Die DDR war vom Anfang bis zum Ende eine Diktatur

SPIEGEL ONLINE: Herr Prof. Winkler, die SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan lehnt den Begriff des Unrechtsstaats für die DDR ab - er ist ihr zu diffus. Teilen Sie ihre Ansicht?

Heinrich August Winkler: Ich glaube, der Begriff Unrechtsstaat lässt sich klar definieren. Ein Unrechtsstaat ist nach meiner Überzeugung gegeben, wenn in einem Land die Menschen- und Bürgerrechte nicht gewährleistet sind, wenn keine Gewaltenteilung, also auch keine unabhängige Justiz existiert - wenn man also sein Recht nicht einklagen kann und auch keine Möglichkeit hat, in freien Wahlen gegen die Regierung zu stimmen. Alle diese Voraussetzungen waren in der DDR nicht gegeben - also würde ich die DDR als Unrechtsstaat bezeichnen. Der Unrechtsstaat beginnt nicht mit der systematischen Menschenvernichtung, er beginnt mit der Vorenthaltung der Menschen- und Bürgerrechte.

ZUR PERSON

DDP

Heinrich August Winkler, wurde 1938 in Königsberg geboren. Der 2007 emeritierte Geschichtswissenschaftler, der zuletzt einen Lehrstuhl für Neueste Geschichte an der Berliner Humboldt- Universität innehatte, gilt als einer der profundesten Kenner der Geschichte der Weimarer Republik. Er ist einer der tonangebenden Historiker der "Berliner Republik". Winkler, Mitglied der SPD und Träger des Bundesverdienstkreuzes, lebt in Berlin und arbeitet derzeit an einem Buchprojekt zur Geschichte des Westens. Der erste Band erscheint im Herbst.

Winkler: Ich widerspreche ihrer Auffassung.