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Volkswagen: Tarifverhandlungen ohne Ergebnis vertagt
Die Tarifgespräche zwischen Volkswagen und der IG Metall sind ergebnislos vertagt worden. VW-Personalchef Josef Fidelis Senn sprach von einer ernsten Situation und machte den Gewerkschaftsvertretern keine Hoffnungen.
"Wir liegen meilenweit auseinander", sagte IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine am Mittwoch in Hannover. Die Gespräche seien ergebnislos vertagt worden. Am 5. Oktober wollen sich die Verhandlungsführer zur nächsten Verhandlungsrunde treffen.
Volkswagen-Personalchef und Verhandlungsführer Josef Fidelis Senn sagte: "Die Situation ist außerordentlich ernst." Europas größter Autokonzern habe der Gewerkschaft die schwierige Lage des Unternehmens geschildert, die keinerlei Spielraum für Lohnerhöhungen zulasse. "VW steht - wie die gesamte Automobilindustrie - gewaltig unter Druck von den Märkten her", sagte Senn.
Schon vor Beginn der Gespräche sagte Senn, es handle sich nicht um normale Tarifverhandlungen, "denn es geht um etwas mehr als eine normale Verteilungsentscheidung". Es gehe stattdessen um den Erhalt von 176.000 Stellen bei VW in Deutschland. "Das geht nur dann, wenn wir entsprechende Kostensenkungen mit der IG Metall verabreden können."
"Es geht um sehr viel"
Auch Gesamtmetall-Chef Martin Kannegießer rechnet mit harten Tarifverhandlungen. Er sagte dem "Deutschlandradio", es gehe um "sehr viel". VW werde in einer Situation getroffen, in der die zukünftige Marktposition des Unternehmens auf dem Spiel stehe. Dennoch sei er "zuversichtlich, dass man in dieser besonders schwierigen Situation, die das Kernprodukt von VW betrifft, eine vernünftige Lösung finden wird."
IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine sagte vor dem Start: "Ich hoffe, dass der Vorstand von Volkswagen der Verhandlungskommission mit auf den Weg gegeben hat, die Tarifverhandlungen endlich zu deeskalieren und nicht weiter anzuheizen."
Mehr Entgelt und Beschäftigungsgarantie
Die IG Metall verlangt für die rund 103.000 VW-Beschäftigten vier Prozent mehr Lohn und Gehalt sowie eine zehnjährige Arbeitsplatzgarantie. Der Autobauer fordert zwei Nullrunden und weitere Einschnitte wie etwa geringere Zuschläge für Überstunden. Neue Mitarbeiter sollen ferner nicht mehr nach dem für VW teureren Haustarif, sondern nach der produzierten Menge und damit flexibel bezahlt werden.
Bis 2011 will VW-Personalchef Peter Hartz die Arbeitskosten um 30 Prozent senken. Im Gegenzug sagt der Konzern mit Sitz im niedersächsischen Wolfsburg eine Sicherung aller knapp 177.000 Arbeitsplätze der gesamten VW-Gruppe zu. Sei die IG Metall nicht zu weit reichenden Zugeständnissen bereit, könne es zum Abbau von 30.000 Arbeitsplätzen kommen, sagte VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch.
VW verweist auf schlechte Absatzzahlen
Der größte deutsche Autobauer verteidigt seine Zukunftspläne und verweist auf schlechte Zahlen. In Europa sind die Absatzzahlen eingebrochen, in den USA verkauft sich VW nur schleppend. Im Dax zum Glossar... ist die VW-Aktie mit minus 24 Prozent der schlechteste Wert dieses Jahres.
Kurz vor Beginn der Gespräche hatte die Gewerkschaft ihre Muskeln spielen lassen. Die IG Metall werde ihren Forderungen "mit allem Engagement Nachdruck verleihen", sagte IG Metall-Verhandlungsführer Meine der "Welt". "Wir werden Nullrunden nicht mitmachen." Wenn VW den Konflikt suche, sei die IG Metall bereit, ihre Forderungen mit Protestaktionen durchzusetzen. 97 Prozent der VW-Arbeiter seien in der IG Metall organisiert. "Wir verhandeln aus einer Position der Stärke." Der VW-Vorstand solle "Besonnenheit, Augenmaß und Realitätssinn" bewahren, sagte Meine.
Mitarbeiter verunsichert
Gegenwind bläst Meine und seinen Mitstreitern auch von Expertenseite entgegen. Die Vier-Prozent-Forderung der Gewerkschaft sei "völlig überzogen", sagte der Chef der Wirtschaftsweisen, Professor Wolfgang Wiegard , der "Bild"-Zeitung. Wiegard forderte die IG Metall auch auf, von ihrer Maximalforderung einer zehnjährigen Arbeitsplatzgarantie abzurücken: "Lohnmäßigung kombiniert mit einer Arbeitsplatzgarantie für zum Beispiel zwei Jahre lautet das Gebot der Stunde."
Während die IG Metall schon von einem "heißen Herbst" spricht, sind die VW-Mitarbeiter stark verunsichert. Sie fürchten um ihre Arbeitsplätze. "Für einen sicheren Arbeitsplatz in den nächsten Jahren würde ich mich auch auf eine Nullrunde einlassen", sagte ein VW-Mitarbeiter.
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