weitgehend stagnieren und die industrielle Nachfrage weiter wachsen. Die Experten von GFMS halten dagegen wegen einer konjunkturellen Abkühlung die industrielle Nachfrage für gefährdet. Außerdem werde die Bergbauförderung durch eine beträchtliche Steigerung „wieder mehr ins Spiel kommen“, heißt es im jüngsten „Quarterly Newsletter“ des GFMS.
Auch Jon Bergtheil von JPMorgan rechnet mit einen kräftigen Anstieg der Silberproduktion, wenn auch erst im Jahr 2008. Diese werde wegen einer Zunahme der Förderung von Blei und Zink, vor allem in China und Lateinamerika, steigen. Bei den Metallen tritt Silber als Nebenmetall auf. 2007 könnte der Silberpreis laut Bergtheil zwar noch auf durchschnittlich 12,25 Dollar steigen, 2008 aber bis auf 9,50 Dollar abbröckeln.
Optimisten in den USA setzen dagegen lieber auf die Prognose von Frank McGhee, dem Chef-Metallhändler der Integrated Brokerage Services in Chicago. Zu Beginn des diesjährigen Preisanstiegs sagte er, der Silbermarkt habe etwas von einem Güterzug: „Er kommt nur langsam in Fahrt, aber wenn er sich mal in eine Richtung in Bewegung setzt, lässt er sich nicht einfach stoppen“.
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