HANDELSBLATT, Mittwoch, 13. September 2006, 06:18 Uhr Aktien unter der Lupe
Premiere-Aktie sucht Halt
FRANKFURT. Als der Bezahlsender im Dezember vergangenen Jahres die Rechte für die Übertragung der Fußball-Bundesliga verlor, war der Schrecken groß. Denn damit war der Kernbereich des Programms weggebrochen und Premiere zum Übernahmekandidaten geworden.
Zwar sorgt diese Übernahmephantasie hin und wieder für kleine Lichtblicke – wie vor einigen Tagen, als das Gerücht die Runde machte, der Axel Springer Verlag wolle Premiere kaufen. Der Blick auf die Kursentwicklung bleibt aber ernüchternd: Seit die Premiere-Aktie vor anderthalb Jahren mit 30,50 Euro erstmals an der Börse notierte, ging es stetig bergab, an ihrem Tiefpunkt rutschte sie im Juli bis auf 7,47 Euro ab, ehe sie sich leicht erholte.
Dabei war die Aktie im März 2005 mit großen Hoffnungen gestartet. Mit einem Emissionsvolumen von knapp 1,2 Mrd. Euro war es der größte Börsengang des Jahres, und das Papier war mehr als zwölffach überzeichnet. Doch mit Ausnahme des ersten Handelstages enttäuschte die Aktie maßlos. Der Verlust der Bundesligarechte an den Konkurrenten Arena führte endgültig zum Absturz. Denn Sportübertragungen sind in Deutschland nach wie vor das wichtigste Zugpferd des Bezahlfernsehens. PREMIERE NA O.N. Chart: PREMIERE NA O.N.
Immerhin verkündete Premiere im Juli, nun doch zumindest in einigen Bundesländern die Liga-Spiele zeigen zu können, woraufhin sich die Aktie auf einen Wert von mehr als zehn Euro erholte. Das stimmt die Anleger etwas optimistischer. Und auch Analysten sind sich einig, dass der derzeitige Kurs nicht den wahren Wert des Unternehmens widerspiegelt. Vor allem durch sein exklusives Programm sei der Sender wichtig für den deutschen Pay-TV-Markt, heißt es.
Gespannt warten die Experten jetzt auf die Geschäftszahlen für das dritte Quartal, die der Sender am 8. November veröffentlicht. Michael Schacht vom Analysehaus Cheuvreux erwartet sich von diesen Aufschluss darüber, wie sich der Bundesliga-Verlust und die neuen Preisstrukturen auf das Geschäft ausgewirkt haben. Einstweilen empfiehlt er die Aktie zum Kauf, mit einem Kursziel von 14 Euro zum Jahresende.
Zuversichtlich ist auch Christoph Schlienkamp vom Bankhaus Lampe, der bei einem Kursziel von 13 Euro ebenfalls zum Kauf rät: „Es wurden wahrscheinlich weniger Premiere-Abos gekündigt als erwartet“, sagt Schlienkamp. Grund seien die attraktiven neuen Preispakete, die das Unternehmen aufgelegt hat. Langfristig jedoch sei es fraglich, wie nachhaltig das Geschäftsmodell des Senders ist – zumal die Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga erst im Jahr 2009 wieder neu vergeben werden.
Eine Übernahme von Premiere ist für Schlienkamp aus diesem Grunde ein realistisches Szenario. Langfristig werde es in Deutschland ohnehin nur einen Pay-TV-Sender geben, erwarten die Experten. Der Wettbewerb zwischen den Bezahlsendern Premiere und Arena sei hart, die Zeiten für das operative Geschäft schwierig.
Sonia Rabussier von Oppenheim Research hält Unity Media, den Mutterkonzern von Arena, daher für einen potenziellen Käufer von Premiere. Um zu überleben, müsse das Unternehmen den Konkurrenten kaufen. Unter dem Strich bewertet sie – wie die Mehrheit ihrer Kollegen – die Aussichten der Premiere-Aktie verhalten positiv: Obwohl sie den fairen Wert des Titels mit 17 Euro beziffert, nennt Rabussier als Kursziel nur zwölf Euro.
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