Habe sehr viel Zeit investiert, Bücher gelesen, hier viel gelesen. Mit diesem theoretischen Gerüst habe ich mir dann auch überlegt wohin ich überhaupt will. Man muss sich einen Plan machen und diesen dann entsprechend abarbeiten. Ziele, Zwischenziele, Analysen etc. Ich hatte mir dann das Ziel gesetzt theoretisch vom Trading leben zu können. Wie lange das dauern kann habe ich mangels Erfahrung offen gelassen.
Anschließend mit Demokonto erste Erfahrungen gesammelt. Im August bin ich dann mit realem Geld in die Arena gestiegen. Mein "Anfängerdepot" habe ich nicht sonderlich groß ausgestattet, da absolut klar ist, dass man erst mal verliert. Da ich davon überzeugt bin, dass nur reale Verluste reale Vorgehensweisen erzeugen hatte ich eine zu lange Phase im Demomodus ausgeschlossen.
Anfangs lief es gar nicht so schlecht, die Verluste hielten sich in Grenzen. Dann wurde es aber immer schlechter und mein erstes Depot ist zu 88% vernichtet. Der Weg dahin ist durchaus schmerzhaft.
Man fragt sich wie das passieren kann, da man theoretisch so viel Wissen angehäuft hat, aber es trotzdem nicht so klappt. Da haben mir einige Leute geraten meinen Timeframe zu überprüfen, da ich bis zu diesem Zeitpunkt eher Intraday getradet habe, also im Stunden- sowie 5 Minutenchart unterwegs war.
Zudem musste ich erkennen, dass ständige Verluste die Angst vor Verlusten steigert und dazu führt falsche Entscheidungen zu treffen. Mein größter Fehler war dann selbst Kleinstgewinne mitzunehmen. Das ist ein sehr selbstmörderischer Fehler, da man beim Trading auch auf große Gewinner angewiesen ist. Hat man diese nicht mehr schmilzt das Depot von Monat zu Monat.
Die Wahl des Timeframes hat mit der eigenen psychologischen Konstitution zu tun. Welcher Typ ist man? Intraday muss man sehr flexibel und schnell sein. Ein richtiger Jäger! Wahrscheinlich komme ich eher mit einem längerfristigeren Anlagehorizont klar. Der Vorteil ist, dass man dann nicht mehr vorm Bildschirm sitzt. Es ist irgendwie völlig verrückt, dennoch Realität, dass dieses Chartwatching einen (zumindest mich) immer wieder dazu verleitet in laufende Trades einzugreifen. Dies ist in vielen Fällen zum eigenen Nachteil.
Dazu kommt dass dies eigentlich als weiterer Primärfehler in guten Büchern dargestellt wird. Entweder man hat keinen nachvollziehbaren Handelsansatz entwickelt, oder man hat keine Handelsdisziplin. Beides führt unweigerlich zu Verlusten.
Börse ist kein Spielplatz, wo einem das Geld in die Tasche fällt. Vergleicht man das Börsengeschäft mit anderen Geschäften gibt es in den Entwicklungsstufen sicher wenig Unterschiede. Erst ist man mal der lerner! Lehrzeit in den meisten Berufen drei Jahre. Dann ist man vielleicht so weit, dass man kein Geld mehr verbrennt, Also ein Facharbeiter, der in seinem Business Gewinne erwirtschaften kann. Hat er ein paar Jahre Berufserfahrung kann er, wenn er gut und fleißig ist seinen Meisterbrief machen.
Daraufhin ist eine Selbstständigkeit möglich und vielleicht auch wünschenswert. Berücksichtigt man diese Zeitschiene hat man 5-7 Jahr vor sich, um souverän in der Arena zu stehen, ohne dass einem das Fell über die Ohren gezogen wird.
In diesen ganzen Jahren muss man es dann noch schaffen sein Kapital zu erhalten und letztendlich aufzubauen. Voraussetzung ist natürlich, dass man zwischenzeitlich nicht verzweifelt!
Beim Schreiben wird mir selbst noch mal klar, dass die allermeisten von völlig falschen Grundvoraussetzungen ausgehen. Hier gibt es kein schnelles Geld, schnelle Autos, Urlaub und Frauen. Hier gibt es auf die Fresse, in die Eier und jegliche Form von Selbstzweifeln. Erst wenn man da durch ist wird es besser.
Je realistischer man die Sache angeht, desto größer die Aussicht auf langfristigen Erfolg. Wieviel Kapital man braucht, um von der Börse wirklich leben zu können kann ich dir nicht sagen. Aber aus dem Bauch halte ich jede Summe unter 100.000,- € für unrealistisch.
Lies dir mal "Das Tradercoaching" von Vettner durch. Denke, dass dort sehr gut die Grundzüge einer ordentlichen Systematik beschrieben sind. Moneymanagment bezogen auf die Depotgröße bzw Einzelpositionsrisko etc.
Was mir leider ein wenig abgeht ist das systematische Erfassen meiner Trades. Wenn man irgendwann eine robuste statistische Auswertung seines Tradings hat kann man sicher sehr viel entspannter Traden. D.h. man weiß sehr genau welche Einstiege ein hohes CRV haben, man kennt seine durchschnittlichen Verluste und Gewinne. Dann kann man sich anhand von der vorliegenden Signalhäufigkeit für seine Einstiege eine Performence prognostizieren.
Als letzte kann man sich dann die Frage stellen ob sich so ein Weg lohnt? Der Preis ist die finanzielle Unabhängigkeit, wenn man es schafft. Freiheit gab es noch nie umsonst! Dafür ist sogar viel Blut geflossen! Muss jeder für sich selbst entscheiden.
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